Parlament

Vorstand, Satzung, Programm: Bundeswahl­ausschuss klärt Fragen

Bundeswahlleiter Dr. Georg Thiel

Bundeswahlleiter Georg Thiel ist Vorsitzender des Bundeswahlausschusses (Der Bundeswahlleiter)

Die Covid-19-Pandemie macht es für Parteien, die zur Bundestagswahl 2021 antreten wollen, nicht leichter, die gesetzlichen Verpflichtungen zu erfüllen, um zur Wahl zugelassen zu werden. In seiner ersten öffentlichen Sitzung als Videokonferenz musste sich der gerade konstituierte Bundeswahlausschuss am Donnerstag, 8. April 2021, mit zwei Problemen beschäftigen, die im konkreten Fall die Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD) betrafen, aber auch grundsätzliche Bedeutung vor allem für sogenannte nicht etablierte Parteien haben können, Parteien also, die weder im Bundestag noch in einem Landtag vertreten sind.

Pandemiebedingte Amtszeitverlängerung

Die MLPD hatte bei Bundeswahlleiter Dr. Georg Thiel, dem Vorsitzenden des Bundeswahlausschusses, bereits im November 2020 ihre Beteiligung an der Bundestagswahl 2021 angezeigt und dazu ihre Satzung vom Herbst 2016 und eine eidesstattliche Versicherung über die damalige Vorstandswahl eingereicht. Thiel hatte die MLPD darauf aufmerksam gemacht, dass die Vorstandsmitglieder, die die Beteiligung an der Wahl bei ihm anzeigen, handlungsfähig sein müssten, damit die Anzeige gültig ist. Daran fehle es, wenn eine Vereinigung ihren Vorstand nicht, wie im Parteiengesetz vorgeschrieben, in jedem zweiten Kalenderjahr wählt.

Der Bundestag hatte am 25. März 2020 das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (19/18110, 19/18129, 19/18158) beschlossen. Dessen Artikel 2 beinhaltet das Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie.

Nach diesem Gesetz bleiben Vorstandsmitglieder von Parteien auch nach Ablauf ihrer Amtszeit bis zu ihrer Abberufung oder bis zur Bestellung eines Nachfolgers im Amt. Allerdings gilt diese Vorschrift nur für Parteivorstände, deren Amtszeit in den Jahren 2020 und 2021 abläuft, wie der Bundeswahlleiter in der Sitzung deutlich machte. Die pandemiebedingte Amtszeitverlängerung endet spätestens am 31. Dezember 2021.

Vorstand bleibt bis längstens Ende 2021 im Amt

Die MLPD hätte nun nach ihrer Satzung von 2016, die abweichend vom Parteiengesetz eine Vorstandswahl nur alle vier Jahre vorsieht, ihren Vorstand regulär im vergangenen Jahr wählen müssen. Wäre er gewählt worden, wäre die Einreichung der Beteiligungsanzeige legitimiert gewesen. Nach Ansicht des Bundeswahlausschusses wäre die Anwendung dieser pandemiebedingten Ausnahmeregelung keine grundsätzliche Entscheidung darüber, ob und inwieweit Vorstandsmitglieder auch nach Ablauf von zwei Kalenderjahren im Amt bleiben.

Der Bundeswahlausschuss stellte in der Sitzung einstimmig fest, dass die Vorstandsmitglieder der MLPD in den Jahren 2020 und 2021 bis zu ihrer Abberufung oder bis zur Bestellung eines Nachfolgers im Amt bleiben, wie im Gesetz vorgesehen längstens bis Ende 2021.

Aktuelle schriftliche Satzung und aktuelles schriftliches Programm

Der Bundeswahlleiter hatte der MLPD im November 2020 auch mitgeteilt, dass der Beteiligungsanzeige eine aktuelle schriftliche Satzung und ein aktuelles schriftliches Programm beigefügt werden müssen. Des Weiteren müssten Nachweise über den Beschluss von Satzung und Programm, beispielsweise jeweils persönlich und handschriftlich unterzeichnete Protokolle über die entsprechenden Parteitagsbeschlüsse, eingereicht werden.

Die MLPD berichtete, dass zuletzt der Parteitag im Herbst 2016 sowohl eine überarbeitete Satzung auch ein überarbeitetes Programm beschlossen habe. Der Bundeswahlausschuss war einstimmig der Auffassung, dass diese ergänzende Erklärung in Verbindung mit bereits eingereichten Unterlagen einen „geeigneten Nachweis über den Beschluss der aktuellen Satzung und des aktuellen Programms“ darstellt.

Der Bundeswahlausschuss

Eine wesentliche Aufgabe des elfköpfigen Bundeswahlausschusses besteht darin, festzustellen, welche Vereinigungen, die sich am 26. September der Wahl in den Deutschen Bundestag stellen wollen und die nicht zu den „etablierten Parteien“ zählen, dafür zugelassen werden. Die Entscheidung darüber wird in der zweiten von vier öffentlichen Sitzungen am 8. und 9. Juli getroffen.

Der Bundeswahlausschuss besteht aus dem Bundeswahlleiter als Vorsitzendem sowie acht von ihm berufenen Wahlberechtigten als Beisitzern oder Beisitzerinnen und zwei Richtern oder Richterinnen des Bundesverwaltungsgerichts, für die jeweils ein Stellvertreter oder eine Stellvertreterin vorgesehen ist. Die Beisitzer und Beisitzerinnen werden auf Vorschlag der Parteien vom Bundeswahlleiter berufen. (vom/28.04.2021)

Marginalspalte