Die Bundestag hat am Donnerstag, 16. Mai 2019, das BAföG erhöht. Dem Entwurf der Bundesregierung für ein 26. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (26. BAföGÄndG) (19/8749) in der vom Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung geänderten Fassung (19/10249) stimmten in namentlicher Abstimmung 358 Abgeordnete zu, zwei lehnen ihn ab, es gab 259 Enthaltungen. Zur Schlussberatung lag auch ein Bericht des Haushaltsausschusses nach Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages zur Finanzierbarkeit vor (19/10250).
Wohnzuschlag wird deutlich angehoben
Die Bedarfssätze werden künftig jeweils zu Beginn des Schuljahres beziehungsweise des Wintersemesters 2019 um fünf Prozent und 2020 um zwei Prozent angehoben – bei „überproportionaler Anhebung des Wohnzuschlags“, der für auswärts wohnende Studierende künftig 325 Euro beträgt. Die Einkommensfreibeträge werden im Jahr 2019 um zunächst sieben Prozent und im Jahr 2020 um drei Prozent sowie im Jahr 2021 um sechs Prozent erhöht.
Der Vermögensfreibetrag für eigenes Vermögen wird mit der zweiten Novellierungsstufe im Jahr 2020 von derzeit 7.500 Euro auf künftig 8.200 Euro angehoben. Die Vermögensfreibeträge für Auszubildende mit Unterhaltspflichten gegenüber eigenen Ehegatten, Lebenspartnern und Kindern werden zugleich von derzeit jeweils 2.100 Euro auf 2.300 Euro angehoben.
Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge
Da aufgrund der angehobenen BAföG-Sätze auch die Pflichtbeiträge der Studierenden zur Kranken- und Pflegeversicherung gestiegen sind, werden auch die Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge erhöht.
Zudem werden besonders für Auszubildende, die in der Regel ab dem 30. Lebensjahr nicht mehr in der Krankenversicherung der Studierenden versicherungspflichtig sind und als freiwillig Versicherte höhere Beiträge zahlen müssen, künftig entsprechend höhere Zuschläge vorgesehen.
Entschließung verabschiedet
In der beschlossenen Entschließung wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, die BAföG-Antragstellung weiter zu vereinfachen. Auch ein elektronischer Datenaustausch zwischen BAföG-Ämtern und anderen Behörden sollte erreicht werden. Die Formulare sollten sprachlich vereinfacht werden. Vor dem Hintergrund der Reduzierung des Aufwands bei der Antragstellung sollte ein Zugriff auf Daten des Finanzamts nach Zustimmung der Betroffenen geprüft werden und über weitere Pauschalisierungen nachgedacht werden.
Zudem soll die Regierung bei den Ländern darauf hinwirken, die Möglichkeiten der Online-Antragstellung beim BAföG weiter zu verbessern. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung sollte erreichen, dass eine bundeseinheitlich nutzbare technische Lösung für die Online-Antragstellung erarbeitet wird. Die elektronische Antragstellung soll eine Plausibilitätsprüfung beinhalten, die es den Antragstellenden ermöglicht nachzuvollziehen, welche Daten noch einzugeben sind. Dabei soll eine Form der Authentifizierung verwendet werden, die anwenderfreundlich und sicher ist.
BAföG-Rechner soll eingeführt werden
Des Weiteren soll die Möglichkeit geschaffen werden, im Zuge des Antragsverfahrens eine möglichst verlässliche Vorab-Information über die Höhe der voraussichtlichen Förderung abzurufen. Darüber hinaus sollte analog zum Elterngeld-Rechner ein BAföG-Rechner eingeführt werden, der Schülerinnen und Schülern sowie Studierenden die Planung erleichtert.
Ferner sollten die Länder dabei unterstützt werden, die Verwendung von elektronischen Akten bei der BAföG-Antragstellung einzuführen, die einen unterbrechungsfreien Übergang aus der Zuständigkeit des alten Studierendenwerkes in die Zuständigkeit des neuen Studierendenwerkes ermöglichen, wenn Studierende an eine Hochschule in einem anderen Bundesland wechseln wollen.
Initiativen der Grünen abgelehnt
Der Bundestag lehnte sechs Änderungsanträge und einen Entschließungsantrag der Grünen zum Gesetzentwurf ab. Die Fraktionwollte eine Öffnung des BAföGs für Teilzeitausbildungen erreichen (19/10251) sowie für neue Studienmodelle zur Orientierung (19/10252). Dem erstgenannten Änderungsantrag stimmten die Grünen und Die Linke zu, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab. Dem zweiten Änderungsantrag stimmten Linke, Grüne und FDP zu, die Koalitionsfraktionen und die FDP lehnten ihn ab. Zudem sollten die Wohnkosten entsprechend der regionalen Staffelung (Wohngeldstufen) nach dem Wohngeldgesetz erstattet werden (19/10253). Diesem Änderungsantrag der Grünen stimmten nur die Grünen zu, bei Enthaltung der Linken lehnten in die übrigen Fraktionen ab.
Die Rückzahlungsmodalitäten sollen durch Absenkung der Verschuldungsobergrenze und des Darlehensanteils sowie durch regelmäßige Anpassung und Erhöhung der BAföG-Leistungen an die Lebenshaltungskosten sozial verträglicher ausgestaltet werden (19/10254, 19/10255, 19/10256). Dem ersten dieser drei Änderungsanträge der Grünen (19/10254) stimmten nur die Grünen zu, bei Enthaltung der Linken lehnten ihn die übrigen Fraktionen ab. Dem zweiten Änderungsantrag (19/10255) stimmten in namentlicher Abstimmung 122 Abgeordnete zu, 430 lehnten ihn ab, es gab 62 Enthaltungen. Dem dritten Änderungsantrag (19/10256) stimmten nur die Grünen zu, bei Enthaltung der Linken lehnten ihn die übrigen Fraktionen ab.
Mit ihrem Entschließungsantrag (19/10259) unterstrichen die Grünen ihre Forderung nach einer schnellen und wirksamen BAföG-Novelle. Nur die Grünen stimmten dafür, die FDP und Die Linke enthielten sich, die Koalitionsfraktionen und die AfD lehnten ihn ab.
Änderungsantrag der Linken und Grünen abgelehnt
In einem gemeinsamen Änderungsantrag (19/10257) forderten Die Linke und die Grünen von der Bundesregierung einen BAföG-Bericht über die jetzt vorgesehenen Änderungen bereits für das Jahr 2019 statt erst 2021.
In namentlicher Abstimmung lehnten 434 Abgeordnete diesen Änderungsantrag ab, 185 stimmen ihm zu, es gab eine Enthaltung.
Entschließungsantrag der FDP abgelehnt
Keine Mehrheit fand auch ein Entschließungsantrag der FDP (19/10258). Darin plädierte die Fraktion für ein elternunabhängiges BAföG für volljährige Studierende, das zum Beginn des Sommersemesters 2020 eingeführt werden sollte. Gefördert werden sollte unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern.
Die elterliche Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern im Studium wollten die Liberalen aufheben. Dem Entschließungsantrag stimmte nur die FDP zu, alle übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Weitere Anträge abgelehnt
Keine Mehrheit fanden auch ein Antrag der AfD mit dem Titel „Bundesausbildungsförderungsgesetz von Grund auf reformieren“ (19/8990), ein Antrag der FDP-Fraktion mit dem Titel „Elternunabhängiges Baukasten-BAföG für eine zukunftsfähige Studienförderung“ (19/8956) sowie ein Antrag der Fraktion Die Linke mit dem Titel „Von BAföG muss man leben können – Für mehr Bildungsgerechtigkeit“ (19/8967).
Zur Abstimmung lag die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung (19/10249) vor.
Antrag der AfD
Die AfD wollte das BAföG auch künftig als individuelle Ausbildungsförderung gewähren. Diese sollte als Zuschuss mit bis zu 485 Euro monatlich eltern- und einkommensabhängig so lange gewährt werden, wie die Ausbildungsleistungen den Anforderungen eines ernsthaften Bemühens um Ausbildungserfolg und -abschluss genügen.
Die Förderhöchstdauer für ein Hochschulstudium umfasse in der Regel zehn Semester plus zwei Prüfungssemester, Studienaufenthalte in der EU und im übrigen Ausland. Die Zuschüsse sollten vom Bund getragen, das Darlehen von bis zu 450 Euro monatlich und unverzinslich von der Deutschen Ausgleichsbank ausgereicht werden. Fünf Jahre nach Abschluss der Förderung sollten die Darlehensschulden zurückgezahlt werden müssen, heißt es in dem Antrag, dem nur die AfD zustimmte, während ihn die übrigen Fraktionen ablehnten.
Antrag der FDP
Die FDP wollte eine Förderung unabhängig vom Einkommen und Vermögen der Eltern der Studierenden. Die elterliche Unterhaltspflicht gegenüber volljährigen Kindern im Studium sollte aufgehoben werden. Als monatliche Förderung empfahl sie 200 Euro, die als Vollzuschuss an volljährige Studierende gezahlt werden. Dieser BAföG-Sockel sollte während des Studiums bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres gezahlt werden und nicht zurückgezahlt werden müssen.
Darüber hinaus wollte die FDP einen BAföG-Zuschuss von monatlich 200 Euro gewähren, wenn die volljährigen Studierenden im Jahresdurchschnitt mindestens zehn Wochenstunden in einer entgeltlichen Nebenbeschäftigung oder in einem anerkannten Ehrenamt tätig oder durch die Pflege naher Angehöriger oder die Erziehung eigener Kinder gebunden sind. Auch sollte ein bis zu einem Jahr langer Zuschuss während studienbedingter Auslandsaufenthalte gewährt werden, die nicht aus Mitteln des „Erasmus+“-Programms der EU gefördert werden können. Nur die FDP stimmte diesem Antrag zu, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab.
Antrag der Linken
Die Linke forderte die Bundesregierung auf, die BAföG-Fördersätze auf ein existenzsicherndes Niveau anzuheben und regelmäßig zu dynamisieren. Die Wohnpauschale sollte den örtlich unterschiedlichen Mietniveaus für studentischen Wohnraum entsprechend gewährt werden. Auch sollte die BAföG-Förderung wieder als Vollzuschuss ausgezahlt werden. Die Altersgrenzen wollte die Fraktion abschaffen.
Zur Begründung heißt es, das BAföG verliere seit vielen Jahren an Bedeutung. Die Zahl der Geförderten sinke, die Fördersätze deckten die realen Lebenshaltungskosten Studierender bei Weitem nicht ab. Die Folgen seien eine hohe soziale Spaltung beim Zugang zu berufsqualifizierender Bildung, hohe nervliche und finanzielle Belastungen der Studierenden, eine hohe Erwerbstätigkeit neben dem Studium und Schulden am Ende von Studium und Ausbildung. Nur Die Linke stimmte für ihren Antrag, bei Enthaltung der Grünen lehnten ihn die übrigen Fraktionen ab. (rol/hau/vom/sas/vst/16.05.2019)