Der Bundestag hat am Freitag, 26. März 2021, nach einstündiger Aussprache zu mehreren Vorlagen zu Transparenzregelungen für Abgeordnete einen Antrag der Fraktion Die Linke (19/12) abgelehnt. Der Antrag zielte darauf ab, die Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages zu ändern (Anlage 1 der Geschäftsordnung). Dazu lag eine Beschlussempfehlung des Geschäftsordnungsausschusses vor (19/22782). In namentlicher Abstimmung votierten 382 Abgeordnete gegen den Antrag, 118 stimmten dafür, 67 enthielten sich.
Oppositionsinitiativen überwiesen
Erstmals beraten wurden Gesetzentwürfe der AfD (19/27850) und der FDP (19/27836) zur Änderung des Abgeordnetengesetzes sowie Anträge der AfD zur Anzeigepflicht von Optionen (19/27857) und von Bündnis 90/Die Grünen zur Transparenz, Nachvollziehbarkeit und Offenlegung (19/27872).
Alle vier Vorlagen werden im Geschäftsordnungsausschuss weiterberaten. Die Grünen hatten beantragt, über ihren Antrag direkt abstimmen zu lassen, konnten sich gegen die Mehrheit der Koalitionsfraktionen aber nicht durchsetzen.
CDU/CSU: Koalition wird Maßnahmenpaket vorlegen
In der Debatte kündigten unter dem Eindruck der aktuellen Masken- und Lobbyaffäre Redner von Union und SPD ein Maßnahmenpaket der Koalition an, das zeitnah in einen Gesetzentwurf umgesetzt werden solle. Patrick Schnieder (CDU/CSU) sagte, man habe sich mit der SPD darauf verständigt, dass künftig anzeigepflichtige Einkünfte aus Nebentätigkeiten und Unternehmensbeteiligungen betragsgenau auf Euro und Cent veröffentlicht müssen. Nicht angezeigt werden müssten Einkünfte unter 1.000 Euro im Monat beziehungsweise unter 3.000 Euro im Jahr.
Beteiligungen an Aktien- und sonstigen Gesellschaften sollten ab fünf Prozent angezeigt und veröffentlicht werden. Auch sollten Einkünfte aus anzeigepflichtigen Unternehmensbeteiligungen anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden, ebenso Aktienoptionen. Bezahlte Lobbytätigkeit von Abgeordneten gegenüber Bundesregierung und Bundestag solle verboten werden. Zudem sollten auch Honorare für Reden und Vorträge von Abgeordneten sowie die Entgegennahme von Geldspenden durch Parlamentarier verboten werden.
SPD: Nebeneinkünfte auf Heller und Cent offenlegen
Carsten Schneider (SPD) kündigte an, dass man dazu in der nächsten Sitzungswoche einen Gesetzentwurf vorlegen werde. Ab einer „kleinen Grenze“ von 1.000 Euro im Monat oder 3.000 Euro im Jahr werde künftig wie von der SPD gefordert „auf Heller und Cent“ offengelegt, woher Nebeneinkünfte kommen. Ferner wolle man ein Verbot von Lobbytätigkeiten der Abgeordneten neben ihrem Mandat und die Einstufung der Abgeordnetenbestechung als Verbrechen. Die vorgesehenen Maßnahmen führten hoffentlich dazu, so der SPD-Abgeordnete, dass Verfehlungen Einzelner „nicht auf das ganze Haus abfärben“.
AfD zeigt sich von Koalitionsabsichten „angetan“
Thomas Seitz (AfD) zeigte sich von den Ankündigungen der Koalition „angetan“. Er wolle das jedoch „erstmals schwarz auf weiß sehen“ und abwarten, ob nicht „nachher eine Regelung kommt, die mehr verdunkelt als erhellt“.
Anträge auf strengere Regeln seien in der Vergangenheit von der Regierungsbank „durch die Bank abgelehnt“ worden.
FDP: Es hat schwere Verfehlungen gegeben
Dr. Marco Buschmann (FDP) sagte, es habe schwere Verfehlungen gegeben, weshalb es gut sei, dies aufzubereiten. Mit Blick auf den Umgang mit Aktionenoptionen begrüßte er, dass es dabei Einigkeit gebe. In der Tat sei „die Option verführerischer als ein fixer Geldbetrag“.
Aber auch andere Finanzderivate lösten „Anreizmechanismen“ aus. Deshalb habe seine Fraktion einen Gesetzentwurf vorgelegt, „der nicht nur die Aktienoption regelt“.
Linke: CDU/CSU ist auffällig geworden
Jan Korte (Die Linke) beklagte, während Pflegekräfte, Ärzte und Kassiererinnen „sich krumm machen, jeden Tag“, und Menschen in Kurzarbeit seien, habe es einige Abgeordnete gegeben, „die sich die Taschen vollstopfen ohne Ende“. Dabei sei insbesondere die CDU/CSU auffällig geworden.
Die jetzt angekündigten Maßnahmen seien bereits seit Jahren vorgeschlagen worden, und es sei „immer wieder an Ihnen gescheitert“, fügte Korte an die Adresse der Union hinzu.
Grüne: Vertrauenskrise hat das ganze Parlament getroffen
Britta Haßelmann (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, durch die Korruption und Geschäftemacherei Einzelner sei eine tiefe Vertrauenskrise entstanden, die das ganze Parlament getroffen habe.
Sich als Abgeordneter mit Geschäftemacherei in der Corona-Krise persönlich zu bereichern, während so viele Menschen unter der Pandemie litten, sei „zutiefst unanständig“. Haßelmann warf zugleich der Unionsfraktion vor, sie habe ein „strukturelles Problem“.
Abgelehnter Antrag der Linken
Die Linke wollte mit ihrem Antrag (19/12) die Veröffentlichung von Nebeneinkünften der Abgeordneten transparenter gestalten. Interessenverflechtungen und wirtschaftliche Abhängigkeiten der Abgeordneten seien für die Öffentlichkeit von erheblichem Interesse, die Kenntnis darüber nicht nur für die Wahlentscheidung wichtig.
Sie sichere auch die Fähigkeit des Bundestages und seiner Mitglieder, unabhängig von verdeckter Beeinflussung durch zahlende Interessenten, das Volk als Ganzes zu vertreten und das Vertrauen der Bürger in diese Fähigkeit, letztlich in die parlamentarische Demokratie. Mit ihrem Antrag wollte die Fraktion die Geschäftsordnung des Bundestages ändern.
Neuer Gesetzentwurf der AfD
Die AfD-Fraktion will mit ihrem überwiesenen Gesetzentwurf zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (19/27850) die entgeltliche Lobbytätigkeit von Bundestagsabgeordneten ebenso verbieten wie Optionen als Entgelt für Nebentätigkeiten von Parlamentariern. Zugleich zielt die Vorlage auf eine Reform der Transparenzregeln des Parlaments.
Danach soll Abgeordneten die entgeltliche Interessenvertretung für Dritte untersagt werden, um zu verhindern, dass sie ihr parlamentarisches Mandat zum privaten Nutzen missbrauchen. Zudem sieht der Entwurf ein Verbot für Abgeordnete vor, Optionen auf den Erwerb von Unternehmensanteilen als Entgelt für Nebentätigkeiten anzunehmen. Des Weiteren soll der Bundestag ermächtigt werden, die Verhaltensregeln für Mitglieder des Parlaments dahingehend zu ändern, dass Abgeordnete verpflichtet werden können, ihre entgeltliche Lobbytätigkeiten und ihre Optionsverträge anzuzeigen. Die Bundestagsverwaltung soll diese Daten laut Vorlage veröffentlichen können.
Neuer Antrag der AfD
Mit einer Änderung der „Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages“ sollen die Abgeordneten nach dem Willen der AfD-Fraktion verpflichtet werden, dem Bundestagspräsidenten schriftlich anzuzeigen, „welche entgeltliche Interessenvertretung (Lobbytätigkeit) sie vorgenommen haben, insbesondere gegenüber Bundesministerien oder anderen Behörden“. Dies geht aus ihrem überiesenen Antrag (19/27857) hervor.
Danach sollen die Parlamentarier zudem verpflichtet werden, anzuzeigen, welche Optionen auf den Erwerb von Unternehmensanteilen, insbesondere von Aktienoptionen, oder anderen Vermögenswerten sie innehaben. Die Bundestagsverwaltung soll dem Antrag zufolge die von den Abgeordneten angezeigten Daten veröffentlichen.
Neuer Gesetzentwurf der FDP
Auch die FDP will mit ihrem überwiesenen Gesetzentwurf (19/27836) das Abgeordnetengesetz ändern. Aktienoptionen und vergleichbare vermögenswerte Vorteile für Abgeordnete sollen anzeigepflichtig gemacht werden sollen.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass Abgeordnete künftig alle vermögenswerten Vorteile, die sie als Gegenleistung oder im Zusammenhang mit einer Nebentätigkeit erhalten, unabhängig davon anzeigen müssen, ob sich der Vermögenswert „bereits konkret und gegenständlich im Vermögen realisiert hat“. Damit müssten sie von nun an auch Aktienoptionen und „Future- und Forward-Kontrakte“ veröffentlichen, heißt es in dem Gesetzentwurf.
Neuer Antrag der Grünen
Die Grünen dringen mit ihrem überwiesenen Antrag (19/27872) auf ein Verbot entgeltlicher Lobbytätigkeit von Abgeordneten sowie auf eine Anzeige- und Veröffentlichungspflicht für die Zuwendung von Aktienoptionen als Nebeneinkünfte der Parlamentarier. Die Fraktion fordert zudem die Absenkung der Schwelle für die Anzeige- und Veröffentlichungspflicht bei Unternehmensbeteiligungen von Abgeordneten sowie die Offenlegung der hieraus erzielten Einkünfte. Zugleich strebt sie eine verpflichtende Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten „auf Euro und Cent“ an sowie eine „Neufassung des derzeit weitgehend wirkungslosen Straftatbestands der Abgeordnetenbestechung“.
Darüber hinaus macht sich die Fraktion in dem Antrag für ein Verbot von Spenden an Abgeordnete stark, die Mitglied einer Partei sind. Daneben spricht sie sich für eine Beschränkung von Spenden an Parteien auf natürliche Personen mit einer jährlichen Obergrenze von 100.000 Euro pro Person aus.
Gefordert wird in dem Antrag auch die Einführung eines verbindlichen gesetzlichen Lobbyregisters, das Einflussnahmen von Interessenvertretern auf die Bundesregierung bis hin zu Fachreferaten in den Ministerien und auf den Bundestag offenlegt und keine Ausnahmen für relevante Akteure vorsieht. Ferner zielt der Antrag unter anderem auf die Einführung eines „legislativen Fußabdrucks“, der sowohl für Gesetzentwürfe aus den Bundesministerien als auch „aus der Mitte des Parlaments“ offenlegt, inwieweit Interessenvertreter ihre Positionen während der Erarbeitung des Gesetzentwurfs eingebracht haben.
Abgesetzt: Gesetzentwurf und Antrag der Linken
Von der Tagesordnung abgesetzt hat der Bundestag die abschließende Beratung eines Gesetzentwurfs der Linken zur Änderung des Abgeordnetengesetzes (19/25354) sowie eines Antrags der Linken (19/25348), die Verhaltensregeln für Bundestagsabgeordnete in der Anlage 1 der Geschäftsordnung zu ändern. (sto/26.03.2021)