Deutschland wird in den kommenden Jahren deutlich mehr Geld für Verteidigung ausgeben. Allein in diesem Jahr steigt der Wehretat um 1,52 auf 38,52 Milliarden Euro an. Der Bundestag billigte am Mittwoch, 4. Juli 2018, mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen das Votum der Opposition in zweiter Lesung den Verteidigungshaushalt 2018 in der durch den Haushaltsauschuss geänderten Fassung (19/2413, 19/2424, 19/2425, 19/2426). Dieser hatte den ursprünglichen Regierungsentwurf (19/1700, 19/1701) noch einmal um 26 Millionen Euro erhöht.
Ministerin bekennt sich zum Zwei-Prozent-Ziel
Bundesverteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich in der Debatte zufrieden mit dem Haushalt, mahnte jedoch zugleich an, dass der Verteidigungshaushalt in den kommenden Jahren deutlich ansteigen müsse. „25 Jahre Kürzen schüttelt man nicht mal eben aus den Kleidern“, sagte von der Leyen.
Die Ministerin bekannte sich in der Debatte ausdrücklich zum Ziel der Nato, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) anzuheben. Bis 2025 wolle man 1,5 Prozent des BIP für Verteidigung aufbringen. Im kommenden Jahr soll der Wehretat bereits auf 42,9 Milliarden Euro steigen.
AfD kritisiert Finanzpläne der Regierung
Aus den Reihen der Oppositionsfraktionen wurde harte Kritik an den Finanzplänen der Bundesregierung geübt – allerdings mit höchst unterschiedlichen Stoßrichtungen. Rüdiger Lucassen (AfD) bezeichnete die Finanzplanung der Bundesregierung als „Maskerade“. Die 38,52 Milliarden Euro in diesem Jahr würden nicht einmal ausreichen, um den weiteren „Verfall“ der Bundeswehr aufzuhalten.
Lucassen bezweifelte zudem, dass die Ministerin das Ziel, bis 2025 rund 1,5 Prozent des BIP für Verteidigung aufzubringen. Dies würde Ausgaben von rund 53 Milliarden Euro bedeuten, die Finanzplanung sehe aber bis 2022 lediglich eine Steigerung auf 43 Milliarden Euro vor. Somit müssten der Wehretat innerhalb von drei Jahren um zehn Milliarden Euro erhöht werden.
Grüne: Laxer Umgang mit Steuergeldern
Der Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen hingegen kritisieren die Erhöhungen des Verteidigungshaushaltes. Der Wehretat sei in den vergangenen vier Jahren deutlich stärker gestiegen als der übrige Bundeshaushalt, monierte Dr. Tobias Linder.
Die Bundeswehr solle „das Geld, das sie hat, ordentlich und effektiv ausgeben“. Es herrsche ein „sehr laxer Umgang mit Steuergeldern“, das Verteidigungsministerium sei Dauerkunde beim Bundesrechnungshof.
Änderungs- und Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Michael Leutert (Die Linke) forderte die Ministerin auf, das Zwei-Prozent-Ziel der Nato aufzugeben, es bestehe keine Notwendigkeit für eine derartige Erhöhung des Verteidigungshaushalts. In einem Entschließungsantrag (19/3144) forderte die Linksfraktion, den Wehretat um 5,1 Milliarden Euro zu kürzen, alle Auslandseinsätze der Bundeswehr zu beenden und dadurch 730 Millionen Euro einzusparen und aufgrund fehlender Bedrohungslage Beschaffungsvorhaben und Projekte der Forschung und Entwicklung von Waffensystemen einzustellen. Der Bundestag lehnte den Entschließungsantrag in der dritten Beratung des Haushaltsgesetzes 2018 am 5. Juli mit den Stimmen aller anderen Fraktionen ab.
Gescheitert ist die Linksfraktion bereits in zweiter Lesung am 4. Juli mit ihrem Änderungsantrag (19/3185), den Leasing-Vertrag für das bewaffnungsfähige Drohnensystem Heron TP zu verzichten. Der Bundestag lehnte den Antrag in namentlicher Abstimmung mit 536 Nein-Stimmen gegen 116 Ja-Stimmen ab.
Änderungsanträge der FDP abgelehnt
Die FDP-Fraktion hingegen sprach sich nicht nur für eine Beschaffung des Drohnensystems Heron TP aus, sondern forderte in einem Änderungsantrag (19/3179) auch dessen Bewaffnung und eine entsprechende Ausbildung für das Bedienpersonal. Karsten Klein (FDP) bezeichnete die Beschaffung des Drohnensystems als notwendig. Den Antrag lehnte der Bundestag in namentlicher Abstimmung jedoch mit 502 Nein-Stimmen gegen 75 Ja-Stimmen ab, 75 Abgeordnete enthielten sich der Stimme.
Ebenfalls abgelehnt wurde ein zweiter Änderungsantrag der FDP (19/3178) mit den Stimmen der Koalitionsfraktionen und der Linken bei Enthaltung der AfD und der Grünen, in dem die Liberalen die Bundesregierung unter anderem auffordern wollten, den Wehretat zu überprüfen.
Die einzelnen Titel müssten künftig den zu erwartenden tatsächlichen Finanzbedarf abbilden und nicht bereits die gegenseitige Deckung mit anderen Titeln vorwegnehmen. Bei der Bewirtschaftung der neuen Rücklage im Verteidigungshaushalt sollten die Mittel von maximal 500 Millionen Euro nur eins zu eins für den Titel entnommen werden, aus dem die Mittel zugeflossen sind. Der Haushaltsausschuss sollte den Rückfluss der Mittel jeweils freigeben müssen.
Koalition verweist auf geänderte Sicherheitslage in Europa
Abgeordnete der Koalitionsfraktionen verteidigten die steigenden Ausgaben im Wehretat. Dr. Reinhard Brandl (CDU/CSU) und Thomas Hitschler (SPD) verwiesen auf die geänderte Sicherheitslage in Europa. Nachdem die Bundeswehr über viele Jahre zu einer Einsatzarmee umgebaut worden sei, müsse nun wieder verstärkt mehr Gewicht auf die Landes- und Bündnisverteidigung gelegt werden, argumentierten die beiden Parlamentarier übereinstimmend.
Brandl widersprach der Kritik der Opposition, die Mehrausgaben kämen nicht bei der Truppe an. Gerade die Ausgaben für Beschaffungen seien in der Amtszeit von Ministerin von der Leyen verfünffacht worden. Hitschler verwies darauf, dass im Etat 2018 deutlich mehr Geld für die Beschaffung von persönlicher Ausrüstung der Soldaten bereitgestellt werde. (aw/05.07.2018)