Die Bundeswehr beteiligt sich weiterhin an der „nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und zur umfassenden Stabilisierung des Iraks“. In namentlicher Abstimmung votierten am Donnerstag, 18. Oktober 2018, 361 Abgeordnete für eine entsprechende Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/5051) zum Antrag der Bundesregierung (19/4719). 294 Abgeordnete stimmten mit Nein, vier enthielten sich. Der Haushaltsausschuss hatte einen Bericht zur Finanzierung nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (19/5117) vorgelegt. Einen Entschließungsantrag der Linken (19/5080) lehnten alle übrigen Fraktionen ab.
Keine Mehrheit fand die AfD-Fraktion mit ihrer Forderung zur „Rückholung aller Bundeswehreinheiten aus dem Irak“ (19/4842). Ebenfalls in namentlicher Abstimmung wandten sich 571 Parlamentarier entsprechend einer Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (19/5052) gegen den AfD-Antrag, 84 Abgeordneten stimmten für diesen, es gab keine Enthaltung.
Antrag der Bundesregierung
Die Bundeswehrsoldaten werden somit wie bisher unter anderem Aufgaben wie die Luftbetankung und die See- und Luftraumüberwachung etwa durch Beteiligung an Awacs-Flügen der Nato übernehmen, deren Daten an die internationale Koalition gegen den „Islamischen Staat“ (IS) weitergegeben werden. Im Mittelpunkt steht zudem der Fähigkeitsaufbau der regulären irakischen Streit- und Sicherheitskräfte mit dem Schwerpunkt „Ausbildung der Ausbilder“.
Diese Ausbildung könne im gesamten irakischen Staatsgebiet „in einer angemessenen Balance zwischen der irakischen Zentralregierung und – in Absprache mit dieser – der Regierung der Region Kurdistan-Irak erfolgen. Dabei stehen Maßnahmen zum Fähigkeitsaufbau in Zentralirak eindeutig im Vordergrund“, heißt es im Antrag der Bundesregierung. Das Mandat ist befristet bis Ende Oktober 2019 und die Personalobergrenze soll unverändert bei bis zu 800 Soldaten liegen. Die einsatzbedingten Zusatzausgaben werden auf knapp 108 Millionen Euro beziffert.
Ministerin: Können nicht wegschauen
Verteidigungsministerin Dr. Ursula von der Leyen (CDU) argumentierte, dass man nicht wegschauen könne, wenn Millionen Menschen ausgehungert, ermordet, gefoltert oder vertrieben werde, wie das mit dem Vorrücken des IS in der Region geschehen sei.
„Die Menschen im Nahen und Mittleren Osten haben ein Recht auf Leben in Frieden und Freiheit ohne Angst vor Unterdrückung.“ Es sei deshalb richtig gewesen, dass sich Deutschland der breiten internationalen Koalition von 70 Staaten zur Bekämpfung des IS angeschlossen habe.
AfD: Mandat auf tönernen Füßen
Rüdiger Lucassen (AfD) kritisierte, dass das Mandat auf „tönernen Füßen“ stehe. Der Einsatz erfolge nicht in einem System kollektiver Sicherheit etwa im Rahmen der UN, der EU oder der Nato, wie es das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Auslandseinsätzen aus dem Jahr 1994 fordere.
„Ein Erbitten der irakischen Regierung kann doch nicht die Rechtsprechung des höchsten deutschen Gerichtes außer Kraft setzen!“ Die Bundesregierung wisse überdies nicht, mit welcher Regierung sie es in Bagdad demnächst zu tun haben werde. Das sei eine „politische Waghalsigkeit“, die sich die Union und SPD früher niemals geleistet hätten.
SPD: Vom IS bedrängten Staaten beistehen
Dr. Rolf Mützenich (SPD) bezeichnete das Mandat hingegen als „völkerrechtlich und verfassungsrechtlich gut begründet“. Er verwies unter anderem auf mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrates, die die internationale Staatengemeinschaft auffordern würden, bedrängten Staaten im Kampf gegen den IS beizustehen.
Mützenich betonte zudem, dass der Einsatz in dieser Form letztmalig stattfinde: „In zwölf Monaten werden die Tornados abgezogen.“ Für den Ausbildungsteil der Mission sei zudem nach einem halben Jahr eine Evaluierung vorgesehen. Beides sei auch ein Zeichen für ein „selbstbewusstes Parlament“, das Mandate mitformuliere und eben auch beenden könne.
FDP: Der Nato die lange Nase gezeigt
Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) kritisierte, dass die Bundesregierung parallel eine Nato-Ausbildungsmission im Irak auf den Weg gebracht habe, der Nato aber dann, als diese Mission startete, „die lange Nase“ gezeigt habe. „Was ist das für ein Signal an die Verbündeten?“
Außenminister Heiko Maas (SPD) werbe allerorten für den Multilateralismus, das sei auch richtig so. „Wir haben aber nirgendwo gehört, warum Deutschland im Irak nicht mit der Nato zusammenarbeitet.“
Linke: Abenteuerlichste Rechtskonstruktion
Dr. Alexander Neu (Die Linke) sprach von einer „abenteuerlichsten Rechtskonstruktion“. Die Bundesregierung unterstütze mit diesem Mandat direkt oder indirekt eine Besetzung von Syriens Nordosten durch die USA, was dazu führe, dass dort die syrische Armee und Verbündete nicht gegen den IS vorgehen könne.
Neu erinnerte daran, dass lediglich Russland und der Iran völkerrechtskonform – da auf Einladung der syrischen Regierung – militärisch agierten. „Aber auch das lehnen wir ab“, sagte Neu. „In Syrien muss es endlich selbstbestimmte Entwicklung geben können ohne Einmischung von außen.“
Grüne: Planloses Mandat
Dr. Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen) sprach von einem „verquickten, verworrenen, völkerrechts- und verfassungswidrigen“ Einsatz. Er folge keiner klaren Strategie, keinen klaren Zielen, fuße auf einem „planlosen Mandat“.
Die Bundesregierung agiere in einer „Koalition der Willigen“ und ignoriere damit die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichtes zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr: „Sie tun das, obwohl Sie eine andere Option hätten“, sagte Lindner mit Blick auf den Nato-Ausbildungseinsatz im Irak.
AfD: Bundeswehrmission im Irak beenden
Die AfD-Fraktion begründet ihre Forderung nach Beendigung der Bundeswehrmission im Irak damit, dass sich durch die Parlamentswahlen im Irak im Mai 2018 die politischen Machtverhältnisse vor Ort deutlich verschoben hätten. Der Wahlsieg schiitisch dominierter Kräfte deute auf einen erheblichen Einfluss des schiitischen Lagers auf die neue Regierung hin. Dieses stehe in Verdacht, enge Verbindungen zum Regime im Iran zu halten.
Die politischen Voraussetzungen, die zum Mandat „Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur nachhaltigen Bekämpfung des IS-Terrors und zur umfassenden Stabilisierung Irak“ geführt hätten, seien damit nicht mehr gegeben, schreibt die AfD-Fraktion. Die Vereinbarungen mit der abgewählten irakischen Regierung seien als Grundlage für das Mandat nicht mehr existent.
Entschließungsantrag der Linken abgelehnt
Gegen die Stimmen aller übrigen Fraktionen lehnte der Bundestag den Entschließungsantrag der Linken ab. Die Fraktion hatte die Bundesregierung aufgefordert, die „Völkerrechtsverletzung“ durch die Türkei beim Einmarsch in den Norden Syriens sowie durch die USA, Großbritannien und Frankreich beim Militärschlag vom 14. April 2018 zu verurteilen. Auch sollte die Beteiligung der Bundeswehr an militärischen Angriffen der USA auf Ziele in Syrien ausgeschlossen werden.
Die Fraktion wollte ferner, dass die Tornados der Bundeswehr aus dem Einsatz der Anti-IS-Koalition sofort und nicht erst bis Oktober 2019 abgezogen werden und die Teilnahme an der Anti-IS-Koalition beendet wird. (ahe/hau/vom/18.10.2018)