Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts
Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Drucksache 18/6665 und 18/12989)
Gesetzentwurf des Bundesrates Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Drucksache 18/6665 und 18/12989)
Die Ehe steht in Deutschland zukünftig auch homosexuellen Paaren offen. Der Bundestag verabschiedete am Freitag, 30. Juni 2017, den unveränderten Gesetzentwurf des Bundesrates „zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ (18/6665, 18/12989) in namentlicher Abstimmung. Nach einer mitunter sehr emotionalen Debatte stimmten 393 Abgeordnete für die Gesetzesvorlage, 226 votierten mit Nein und vier enthielten sich der Stimme. Die Parlamentarier der SPD, der Linken und von Bündnis 90/Die Grünen stimmten geschlossen für die sogenannte „Ehe für alle“. Während die Mehrheit der CDU/CSU-Fraktion den Gesetzentwurf ablehnte, stimmte etwa ein Viertel der Unionsabgeordneten dafür. Die Fraktionsführungen hatten die Abstimmung freigegeben, das heißt sie erwarteten von ihren Abgeordneten nicht, gemäß der Fraktionslinie abzustimmen.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder betonte mit Blick auf die unterschiedlichen Standpunkte in seiner Fraktion, dass er beide Positionen respektiere. „Für mich aber ist die Ehe eine Verbindung von Mann und Frau“, stellte er klar. Deshalb werde er der Gesetzesvorlage nicht zustimmen. Es gehe in der Debatte über die Öffnung der Ehe für Homosexuelle aber nicht darum, „ob wir Menschen diskriminieren oder nicht“.
Gerda Hasselfeldt, Vorsitzende der CSU-Landesgruppe, bezweifelte ebenso wie Volker Kauder, dass die Öffnung der Ehe mit dem Grundgesetz im Einklang stehe. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes. Auch das Bundesjustizministerium habe unter der Leitung von Minister Heiko Maas (SPD) noch vor zwei Jahren darauf hingewiesen, dass die Öffnung der Ehe eine Grundgesetzänderung erfordere. Hasselfeldt betonte, dass die Eingetragene Lebenspartnerschaft zur Ehe gleichwertig sei, aber nicht identisch. Aus der Ehe gingen meist Kinder hervor, sie sichere somit auch den Fortbestand der Gesellschaft.
Dieser Ansicht widersprach der Grünen-Abgeordnete Volker Beck. Alles andere als die Gleichberechtigung der Schwulen und Lesben auch bei der Ehe „ist Diskriminierung“. Mit dem Ja des Bundetages zur „Ehe für alle“ ende die Phase der Toleranz gegenüber Homosexuellen, jetzt beginne die „Epoche der Akzeptanz“.
Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, dankte Beck ausdrücklich für dessen jahrelanges Engagement für die Öffnung der Ehe. „Das ist Dein Erfolg.“
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann argumentierte, dass die Bedeutung der Ehe durch die Öffnung für Homosexuelle nicht geschmälert, sondern gestärkt werde. „Vielen wird etwas gegeben, niemandem aber etwas genommen“, sagte Oppermann.
Seine Fraktionskollegin Dr. Eva Högl verwies darauf, dass laut einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes 82 Prozent der Deutschen für die „Ehe für alle“ seien. Dies könne der Gesetzgeber nicht ignorieren, sondern müsse dem mit der Öffnung der Ehe Rechnung tragen. Ihre Fraktion habe sich in der gesamten Legislaturperiode für eine Abstimmung unter Aufhebung des Fraktionszwangs eingesetzt.
Dr. Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Linksfraktion, bezeichnete die Abstimmung im Bundestag als „historisch“. Die Öffnung der Ehe sei auch ein Erfolg des langjährigen Kampfes vieler Aktivisten außerhalb des Parlaments. Allerdings sei der Kampf um die gesellschaftliche Akzeptanz von Homosexuellen noch nicht beendet.
Bartsch hielt der SPD entgegen, dass sie eine Abstimmung im Bundestag schon früher habe durchsetzen können. Die Linksfraktion habe bereits zum Auftakt der Legislatur einen Gesetzentwurf zur Öffnung der Ehe (18/8) vorgelegt.
Der Bundestag hatte zuvor die aktuelle Tagesordnung mit der Mehrheit von SPD, Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen um diesen Tagesordnungspunkt erweitert. Die Gesetzentwürfe der Fraktion Die Linke zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (18/8) und den Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Abschaffung des Eheverbots gleichgeschlechtlicher Paare (18/5098) wurden für erledigt erklärt.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch heißt es künftig: „Die Ehe wird von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen.“ Mit der Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare ist die Neueintragung der Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich. Die schon eingetragenen Lebenspartnerschaften können hingegen bestehen bleiben oder in eine Ehe umgewandelt werden.
In ihrer dem Bundestagspräsidenten zugesandten Stellungnahme geht die Bundesregierung nicht inhaltlich auf den Gesetzentwurf des Bundesrates ein. Sie verweist lediglich auf die bisher vorgenommenen Schritte zur Angleichung des Rechts für eingetragene Partnerschaften auf das Recht von Eheleuten und bekennt sich zum Ziel, „bestehende Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften und von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität in allen gesellschaftlichen Bereichen zu beenden“. Die Stellungnahme schließt mit der Feststellung, die Bundesregierung werde „die weitere rechtspolitische Diskussion aufmerksam verfolgen“.
Die Linke wollte die derzeitige „eingetragene Lebenspartnerschaft“ durch die Möglichkeit zur Eheschließung ersetzen. Die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften sollten bei dieser gesetzlichen Neuregelung jedoch unberührt bleiben. Nach Ansicht der Linksfraktion stellt es eine „konkrete und symbolische Diskriminierung“ von gleichgeschlechtlichen Paaren dar, dass sie bis heute nicht heiraten können und im Steuerrecht und im Adoptionsrecht gegenüber Ehepaaren benachteiligt sind.
Die Linke verwies in ihrer Gesetzesbegründung auf das gewandelte gesellschaftliche Verständnis von Ehe und Familie. In der Bevölkerung werde heute nicht mehr zwischen Ehe und Lebenspartnerschaft unterschieden. „Die Bevölkerung geht zudem wie selbstverständlich davon aus, dass Ehegatten und Lebenspartner dieselben Pflichten und Rechte haben.“ Diesem gewandelten Verständnis habe auch das Bundesverfassungsgericht in mehreren Urteilen Rechnung getragen.
Die Grünen wollten im Bürgerlichen Gesetzbuch festschreiben, dass eine Ehe von „zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit“ geschlossen wird. Paare, die in eingetragenen Lebenspartnerschaften leben, sollten zudem die Möglichkeit bekommen, diese in eine Ehe umzuwandeln.
Die Grünen verwiesen in ihrer Begründung unter anderem auf das Referendum in Irland, das dort zur Einführung der Ehe für alle geführt hatte. Gesellschaft und Eheverständnis hätten sich gewandelt, sodass es „keine haltbaren Gründe, homo- und heterosexuelle Paare unterschiedlich zu behandeln und am Ehehindernis der Gleichgeschlechtlichkeit festzuhalten“, mehr gebe, heißt in dem Gesetzentwurf.
Im federführenden Rechtsausschuss hatten die Koalitionsfraktionen CDU/CSU und SPD am Mittwoch, 28. Juni, geschlossen gegeneinander gestimmt. Während die Sozialdemokraten zusammen mit Linksfraktion und Grünen dem Gesetzentwurf zustimmten, votierten alle Vertreter der Union dagegen. In der vorangegangenen Debatte hatten sich Redner von CDU und CSU unterschiedlich zu den Inhalten des Gesetzentwurfs und ihrer rechtlichen Bewertung geäußert.
Zur Begründung ihrer geschlossenen Ablehnung einer Beschlussempfehlung des Ausschusses sagten sie, sie wollten damit dokumentieren, dass es sich bei dem Vorgehen des Koalitionspartners um einen Vertrauensbruch handele. Das Vorpreschen der SPD-Fraktion widerspreche dem Koalitionsvertrag. Linke und Grüne zogen nach ihrer Zustimmung zum Gesetzentwurf des Bundesrates ihre eigenen Gesetzentwürfe (18/8, 18/5098) zurück. (aw/pst/vom/30.06.2017)