Parlament

Heinz Riesenhuber fordert eine offene Debattenkultur

Das Amt des Alterspräsidenten ist parlamentarische Tradition und Teil der Geschäftsordnung des Bundestages. Ein Amt von hoher Würde, aber nur von kurzer Dauer. Es hat sich nach traditioneller Praxis mit der Wahl des neuen Bundestagspräsidenten erschöpft. Obwohl er nicht in sein Amt gewählt wird, sondern in seiner Eigenschaft als ältester Abgeordneter zu dieser Ehre kommt, ist es anerkannte Tradition, dass der Alterspräsident die erste Rede vor dem Plenum hält. Bisher haben alle Alterspräsidenten der Bundesrepublik von dieser Tradition Gebrauch gemacht und dabei eigene Akzente gesetzt.

Der Mann mit der Fliege

Im Oktober 2009 und 2013 eröffnet Prof. Dr. Heinz Riesenhuber (CDU/CSU) die 17. und 18. konstituierende Sitzung des Deutschen Bundestages. Der zwölfte Alterspräsident des Parlaments findet seine Aufgabe anfangs ungewohnt – schließlich war er in seiner Anfangszeit als Minister unter Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) lange Zeit der Jüngste. Dabei kann der allen als “Mann mit der Fliege„ bekannte CDU-Abgeordnete auf mehr als drei Jahrzehnte Parlamentserfahrung zurückgreifen.

1976 wird der promovierte Chemiker und studierte Volkswirt zum ersten Mal in den Deutschen Bundestag gewählt. Vier Jahre später wird er energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Eigentlich wollte der CDU-Politiker spätestens nach weiteren vier Jahren zurück in die Wirtschaft. Doch 1982 beruft ihn der gerade zum Bundeskanzler gewählte Helmut Kohl als Bundesminister für Forschung und Technologie in sein Kabinett. Zehn Jahre bleibt er in diesem Amt.

Präsident der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft

In dieser Zeit entwickelt sich auch die Fliege zu seinem Markenzeichen. In der ersten Regierung Kohl sitzt der damals 46-Jährige als jüngster Minister am Kabinettstisch. Im Rahmen der Kabinettsumbildung scheidet der Hesse 1993 aus der Regierung Kohls aus, um im Kabinett den regionalen Proporz innerhalb der Union zu wahren.

Riesenhuber bleibt im Parlament und engagiert sich weiterhin in den Bereichen Wissenschaft, Politik und Wirtschaft. Der Wirtschaftsfachmann ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Ein Präsidentenamt übt Riesenhuber bereits aus. Seit 2006 leitet er die Deutsche Parlamentarische Gesellschaft, eine überparteiliche Vereinigung von Bundestags-, Landtags- und Europaabgeordneten.

Plädoyer für eine offene Debattenkultur

In seiner Eröffnungsrede am 27. Oktober 2009 spricht der erfahrende Politiker über die Richtlinien der Politik und aktuelle politische Themen. Riesenhuber erinnert an den gemeinsamen Auftrag der Abgeordneten, “den Nutzen des deutschen Volkes zu mehren, Schaden von ihm zu wenden und nach unserem Gewissen zu entscheiden„. Um dies zu erreichen, fordert er von den Abgeordneten eine offene Debattenkultur. Zur Arbeit im Parlament gehöre die Achtung vor jedem Kollegen und seiner Meinung, die Fähigkeit, Kompromisse zu prüfen, Entscheidungen zu treffen und diese voranzutreiben, fügt er hinzu.  

Der Wirtschaftsfachmann warnt vor einer Wiederholung der Finanzkrise und fordert neue Rahmenbedingungen zu setzen, “sodass uns eine solche Krise nicht mehr passiert„. Bei den Debatten über Bankenaufsicht, Eigenkapitalunterlegung, Managergehälter oder eine europäische Ratingagentur müsse der Blick weit über Deutschland und Europa hinausgehen.

2013 – komplexe Herausforderungen

Fast genau vier Jahre später, am 22. Oktober 2013, eröffnet Riesenhuber erneut die konstituierende Sitzung. Mit 77 Jahren ist der CDU-Abgeordnete nun der älteste Teilnehmer des 18. Deutschen Bundestages, direkt gewählt im Main-Taunus-Wahlkreis. Er begrüßt jedoch nicht nur das neue Parlament, sondern dankt auch den ausgeschiedenen FDP-Abgeordneten, die dem neuen Bundestag nicht mehr angehören, für ihre Arbeit.

Deutschland befinde sich in einer “unübersichtlichen Zeit„, aber auch stark in der Gemeinschaft Europas – für diesen Zusammenhalt gebe es jedoch keinen Masterplan. Der Wirtschaftsexperte weist zudem auf die Bedeutung des demografischen Wandels und die “einzigartige Chance« des Energiewandels hin. Die neue Legislaturperiode solle mit „Tatkraft und Zuversicht“ beginnen und Deutschland zu einem guten Ort zum Leben und Arbeiten machen.

Verständigung über Parteigrenzen hinweg

Heinz Riesenhuber blickt als Alterspräsident auf acht ereignisreiche Jahre zurück, in denen er in Zeiten von Finanz- und Europakrise immer wieder auf die großen Zusammenhänge verwiesen hat.

Bis zu seinem Ausscheiden aus dem Bundestag 2017 bleiben wirtschaftspolitische Themen wie die soziale Marktwirtschaft und stetige Innovation Teil seiner Arbeit. Dabei unterstreicht er die Verständigung über Parteigrenzen hinweg und die Notwenigkeit, Deutschland für die Zukunft weiterzuentwickeln. (klz/lau/09.10.2017)

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