Parlament

Robert Pferdmenges sieht den Frieden in Gefahr

Ein Mann steht am Präsidentenplatz im Bonner Plenarsaal.

1961: Robert Pferdmenges eröffnet als Alterspräsident die konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestages. (Presse- und Informationsamt der Bundesregierung/ Rolf Unterberg)

Das Amt des Alterspräsidenten ist parlamentarische Tradition und Teil der Geschäftsordnung des Bundestages. Ein Amt von hoher Würde, aber nur von kurzer Dauer. Es hat sich nach traditioneller Praxis mit der Wahl des neuen Bundestagspräsidenten erschöpft. Obwohl er nicht in sein Amt gewählt wird, sondern in seiner Eigenschaft als ältester Abgeordneter zu dieser Ehre kommt, ist es anerkannte Tradition, dass der Alterspräsident die erste Rede vor dem Plenum hält. Bisher haben alle Alterspräsidenten der Bundesrepublik von dieser Tradition Gebrauch gemacht und dabei eigene Akzente gesetzt.

„Die ganze Menschheit bangt um die Zukunft“

1961: Im Jahr des Mauerbaus eröffnet Robert Pferdmenges (1880-1962) als Alterspräsident die erste Sitzung des vierten Deutschen Bundestages. Schon zum dritten Mal in Folge fällt das Amt dem zweitältesten Mitglied des Parlaments zu. Wie in den Wahlperioden zuvor verzichtet Konrad Adenauer als amtierender Bundeskanzler auf dieses Privileg.

Besorgt von den politischen Ereignissen, eröffnet Pferdmenges seine Ansprache am 17. Oktober mit den Worten:  „In tiefernster Zeit tritt der neue Bundestag zusammen … die ganze Menschheit bangt um die Zukunft. Die Weltmächte sind hoch aufgerüstet, nuklear bewaffnet; der Grat, auf dem wir zwischen Krieg und Frieden wandeln, ist schmal.“ 

„Untat Mauerbau“

Eine Untat, wie er den Mauerbau nennt, könne die gesittete Welt nicht einfach hinnehmen, stellt er besorgt fest und appelliert an die Bündnispartner: „Wir sind bereit, über alles zu verhandeln und jede nur erdenkliche Garantie zu geben, aber unsere Freiheit und unsere Sicherheit, sie müssen unangetastet bleiben.“

Die Mitglieder des Bundestages ruft der Alterspräsident dazu auf, sich nach erfolgreichen zwölf Jahren mit „frischen Kräften – mit reinem Wollen“ den neuen, schweren, ungelösten Aufgaben zu widmen.

Die erste Rede im Plenum

Für den 81-Jährigen ist es die erste Rede im Plenum des Bundestages. Dabei verfügt der CDU-Abgeordnete bereits seit dem ersten Deutschen Bundestag über einen Parlamentssitz und ist in dieser Zeit engagiertes Mitglied im „Wirtschaftstechnischen Ausschuss für Angelegenheiten des Schuman-Planes“ sowie in den Bundestagsausschüssen für Finanz- und Steuerfragen, für Geld und Kredit und für den Lastenausgleich.  

Als enger wirtschafts- und finanzpolitischer Berater des Bundeskanzlers Konrad Adenauer nimmt er häufig an den Sitzungen des Kabinetts teil, was ihm den Beinahmen der „Grauen Eminenz“ einbringt. Pferdmenges ist maßgeblich an der Verflechtung der deutschen und französischen Stahlindustrie zur Montanunion und an der Erarbeitung der Mitbestimmungsgesetze von 1951, 1952 und 1953 beteiligt.

Erfolgreiche Karriere als Bankier

Über Pateigrenzen hinweg wird er aufgrund seines Sachverstandes und seines Verhandlungsgeschicks geschätzt. Dafür kann der Wirtschafts- und Finanzfachmann auf eine lange Lebenserfahrung und eine erfolgreiche Karriere als Bankier zurückgreifen.  

Seine berufliche Laufbahn beginnt er 1902 bei der Disconto-Gesellschaft, der damals zweitgrößten Bank Deutschlands. Unter seiner Mitwirkung schließen sich 1929 in der bisher größten Bankenfusion der deutschen Geschichte die Disconto-Gesellschaft und die Deutsche Bank zusammen. 1931 wird er Teilhaber des renommierten Kölner Privatbankhauses Sal. Oppenheim jr. & Cie. Es gelingt ihm, das jüdische Bankhaus erfolgreich durch die Nazizeit zu führen.

Von der Gestapo inhaftiert

Den Nationalsozialismus lehnt der international erfahrene Bankier stets ab. 1944 wird Pferdmenges nach dem gescheiterten Hitlerattentat von der Gestapo inhaftiert und erhält Berufsverbot. Nach Intervention seiner Familie wird er entlassen und auf seinem Gut in der Mark Brandenburg unter Hausarrest gestellt.

Nach dem Krieg kehrt er nach Köln zurück und setzt sich als Bankier vor allem für den Wiederaufbau der rheinisch-westfälischen Industrie ein. Parallel engagiert er sich in der Parteipolitik und ist Mitgründer der rheinischen CDU, die er zusammen mit Konrad Adenauer, mit dem er eng befreundet ist, entscheidend mitgestaltet.

Robert Pferdmenges stirbt am 28. September 1962 im Alter von 82 Jahren. (klz/09.10.2017)

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