Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) kann im Jahr 2020 mit Ausgaben in Höhe von 2,97 Milliarden Euro (2019: 2,29 Milliarden Euro) planen. Damit wächst der Haushalt des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit um 680 Millionen Euro, das sind rund 30 Prozent. Das geht aus dem um die finanziellen Mittel zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 ergänzten Regierungsentwurf des Haushalts 2020 (19/11800, 19/11802, 19/13800, 19/13801) für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (Einzelplan 16) hervor, über den der Bundestag am Dienstag, 26. November 2019, in zweiter Lesung abgestimmt hat. Für eine entsprechende Beschlussempfehlung des Haushaltsausschuss (19/13915, 19/13924) stimmten CDU/CSU und SPD gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen.
Darüber hinaus stimmten die Abgeordneten über zwei von der Fraktion der AfD eingebrachte Änderungsanträge (19/15463, 19/15464) ab. Ersterer fand gegen die Stimmen der anderen Fraktionen des Hauses keine Mehrheit, letzterer wurde nach namentlicher Abstimmung mit 540 zu 83 Stimmen ebenfalls abgelehnt.
Starker Mittelanstieg für verschiedene Sachgebiete
Ein Großteil der Erhöhungen gegenüber dem Regierungsentwurf, 250 Millionen Euro, entfällt auf Entschädigungszahlungen an Energieversorgungsunternehmen. Eine Verdoppelung der Mittel (29,8 Millionen Euro) verzeichnet im geänderten Entwurf der internationale Klima- und Umweltschutz mit dem Export von Technologien gegen die Vermüllung der Meere. Auch die Mittel für die internationale Zusammenarbeit wurden erhöht (um 26 Millionen Euro).
Im Bereich Naturschutz erfahren das Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ (45 Millionen Euro) und das Programm „Blaues Band“ (12,4 Millionen Euro) einen Aufwuchs an Mitteln. Auch die Mittel für den Wildnisfonds wurden von zehn auf 20 Millionen Euro verdoppelt. Weitere Änderungen beziehen sich auf einen Morsleben-Fonds, durch den – analog zu den Salzgitter- und Assefonds – strukturelle Nachteile des Endlagerstandorts für radioaktive Abfälle abgefedert werden sollen. Dieser Fonds wird in den kommenden Jahren mit jeweils 400.000 Euro ausgestattet.
AfD: Unsinnige Energiewende
Für die AfD-Fraktion kritisierte Karsten Hilse den Haushalt als „nicht den Grundsätzen der Sparsamkeit“ entsprechend. Das Wohl des deutschen Volkes stehe für die Regierung „hinten an“, betonte Hilse. Das Geld der Steuerzahler werde „ohne wissenschaftliche Begründung“ für Klimaschutzpolitik verschwendet und Arbeitsplätze würden dadurch vernichtet.
Hilse sprach auch die parallel stattfindenden Proteste der Bauern in Berlin an. „Der Rückgang von Insekten und Vögeln ist zu einem nicht unerheblichen Anteil der unsinnigen Energiewende geschuldet“, sagte er.
SPD lobt Kampf gegen Plastik
Andreas Schwarz (SPD) lobte den Haushalt und sagte, dass mit „Mut und Tatkraft“ gehandelt werde. „Der Haushalt des Bundesumweltministeriums wurde in den letzten Jahren deutlich besser ausgestattet als in der Vergangenheit und mit dem Haushalt 2020 wird er nochmals deutlich verbessert“, sagte er. Viele der Investitionen fließen in Umwelt- und Klimaschutz und in ressortübergreifende Maßnahmen aus dem Energie- und Klimafonds.
Schwarz hob vor allem den Kampf gegen Plastik hervor: „Wir stärken das bereits im letzten Haushalt verankerte Programm gegen Meeresmüll mit nochmals 15 Millionen Euro“, sagte er.
Ministerin: 2019 das Jahr des Handelns im Klimaschutz
Unterstützung kam von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD), die das Klimaschutzgesetz und das Emissionshandelsgesetz als zentrale Schritte zur Erreichung der Klimaschutzziele für 2030 identifizierte. „2019 ist das Jahr des Handelns im Klimaschutz, und der Haushalt 2020 legt eine gute Grundlage dafür, dass jedes Jahr zum Jahr des Handelns im Klimaschutz wird“, sagte die Umweltministerin.
Insbesondere bei der anstehenden Weltklimakonferenz im spanischen Madrid wolle sie international dafür werben, dass sich auch andere Länder zu mehr Klimaschutz verpflichteten.
FDP kritisiert „Umsetzungsdefizit“
Kritik am Haushaltsentwurf und dem Klimapaket der Bundesregierung kam von Ulla Ihnen (FDP). Sie nannte das Paket „mit der heißen Nadel gestrickt.“ Es fehle darüber hinaus im Etat an „Gestaltungswillen und Vision“.
Ein Großteil der Maßnahmen für Klimaschutz fänden sich im Energie- und Klimafonds. Der Fonds sei zwar größer als zuvor, habe aber auch die gleichen strukturellen Probleme wie zuvor. Er sei ein „Sammelsurium an Maßnahmen“, und das Umweltressort leide unter einem „Umsetzungsdefizit“, betonte Ihnen.
CDU/CSU: Ein guter Tag für die Umwelt
Ingo Gädechens (CDU/CSU) sagte, der Tag sei nicht nur aus monetärer Sicht ein guter, sondern auch für die Umwelt. „Mit fast drei Milliarden Euro verzeichnen wir einen rasanten Anstieg bei den Haushaltsmitteln“, sagte er. Im Energie- und Klimafonds würden allein neun Milliarden Euro für Maßnahmen gegen den Klimawandel zur Verfügung stehen. Damit werde man „der Verantwortung gerecht, ohne eine Politik der Verschuldung“, sagte er.
Auch er lobte die Entscheidung, Plastikmüll in den Gewässern zu bekämpfen. „Der Blick auf andere Teile der Welt offenbart, dass das Problem eher größer als kleiner wird“, sagte er. Daher sei ein eigenes Förderprogramm ein „konkreter Beitrag gegen die Plastikflut“, betonte er.
Linke: Hoffnung auf ein Umsteuern gestorben
Darauf, dass der Anteil des Umweltetats am Gesamtetat mit 0,6 Prozent „signifikant niedrig“ bleibe, verwies Heidrun Bluhm-Förster (Die Linke). „Seit den Beschlüssen des Klimakabinetts ist die Hoffnung auf ein Umsteuern gestorben“, sagte sie. Dies sei „definitiv kein Signal für nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik.“ Dass mehr als 60 Prozent der Mittel für den Energie- und Klimafonds im Wirtschafts- und nicht im Umweltministerium verwaltet würden, verstetige dies.
Sie plädierte zudem dafür, über eine breite öffentliche Beteiligung einen Konsens für das weitere Vorgehen bei der End- und Zwischenlagerung radioaktiver Abfälle zu suchen.
Grüne: offener Bruch mit Klimaschutzzielen
Kritik am Klimaschutzpaket der Bundesregierung äußerte auch Sven Christian Kindler (Bündnis 90/Die Grünen). „Sie haben Ihr Versprechen gebrochen, dass dies das Jahr des Klimaschutzes und der Entscheidung sei, denn es geht weiter mit Pillepalle“, sagte er in Richtung der Umweltministerin.
Das Paket werde dazu führen, dass die Pariser Klimaschutzziele nicht erreicht würden und sei daher ein „offener Bruch“ mit den Zielen. Zudem würden „Gerechtigkeit und Klimaschutz gegeneinander ausgespielt“, sagte Kindler. Er forderte, klimaschädigende Subventionen abzuschaffen, neue Kredite aufzunehmen und nicht „an der schwarzen Null zu klammern“.
Mehr Geld für Umwelt- und Klimaschutz
Die Mittel für den Umweltschutz sollen laut der ergänzten Regierungsvorlage auf 199,91 Millionen Euro erhöht werden (2019: 154,01 Millionen Euro). Für den Titel „Forschungen, Untersuchungen und Ähnliches“ sind 67,28 Millionen Euro eingeplant (2019: 60,27 Millionen Euro).
Die geplanten Gesamtausgaben für den Klimaschutz summieren sich auf 717,26 Millionen Euro (2019: 540,63 Millionen Euro). 566,83 Millionen Euro sieht der Etat für Investitionen zum Schutz des Klimas und der Biodiversität im Ausland vor (2019: 456,83 Millionen Euro).
Entsorgung von Atommüll
Ausgaben in Höhe von 717,88 Millionen Euro (2019: 578,39 Millionen Euro) sind für Endlagerung und Standortauswahlverfahren radioaktiver Abfälle vorgesehen – 415,7 Millionen Euro für die Zwischenlagerung (2019: 401,71 Millionen Euro). Dem stehen geplante „Einnahmen für die Zwischenlagerung und Endlagerung radioaktiver Abfälle“ in Höhe von 864,45 Millionen Euro (2019: 765,37 Millionen Euro) gegenüber.
Insgesamt sieht der Haushaltsentwurf der Bundesregierung für 2020 in der durch den Haushaltsausschuss geänderten Fassung Ausgaben in Höhe von 362 Milliarden Euro vor (2019: 356,4 Milliarden Euro).
Abgelehnte Änderungsanträge der AfD
Die AfD-Fraktion hatte zwei Änderungsanträge zum Umweltetat vorgelegt. Im ersten Änderungsantrag (19/15463) forderte die Fraktion, Ausgaben zur Vermeidung von Kohlendioxidemissionen zu streichen, da sich dieser Klimaschutz bisher als unwirksam erwiesen habe. Stattdessen sollten 30 Millionen Euro bereitgestellt werden, um ergebnisoffene Forschung in den Natur-, Klima- und Umweltwissenschaften zum Zweck des Naturschutzes zu finanzieren.
Im zweiten Änderungsantrag (19/15464), der in namentlicher Abstimmung abgelehnt wurde, verlangte die AfD, die Ausgaben des Umweltbundesamtes von 144,82 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro zu kürzen. Die Behörde sollte sich auf die Kerngebiete des Umweltschutzes fokussieren, hieß es zur Begründung.
Entschließungsanträge der Linken abgelehnt
Der Bundestag hat am Freitag, 29. November, in dritter Beratung zwei Entschließungsanträge der Linken zum Etat des Umweltministeriums abgelehnt. Im ersten Entschließungsantrag (19/15442) wurde die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, einen neuen Titel „Förderung von Schallschutzmaßnahmen“ in einen Nachtragshaushalt aufzunehmen und den Eigenfinanzierungsanteil der Förderung von Maßnahmen im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt für Kreise und Gemeinden auf das Mindestmaß herabzusetzen. Für die biologische Vielfalt wollte die Fraktion 77,7 Millionen Euro zusätzlich ausgeben. Darüber hinaus forderte sie 200 Millionen Euro für ein Förderprogramm zum ökologischen Waldumbau und einen Fonds zur Beseitigung von Munitionsaltlasten, der mit jährlich 50 Millionen Euro ausgestattet werden sollte. Nur die Antragsteller stimmten für den Entschließungsantrag, die AfD und die Grünen enthielten sich, CDU/CSU, SPD und FDP lehnten ihn ab.
Im zweiten Entschließungsantrag (19/15443) verlangte Die Linke unter anderem, die Mittel für das Projekt „Schacht Konrad“ (Entsorgung nuklearer Abfälle) von 399,95 Millionen auf 60 Millionen Euro zu senken und die Zuweisung zum sogenannten Salzgitterfonds in Höhe von 700.000 Euro komplett zu streichen. Dagegen sollte der Titel „Zwischenlager“ von 415,7 Millionen Euro auf 430 Millionen Euro aufgestockt werden. Die Linke stimmte für ihren Entschließungsantrag, die Grünen enthielten sich, CDU/CSU, SPD, AfD und FDP lehnten ihn ab. (lbr/hau/vom/29.11.2019)