Petitionen zu Tierversuchen und zur Vermögensteuer beraten
Tierversuche an Affen sollte es zukünftig aus Sicht von Melanie Seiler, Geschäftsführerin Öffentlichkeitsarbeit des Vereins Ärzte gegen Tierversuche, nicht mehr geben. „Wir fordern von der Bundesregierung konkrete Schritte, um Versuche an nicht-menschlichen Primaten zu beenden“, sagte Seiler am Montag, 1. Dezember 2025, während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses, bei der eine von ihr initiierte Petition beraten wurde. Darin wird auch ein ausnahmeloses Verbot von Versuchen an Menschenaffen und eine jährliche Erhöhung der Förderung tierversuchsfreier Forschungsmethoden „um mindestens zehn Prozent“ verlangt.
„Obwohl Affen unsere nächsten Verwandten sind und die Art, wie sie Gefühle empfinden, der unseren sehr ähnlich ist, müssen Tausende von ihnen jährlich als Versuchsobjekte herhalten“, heißt es in der Eingabe, die mehr als 40.000-mal innerhalb von sechs Wochen im Petitionsportal des Bundestages mitgezeichnet wurde. In den meisten Fällen würden sie anschließend getötet. Dabei ließen sich Ergebnisse aus Versuchen an Affen nicht prospektiv auf den Menschen übertragen, schreibt Seiler. Die Verwendung von Affen sei beispielsweise für die Entwicklung marktfähiger Impfstoffe gegen menschliche Krankheiten nicht entscheidend.
„Tierversuchsfreie Forschung ist die Zukunft“
Mehr als 90 Prozent aller in Tierversuchen als sicher und wirksam eingeschätzten Medikamente scheiterten bei Menschen, „was vor allem auf die fehlende Übertragbarkeit der Daten zurückzuführen ist“, sagte die Petentin während der Sitzung. Weniger als ein Prozent der Ergebnisse aus der tierexperimentellen Grundlagenforschung erreichten eine klinische Anwendung. „Moderne tierversuchsfreie Verfahren können hingegen präzise humanrelevante Ergebnisse bringen – und zwar schneller und kostengünstiger“, betonte sie.
Die Gefahr eines ethischen Dumpings, also der Abwanderung von Spitzenforschung in andere Länder mit niedrigeren Standards, müsse diskutiert werden, räumte die die Petentin begleitende Biotechnologin Sabrina Engel von der Tierschutzorganisation PETA ein. „Wir müssen aber auch bedenken, das wir unsere Spitzenforschung auch verlieren können, wenn wir bei den Innovationen nicht hinterherkommen“, fügte sie hinzu. Im Ausland würden viele Gelder in tierversuchsfreie Forschung investiert. „Tierversuchsfreie Forschung ist die Zukunft“, sagte sie. Die Frage sei, ob diese Zukunft mit oder ohne Deutschland passiere.
Erforschung von Alternativmethoden
Sowohl Silvia Breher (CDU), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat, als auch Matthias Hauer (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium Forschung, Technologie und Raumfahrt, machten deutlich, dass die Bundesregierung auf verschiedenen Ebenen daran arbeite, die Anzahl der Tierversuche zu reduzieren. Beide Ministerien unterstützten finanziell die Strategien zu Alternativmethoden, sagte Breher.
Auf die Frage, wie die Bundesregierung mit der noch innerhalb der Ampelregierung angestoßenen Entwicklung einer nationalen Reduktionsstrategie umgeht, sagte Breher, das Thema werde „eingespielt und eingepreist in die EU-Strategie zur Reduktion, damit die Inhalte, die wir erarbeitet haben, eben nicht hier bleiben“. Schließlich würden die Regeln auf EU-Ebene gesetzt, sagte die Staatssekretärin.
Das deutsche Engagement auf europäischer Ebene zur Erforschung von Alternativmethoden sei erfolgreich, befand Forschungs-Staatssekretär Hauer. In den letzten 17 Jahren seien auf europäischer Ebene 273 Millionen Euro in entsprechende Förderprogramme geflossen. Daran trage auch Deutschland seinen Anteil.
„Rückfalloption als letztes Mittel“
Ein gesetzliches Verbot von Versuchen an Menschenaffen lehnten Breher und Hauer ab. Es habe in Deutschland seit 34 Jahren keine Versuche an Menschenaffen mehr gegeben, sagte Breher. Es brauche aber „Rückfalloptionen“. Hauer führte als Beispiel Hepatitis C an. Hier könnten, „neben den Menschen, nur Schimpansen infiziert werden“. Ohne Forschungen an ihnen seien Therapien nicht entwickelbar gewesen. Eine Rückfalloption müsse daher „als letztes Mittel“ erhalten bleiben, sagte Hauer.
Mit Blick auf Alternativmethoden sagte der Staatssekretär, damit könne gezeigt werden, wie ein Medikament auf einzelne Zellen wirke, nicht aber, wie es auf andere Zelltypen reagiert und ob Abbauprodukte entstehen, die Organe schädigen. Daher blieben Tierversuche zur Erforschung komplexer lebensbedrohender Krankheiten wie Krebs, HIV, Diabetes, Malaria und Alzheimer „bislang unverzichtbar“.
Petentin fordert patientenspezifisches Arbeiten
Die Petentin hielt dem entgegen, dass unter anderem mit KI, Miniorganen und „Minibrains“ bei Krankheiten wie etwa Alzheimer oder Demenz „patientenspezifisch Veränderungen dargestellt werden konnten“.
Seiler weiter: „Wenn wir Patienten wirklich helfen wollen, wenn wir zu einer gendergerechten Medizin kommen wollen, müssen wir patientenspezifisch arbeiten können.“ Das gehe aber nicht mit Tieren. Patientenspezifisches Arbeiten sei möglich, müsse aber in die Anwendung gebracht werden, forderte sie. Das erfordere entsprechende Fördersummen.
Petition zur Aktivierung der Vermögensteuer
Darüber hinaus beschäftigte sich der Petitionsausschuss während seiner öffentlichen Sitzung mit der Forderung nach einer Aktivierung der Vermögensteuer auf alle Vermögensarten. Grundlage dafür war eine Petition von Julia Elwing vom Koordinierungskreis der Organisation Attac Deutschland, die von mehr als 68.000 Personen unterstützt wurde. Die Petentin spricht sich dafür aus, Vermögen über einem Freibetrag von einer Million Euro progressiv zu besteuern.
Der Eingangssteuersatz solle ein Prozent betragen und schrittweise ansteigen: bei über fünf Millionen Euro auf zwei Prozent, bei über zehn Millionen Euro auf fünf Prozent, bei über 20 Millionen Euro auf zehn Prozent, bei über 200 Millionen Euro auf 15 Prozent und ab einer Milliarde Euro auf 20 Prozent. Damit würde aus ihrer Sicht der weitere Anstieg von „Überreichtum“ gestoppt. Zugleich würden riesige Vermögen schrittweise abgeschmolzen und Gelder für die Finanzierung öffentlicher Ausgaben für Infrastruktur, sozialen Ausgleich und Klimaschutz zur Verfügung stehen. „Durch den Freibetrag von einer Million Euro pro Person sind über 99 Prozent der Menschen in Deutschland nicht von der Vermögensteuer betroffen“, heißt es in der Eingabe.
Vermögensungleichheit in Deutschland
Deutschland gehöre zu den Ländern mit der größten Vermögensungleichheit in Europa, sagte Elwing vor den Abgeordneten. „Das reichste Prozent besitzt ungefähr ein Drittel des Gesamtvermögens, die ärmere Hälfte gerade einmal zwei Prozent“, so die Petentin. Ein sehr großer Teil der sehr großen Vermögen entstünde nicht durch Arbeit, sondern durch Erbschaften, Beteiligungen und Kapitaleinkünfte. Arbeit werde aber hoch besteuert und trage durch Abgaben das Sozialsystem. Eine „Mittelschichtsfamilie“ kommt laut der Petentin auf eine Abgabenquote von etwa 45 Prozent. „Die Einkünfte Überreicher, die großenteils aus Firmenbeteiligungen und Aktien stammen, werden dagegen oft nur mit 25 Prozent besteuert“, sagte Elwing.
Gleichzeitig nutzten Überreiche die Infrastruktur, „die ihnen von der Gesamtgesellschaft zur Verfügung gestellt wird“. Sie griffen zudem auf ein Gesundheitssystem zurück, das von der Gesamtgesellschaft finanziert werde. „Sie nutzen das alles, ohne einen angemessenen Beitrag zu leisten“, befand die Petentin und konstatierte eine „gigantische Gerechtigkeitslücke, die von den Menschen nicht verstanden und nicht gewollt wird“. Die große Vermögensungleichheit sei nicht nur ungerecht. Sie schwäche auch den gesellschaftlichen Zusammenhalt, da eine extreme Vermögenskonzentration zu ungleichen politischen Einflussmöglichkeiten führe, sagte Elwing.
Die die Petentin begleitende Soziologin Silke Ötsch verwies auf anstehende Zukunftsaufgaben. „Wir brauchen Klimainvestitionen in Milliardenhöhe“, sagte sie. Schiebe man diese Investitionen auf, würden die Kosten steigen. „Wir müssen also jetzt investieren.“ Der Plan, dass privates Kapital die Transformation finanziert, sei nicht aufgegangen, so Ötsch. Der Großteil komme aus öffentlichen Mitteln. Zudem müsse die Transformation auch sozial abgefedert werden. „Das erfordert viele Gelder“, sagte sie.
Petentin weist Einwände zurück
Den Einwand, eine Vermögensteuer schade der Wirtschaft, wies die Petentin zurück. Es gebe zahlreiche Untersuchungen, die zeigten, „dass es gerade nicht so ist“. Vielmehr hemmten eine unfaire Verteilung von Vermögen und die sich daraus ergebende hohe Ungleichheit Innovationsprozesse und schadeten der Wirtschaft.
Auch ein „Weggang der Reichen“ ist aus ihrer Sicht nicht zu befürchten. Mit der Wegzugsbesteuerung gebe es in Deutschland ein sehr effektives Mittel, um Wegzug zu verhindern. Studien zeigten zudem, dass sehr reiche Menschen „im Normalfall auch hierbleiben, egal wie die Steuern sind“.
Eine Überforderung kleiner und mittelständischer Unternehmen vermochte Elwing ebenfalls nicht zu erkennen. Bis 1995 habe es schon einmal eine Vermögensteuer gegeben, sagte sie. „Da gab es nicht die große Welle der Betriebsschließungen.“ Mit Stundungen könne man da etwas machen, so Elwing.
„Keine Erwähnung im Koalitionsvertrag“
Für die Bundesregierung ist die Aktivierung der Vermögensteuer aktuell kein Thema, machte der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, Michael Schrodi (SPD), deutlich. „Es gibt keine Erwähnung der Vermögensteuer im Koalitionsvertrag“, sagte er. Es ergebe sich insofern kein Auftrag an die Bundesregierung, dazu tätig zu werden. (hau/04.12.2025)