Der Bundestag hat am Freitag, 17. November 2023, einen Gesetzentwurf der Bundesregierung (20/8095) zur Erhöhung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit beschlossen. In namentlicher Abstimmung haben 358 Abgeordnete dafür und 144 dagegen gestimmt. Dies gilt somit auch für die Fachgerichtsbarkeiten (Verwaltungsgerichtsbarkeit, Finanzgerichtsbarkeit, Arbeitsgerichtsbarkeit, Sozialgerichtsbarkeit).
Der Rechtsausschuss hatte im parlamentarischen Verfahren noch Änderungen an der Ursprungsfassung vorgenommen und eine Beschlussempfehlung (20/9354) vorgelegt. Demnach wurde eine Entschließung angenommen, wonach Bürgerinnen und Bürger, Anwaltschaft und Unternehmen zukünftig bundesweit an Videoverhandlungen der deutschen Justiz mit einem einheitlichen Zugang teilnehmen können sollen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Um das Potential, das die heute verfügbare Technik für eine bürgerfreundliche und flexible Verfahrensgestaltung biete, noch besser zu nutzen, soll mit dem Gesetz auch über die mündliche Verhandlung hinaus in weiteren zivilprozessualen Verfahrenssituationen und bei anderen gerichtlichen Terminen der Einsatz von Videokonferenztechnik die physische Präsenz an einem bestimmten Ort entbehrlich gemacht werden.
Vor dem Hintergrund der zunehmend vorhandenen Videokonferenztechnik mit Aufzeichnungsfunktion soll laut Gesetz die vorläufige Protokollaufzeichnung künftig nicht nur in Ton, sondern auch in Bild und Ton möglich sein.
Gericht soll Videoverhandlung anordnen können
Um die Möglichkeiten des Einsatzes von Videokonferenztechnik in den Verfahrensordnungen über die geltende Rechtslage hinaus zu erweitern, wurde in erster Linie der Paragraf 128a der Zivilprozessordnung (ZPO) neu gefasst. Künftig soll das Gericht (in Person der Vorsitzenden oder des Vorsitzenden) eine Videoverhandlung nicht mehr nur gestatten, sondern auch anordnen können. Dies erleichtere die Terminierung von mündlichen Verhandlungen und könne so zu einer Verfahrensbeschleunigung beitragen, heißt es in dem Entwurf.
Schließlich soll die Möglichkeit geschaffen werden, sogenannte vollvirtuelle Videoverhandlungen in der Zivilgerichtsbarkeit zu erproben, bei der sich auch die oder der Vorsitzende nicht mehr im Sitzungssaal aufhält und eine Videoverhandlung beispielsweise auch aus dem heimischen Arbeitszimmer leiten kann. Um auch in diesen Fällen bei öffentlichen Verhandlungen die Öffentlichkeit zu gewährleisten, müsse eine solche Videoverhandlung zusätzlich in einen öffentlich zugänglichen Raum im Gericht in Bild und Ton übertragen werden.
Änderungen im Rechtsausschuss
Ein vom Rechtsausschuss angenommener Änderungsantrag sieht unter anderem die „Stärkung der Rechte der Verfahrensbeteiligten“ vor. So soll dem Antrag eines Verfahrensbeteiligten auf Teilnahme an einer mündlichen Verhandlung per Bild- und Tonübertragung künftig stattgegeben werden, wenn das laufende Verfahren dafür geeignet ist.
Zudem wurden die Anforderungen an die Begründung einer Ablehnung eines Antrags auf Videoverhandlung erhöht. Die Einsatzmöglichkeiten für Videokonferenztechnik in der Justiz sollen zudem dadurch erweitert werden, dass der
beziehungsweise die Vorsitzende den Verfahrensbeteiligten gestatten kann, an einem Termin zur Urteilsverkündung per Bild- und Tonübertragung teilzunehmen. (mwo/ste/17.11.2023)