Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages haben den Zugang zur deutschen Staatsangehörigkeit erleichtert. Ein entsprechender Gesetzentwurf zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts (20/9044) wurde am Freitag, 19. Januar 2024, mit 382 Stimmen gegen 234 Stimmen bei 23 Enthaltungen angenommen. Die Abstimmung erfolgte auf Grundlage einer Beschlussempfehlung des Innenausschusses (20/10093), die zudem einige Änderungen am Ursprungsentwurf enthält. Ein von den Abgeordneten Gökay Akbulut und Martina Renner zu dem Gesetzentwurf vorgelegter Änderungsantrag (20/10095) wurde mehrheitlich abgelehnt.
Gegen die Stimmen von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP bei Enthaltung der AfD und Zustimmung durch die Union wurde zudem ein Antrag der CDU/CSU-Fraktion mit dem Titel „Den Wert der deutschen Staatsangehörigkeit bewahren“ (20/9764) abgelehnt. Der Antrag hatte den Verzicht auf die geplante Novelle des Staatsangehörigkeitsrechts gefordert.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Bei Einbürgerungen soll Mehrstaatigkeit künftig generell hingenommen werden. Zugleich soll eine Einbürgerung in der Regel bereits nach einem Aufenthalt von fünf statt bisher acht Jahren möglich sein, bei besonderen Integrationsleistungen auch schon nach drei Jahren.
Auch die für den automatischen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit eines Kindes ausländischer Eltern durch Geburt im Inland erforderliche Aufenthaltsdauer eines Elternteils in der Bundesrepublik wird von acht auf fünf Jahre verkürzt. Die bisherige Optionsregelung entfällt vollständig.
Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung
Beim Bekenntnis zur freiheitlich demokratischen Grundordnung des Grundgesetzes als einer Voraussetzung für eine Einbürgerung soll gesetzlich künftig Klarheit darüber bestehen, dass „antisemitisch, rassistisch oder sonstige menschenverachtend motivierte Handlungen“ mit der Menschenwürdegarantie des Grundgesetzes unvereinbar sind und gegen dessen freiheitliche demokratische Grundordnung verstoßen.
Mit dem Gesetz soll auch gewährleistet werden, dass die Staatsangehörigkeitsbehörden durch die Staatsanwaltschaften sicher von strafrechtlichen Verurteilungen erfahren, denen antisemitische, rassistische oder sonstige menschenverachtende Beweggründe zugrunde liegen.
Hinderungsgründe für eine Einbürgerung
Ausgeschlossen sein soll eine Einbürgerung auch im Fall einer Mehrehe oder wenn jemand durch sein Verhalten zeigt, dass er die im Grundgesetz festgelegte Gleichberechtigung von Mann und Frau missachtet. Bei der Sicherheitsabfrage ist eine Erweiterung des Kreises der zu beteiligenden Sicherheitsbehörden vorgesehen.
Bei der Anspruchseinbürgerung gilt laut Vorlage mit Ausnahme bestimmter Fälle, dass der Lebensunterhalt für sich selbst und die unterhaltspflichtigen Angehörigen ohne Inanspruchnahme von Leistungen der Sozialhilfe (SGB XII) oder Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) bestritten werden muss.
Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer
Ausnahmen davon sollen für Personen gelten, die in den vergangenen zwei Jahren mindestens 20 Monate in Vollzeit erwerbstätig waren, für Menschen, die mit einer in Vollzeit tätigen Person sowie einem Kind in familiärer Gemeinschaft leben sowie für die sogenannten Gastarbeiter und Vertragsarbeitnehmer, die bis 1974 in die Bundesrepublik beziehungsweise bis 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind.
Gast- und Vertragsarbeiter müssen dem Gesetz zufolge zudem keinen Einbürgerungstest absolvieren und lediglich mündliche deutsche Sprachkenntnisse nachweisen.
Antrag der Union
Die CDU/CSU-Fraktion drang auf einen Verzicht der von der Bundesregierung geplanten Änderungen des Staatsangehörigkeitsrechts. Diese seien „grundlegend falsch“, schrieb die Fraktion in ihrem Antrag (20/9764), in dem sie die Bundesregierung aufforderte, ihren Gesetzentwurf zum Staatsangehörigkeitsrecht (20/9044) zurückzuziehen. Dieser Entwurf, der insbesondere eine Halbierung der Einbürgerungsfristen, die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsangehörigkeit und die Streichung der Einbürgerungsvoraussetzung einer „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ enthalte, ignoriere „die Migrationskrise und Integrationsprobleme“, kritisierte die Fraktion.
Stattdessen sollte die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorlegen, „der das Staatsangehörigkeitsrecht behutsam und an der Realität ausgerichtet weiterentwickelt“, hieß es in dem Antrag weiter. Dabei sollte nach dem Willen der CDU/CSU eine Einbürgerung künftig nur noch möglich sein, „wenn der Ausländer in den vorangegangenen 24 Monaten ununterbrochen erwerbstätig war und zum Zeitpunkt der Einbürgerung eine angemessene Altersversorgung nachweislich zu erwarten ist“. Auch wollte die Fraktion die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit unter anderem von dem ausdrücklichen Bekenntnis zum Existenzrecht Israels abhängig machen. Zudem sollte nach ihrem Willen künftig jeder Einbürgerungsbewerber vor Übergabe der Einbürgerungsurkunde geloben, dass er „das Grundgesetz und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland achten und alles unterlassen werde, was ihr schaden könnte“. (ste/sto/19.01.2024)