Der Bundestag hat am Freitag, 2. Februar 2024, den Bundeshaushalt 2024 beschlossen. Namentlich wurde das Haushaltsgesetz 2024 (20/7800, 20/7802) mit 388 Ja-Stimmen gegen 279 Nein-Stimmen verabschiedet. Darüber hinaus wurde ein Gesetzentwurf von SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP für ein zweites Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024 (20/9999) mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen von CDU/CSU und AfD angenommen. Der Abstimmung lag eine Beschlussempfehlung und ein Bericht des Haushaltsausschusses (20/10150) zugrunde. Ein von der CDU/CSU zu dem Gesetzentwurf vorgelegter Änderungsantrag (20/10202) wurde namentlich mit 375 Stimmen gegen 284 Stimmen bei vier Enthaltungen abgelehnt. Mit der breiten Mehrheit des Plenums gegen die Stimmen der Antragssteller wurde zudem ein von der AfD zu dem Entwurf vorgelegter Änderungsantrag (20/10191) abgelehnt.
Der Abstimmung zum Haushaltsgesetz 2024 lagen mehrere Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses zugrunde (20/8601, 20/8602, 20/8604, 20/8605, 20/8606, 20/8607, 20/8608, 20/8609, 20/8610, 20/8611, 20/8612, 20/8614, 20/8616, 20/8617, 20/8630, 20/8632, 20/8660, 20/8661, 20/8662, 20/8663). Darüber hinaus wurden im Zuge der Schlussabstimmung durch die Mehrheit der Koalitionsfraktionen mehrere Entschließungs- und Änderungsanträge der Oppositionsfraktionen abgelehnt. Davon entfielen fünf Entschließungsanträge (20/10190, 20/10192, 20/10193, 20/10194, 20/10195) und ein Änderungsantrag (20/10189) auf die AfD und ein Entschließungsantrag (20/10196) auf die Union. Darunter wurde ein Entschließungsantrag (20/10194) der AfD namentlich abgestimmt und mit 585 Stimmen gegen 66 Stimmen abgelehnt.
Union: Beratungen zum Haushalt schreiben Geschichte
Dem Vorsitzenden des Haushaltsausschusses, Helge Braun (CDU/CSU), zufolge haben die Beratungen zum Haushalt 2024 68 Stunden und 35 Minuten gedauert. „Das sind drei Tage und drei Nächte“, sagte Braun zu Beginn der Debatte. Mit gleich zwei Bereinigungssitzungen habe man Geschichte geschrieben. 1.438 Anträge seien insgesamt abgestimmt worden – 566 davon angenommen worden. 258 Anträge habe seine Fraktion gestellt, sagte der Unionsabgeordnete. Heute lege man den 259. Antrag vor, bei dem es darum gehe, die Streichung der Agrardieselsubventionen zurückzunehmen. Eine Zustimmung der Koalition wäre nicht nur gut für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft, sondern auch im Sinne der Ministerpräsidenten der Länder, befand Braun.
Der Unionsabgeordnete ging auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem November zum Nachtragshaushalt ein. In gleich drei Dimensionen habe das Gericht „die Verfassungswidrigkeit des Haushaltsgesetzgebers deutlich gemacht“. Aus seiner Sicht hätte dies dazu führen müssen, dass der Bundeshaushalt „sehr sorgfältig auf dem Boden des Grundgesetzes ausformuliert wird“. Dass die Bundesregierung sich entschieden habe, die Buchungswege nur im Hinblick auf die Notlagenkredite zu verändern, sei ein großes Manko des Haushalts, sagte Braun.
SPD: Demokratie gibt es nicht umsonst
Dennis Rohde (SPD) sprach von einem guten Haushalt. Mit ihm werde sowohl die innere, die äußere wie auch die soziale Sicherheit gestärkt. Es werde ein Beitrag geleistet, jüdischen Leben sichtbar zu machen und zugleich der Freiheitskampf der Ukraine unterstützt. Die soziale Sicherheit werde gestärkt, in dem ein zentrales Versprechen eingelöst werde, dass die Konsolidierung in diesem Land „nicht auf dem Rücken der Schwächsten unserer Gesellschaft stattfindet“.
Demokratie gebe es nicht umsonst, sagte Rohde. Das Parlament habe umgeschichtet und im Haushalt eigene Schwerpunkte gesetzt. Es werde nun unter anderem mehr Geld für die Arbeitsmarktintegration ausgegeben, der Kulturpass gesichert, mehr Geld für humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung gestellt, in Integrationskurse investiert, das THW unterstützt sowie die politische Bildung ebenso wie der Agar- und Küstenschutz gestärkt.
AfD kritisiert neue Milliardenverpflichtungen
Verfassungskonforme Haushalte, so Peter Boehringer (AfD), seien nur mit „ideologiefreier Allgemeinpolitik“ zu erreichen. „Das klappt nicht, wenn man wegen der rein ideologisch motivierten und mit langer Ansage gescheiterten Energietransformation als Notreserve Gaskraftwerke für 750 Milliarden Euro bauen muss“, sagte er. Bezahlen müssten diese gigantische Summe die deutschen Stromkunden, „die sich auf drastisch steigende Rechnungen einstellen müssen“.
Erst gestern habe zudem Bundeskanzler Scholz im Europäischen Rat Deutschland viele neue Milliardenverpflichtungen für die Ukraine aufgebürdet. Das sei über ein 50 Milliarden Euro Schuldenprogramm der EU erfolgt, dass im „Brüsseler Nirvana“ verbucht werde. „Vorbei am deutschen Haushalt, aber ganz sicher nicht am deutschen Steuerzahler“, sagte Boehringer. Mit AfD-Regierungen seit 2010 hätte es seiner Aussage nach keine Verschuldung für die Euro-Rettung, keine für den „Corona-Irrsinn“ und auch keine Verschuldung für den Ukrainekrieg gegeben.
Grüne werfen Union Unehrlichkeit vor
Bruno Hönel (Bündnis 90/Die Grünen) nannte die Haushaltsberatungen außergewöhnlich. Die Wirtschaftslage sei wegen des Ukrainekrieges angespannt – dazu sei das Verfassungsgerichtsurteil mit weitreichenden Konsequenzen gekommen. Rückwirkend betrachtet stellte Höhnel fest, dass die KTF-Buchungspraxis ein Fehler gewesen sei. Dieser betreffe die Bundesregierung wie auch die Union, die sich in den Ländern der gleichen Konstruktion bedient habe. Unterschiedlich seien aber die politischen Reaktionen auf das Urteil. Die Ampel habe den eigenen Fehler eingestanden, das Urteil ernst genommen, den Wirtschaftsplan des KTF angepasst und unter Einhaltung der Schuldenbremse einen verfassungsmäßigen Haushalt vorgelegt.
Die Union hingegen habe erst beklagt, die Ampel gebe zu viel Geld aus. Dann sei in den Einzelplanberatungen die Rücknahme von Kürzungen gefordert worden. Schließlich habe die Union in der Bereinigungssitzung keinen eigene Haushaltsantrag zur Gegenfinanzierung vorgelegt. „Diesen Dreiklang der Unehrlichkeit lassen wir Ihnen nicht durchgehen“, sagte der Grünenabgeordnete.
FDP: Investitionsquote auf Rekordniveau
Ähnlich Vorwürfe in Richtung Union erhob auch Otto Fricke (FDP). Auch beim Antrag zu den Agrardieselsubventionen fehle die Deckung. Das liege daran, dass „seitens der größten Oppositionsfraktion der Diskurs nicht gesucht wird“. Bei der nächsten Haushaltsberatung müsse da einfach mehr kommen, forderte der FDP-Abgeordnete.
Fricke wies daraufhin, dass bei dem Haushalt die Schuldenbremse eingehalten werde. Zudem sei die Investitionsquote „auf Rekordniveau“. Besonders freue ihn, „dass die Steuerquote sinkt“. Gleichzeitig werde das soziale Niveau gehalten. „Wir tun Gutes“, so Fricke. Zum Gutes tun gehöre aber auch, zu sagen, „dass es manchmal nicht anders geht“.
Regierung: Bundeshaushalt kommt ohne Notlage aus
Florian Toncar (FDP), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen (BMF), sprach von einem Ergebnis, das sich sehen lassen könne. Anders als es in vielen – auch unionsgeführten Bundesländern - der Fall sei, komme der Bundeshaushalt ohne eine Notlage aus.
Mit Blick auf die Subventionsprogramme in den USA sagte der BMF-Staatsekretär, die Einhaltung der Schuldenbremse schaffe neue Spielräume auf der Zeitachse, Geld auszugeben. Die USA müssten zurzeit 2,5 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts nur für Zinsen ausgeben. Bei Deutschland liege der Wert bei knapp mehr als ein Prozent. „Hätten wir eine Schuldenquote wie die USA, müssten wir im Bundeshaushalt weitere 35 bis 40 Milliarden Euro einsparen“, sagte Toncar. „Das wir das nicht tun müssen zeigt, wie stark die Schuldenbremse uns auch hilft, politische Schwerpunkte setzten zu können“, befand er.
Haushaltsgesetz 2024
Der Bund kann in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 476,81 Milliarden Euro tätigen. Die Nettokreditaufnahme soll bei 39,03 Milliarden Euro liegen und damit im Rahmen der Schuldenbremse des Grundgesetzes. Gegenüber dem Vorjahressoll steigen die Ausgaben damit um 3,4 Prozent. 2023 lag das Soll bei 461,21 Milliarden Euro, die Nettokreditaufnahme bei 27,41 Milliarden Euro. Der Ausgabenansatz liegt 31,12 Milliarden Euro über dem des Regierungsentwurfs für 2024. Die Nettokreditaufnahme fällt um 22,47 Milliarden Euro höher aus.
Einnahmenseitig werden die Steuereinnahmen nunmehr mit 377,61 Milliarden Euro taxiert, 2,27 Milliarden Euro mehr als im Regierungsentwurf. Die sonstigen Einnahmen liegen mit 60,17 Milliarden Euro um 6,38 Milliarden Euro über dem Regierungsentwurf. Grund hierfür ist unter anderem eine höhere Entnahme aus der Rücklage. Diese war möglich geworden, weil der vorläufige Haushaltsabschluss für das Vorjahr positiv ausgefallen war.
Mit dem Haushaltsgesetz 2024 reagiert die Koalition auch auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 15. November 2023 zum zweiten Nachtragshaushalt 2021. Als Folge des Urteils ist unter anderem der Wirtschaftsplan des Klima- und Transformationsfonds angepasst worden. Zudem reflektiert der Haushalt 2024 Umschichtungen, die sich aus der Auflösung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds zum Jahresende 2023 ergeben haben.
Konsolidierungsbeschlüsse umgesetzt
Ferner hat die Koalition die Beschlüsse des sogenannten „Paketes für zukunftsfeste Finanzen, soziale Sicherheit und Zukunftsinvestitionen“ weitestgehend im Etat umgesetzt. Mit dem Paket hatte die Koalition auf den nach dem Urteil bilanzierten Konsolidierungsbedarf reagiert. Unter anderem sind im Etat Kürzungen gegenüber den bisherigen parlamentarischen Beschlüssen beim internationalen Engagement vorgenommen worden. Zudem ist der Ansatz für den Bürgergeld-Bonus gestrichen sowie der Ansatz für Bürgergeld abgesenkt worden, um der geplanten Verschärfung der „Totalverweigerer“-Regelung Rechnung zu tragen.
Einnahmenseitig wurde unter anderem die erhöhte Luftverkehrssteuer veranschlagt. Ferner sind Einnahmen aus dem Windenergie-auf-See-Gesetz, die bisher einer engeren Zweckbindung unterlagen, breiter im Etat verteilt worden, etwa im Etat des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz.
Haushaltsfinanzierungsgesetz beschlossen
Zur gesetzlichen Umsetzung einiger dieser Änderungen hatte der Haushaltsausschuss den Entwurf des zweiten Haushaltsfinanzierungsgesetzes (20/9999) beschlossen. Darin sind unter anderem die Anpassungen im Bürgergeldbezug enthalten. Auf Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen ist die Regelung nun befristet und soll evaluiert werden.
Zudem verzichtet der Bund auf die Teil-Rückzahlung von Geldern durch die Bundesagentur für Arbeit, die zur Unterstützung während der Corona-Pandemie ausgezahlt worden waren. Die so entfallenen 1,5 Milliarden Euro im Haushalt 2024 sollen stattdessen durch eine Entnahme aus der Rücklage gestemmt werden.
Erstes Haushaltsfinanzierungsgesetz 2024
Eine weitere Änderung bezieht sich auf den angepassten Elterngeldbezug und die Einkommensgrenze für Alleinerziehende. Diese Anpassungen sowie weitere Maßnahmen hatte der Bundestag bereits mit einem ersten Haushaltsfinanzierungsgesetz im Dezember 2023 beschlossen (20/8298, 20/8765, 20/9666, 20/9792). Ebenfalls im Dezember hatte der Bundestag das Nachtragshaushaltsgesetz 2023 beschlossen (20/9500, 20/9600).
Aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts hatte sich der Beschluss des Haushalts 2024 verzögert. Eigentlich hatte der Ausschuss die Bereinigungssitzung Mitte November abschließen wollen. Nach dem Urteil wurden zunächst wesentliche Beschlüsse zum Haushaltsgesetz und einzelnen Einzelplänen verschoben, auch die Haushaltswoche im Bundestag wurde abgesagt. (hau/vom/scr/02.02.2023)