Der Bundestag hat am Freitag, 7. Mai 2021, nach halbstündiger Aussprache den Entwurf der Bundesregierung für ein Baulandmobilisierungsgesetz (19/24838, 19/26023) in der vom Bauausschuss geänderten Fassung (19/29396) beschlossen. Die Koalitionsfraktionen stimmten dafür, die Oppositionsfraktionen dagegen.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Auf schnelleres Aktivieren von Bauland und mehr bezahlbarer Wohnraum zielt die Bundesregierung mit dem Baulandmobilisierungsgesetz. Im Kern setzt sie damit Beschlüsse der Baulandkommission um und stärkt die Handlungsmöglichkeiten für Gemeinden und Städte. So würden die Vorkaufsrechte für Kommunen gestärkt, heißt es in dem Entwurf.
Künftig kann eine Kommune dieses Recht geltend machen, wenn „auf einem zu veräußernden Grundstück ein Missstand besteht“. Außerdem wird ein neues Vorkaufsrecht für un- beziehungsweise geringfügig bebaute und brachliegende Grundstücke in Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt eingeführt. Darüber hinaus wird es in Bebauungsplänen möglich sein, Flächen für den sozialen Wohnungsbau festzulegen. Diese Regelung wurde bis Ende 2024 befristet werden, um dann zu überprüfen, ob sie wirkt.
Die vom Bauausschuss beschlossenen Änderungen zum Regierungsentwurf betreffen vor allem die Handlungsmöglichkeiten von Kommunen auf angespannten Wohnungsmärkten. Einige Schlupflöcher beim umstrittenen Umwandlungsverbot sind gestopft worden, außerdem können sich die Länder wohnungspolitisch positionieren: Ausnahmen kann es für Häuser mit drei bis 15 Wohnungen geben – wo sie sich in dieser Spanne verorten, können die Länder selbst entscheiden. Auf diese Weise sollen Kleineigentümer geschützt werden.
Entschließung verabschiedet
Der Bundestag beschloss auf Empfehlung des Bauausschusses eine Entschließung zum Baulandmobilisierungsgesetz, die gegen die Stimmen der AfD und der FDP angenommen wurde. Darin wird die Bundesregierung unter anderem aufgefordert, im Rahmen der Innenstadt-Strategie zur Bewältigung der durch die Covid-19-Pandemie in den Kommunen entstandenen Problemlagen ein besonderes Augenmerk auf den Erhalt und die Rückgewinnung einer urbanen Nutzungsvielfalt zu legen. Damit sollten Städte multifunktionale Orte für Wohnen, Arbeiten und Erholung, Begegnung, Bildung, Betreuung, Sport, medizinische Versorgung, Kultur und Veranstaltungen, Logistik, Gastgewerbe und Einzelhandel bleiben.
Auch soll die öffentliche Aufmerksamkeit für die Chancen einer nachhaltigen und nutzungsgemischten Stadtentwicklung unter Einbezug der Clubs geschärft werden. Der Bundestag fordert ferner, die Mittel der Programme der gemeinsamen Städtebauförderung von Bund und Ländern auch für innovative Maßnahmen zur Rückgewinnung der urbanen Nutzungsvielfalt zu nutzen. Er hält es für erforderlich, dass sich die Kommunen auch mit den Anforderungen von Clubs auseinandersetzen. Dabei könnten die Gemeinden bei der Festlegung der Umnutzung von Gebäuden auch die Nutzung durch Clubs prüfen. Verlangt wird zudem, dass sich die Bundesregierung dafür einsetzt, dass die Kommunen von den bauplanungsrechtlichen Möglichkeiten zur Unterstützung und Standortsicherung der Clubs Gebrauch machen.
Änderungsanträge von FDP und Grünen
In namentlicher Abstimmung hatte der Bundestag zuvor in zweiter Lesung einen Änderungsantrag von Bündnis 90/Die Grünen (19/29409) zu dem Regierungsentwurf abgelehnt. 114 Abgeordnete stimmten für den Änderungsantrag, 431 dagegen, es gab 66 Enthaltungen. Ein Änderungsantrag der FDP-Fraktion (19/29408) wurde mit den Stimmen aller übrigen Fraktionen abgelehnt.
Die FDP sprach sich in ihrem Änderungsantrag (19/29408) gegen einen Genehmigungsvorbehalt für die Teilung von Wohnraum aus. Ein „Umwandlungsverbot“ erfülle den Zweck des Mieterschutzes nur bedingt, hieß es.
Die Grünen wollten den Paragrafen 13b des Baugesetzbuches streichen. Mit diesem Paragrafen werde für die Bebauung von Außenbereichsflächen das „beschleunigte Verfahren“ eröffnet. Darauf sollte im Interesse des Umweltschutzes und der Öffentlichkeitsbeteiligung an der Planung verzichtet werden, hieß es in dem Änderungsantrag (19/29409).
Entschließungsanträge von drei Fraktionen
Keine Mehrheit fanden zudem Entschließungsanträge der FDP (19/29410), der Linken (19/29411) und der Grünen (19/29412). Die FDP-Initiative wurde bei Enthaltung der Linken von CDU/CSU, SPD, AfD und Grünen abgelehnt. Die Vorlage der Linken wurde auch von den Grünen unterstützt, während die übrigen Fraktionen dagegen votierten. Umgekehrt unterstützte Die Linke den Entschließungsantrag der Grünen bei Ablehnung durch die übrigen Fraktionen.
Die FDP forderte in ihrem abgelehnten Entschließungsantrag (19/29410) unter anderem, in Gebieten mit Bebauungsplänen eine dauerhafte Befreiung von den Grundzügen der Planung vom Maß der baulichen Nutzung zum Zweck des Dachausbaus oder der Aufstockung um ein Stockwerk vorzusehen.
Die Linke verlangte in ihrem Entschließungsantrag (19/29411) unter anderem, die Instrumente der Erhaltungssatzung nach Paragraf 172 des Baugesetzbuchs auf die wohnortnahe, gewerbliche, kulturelle und soziale Infrastruktur auszuweiten, sodass diese Instrumente auch für den Erhalt von Kleingewerbe, Handwerk, Kulturstätten und Sozialeinrichtungen genutzt werden können.
Die Grünen wollten mit ihrem Entschließungsantrag (19/29412) unter anderem den Status der Flächennutzungsplanung als vorbereitende Bauleitplanung durch integrierte Stadtentwicklungskonzepte stärken.
Anträge von drei Oppositionsfraktionen abgelehnt
Der Bundestag lehnte darüber hinaus acht Anträge der Oppositionsfraktionen ab. Die beiden abgelehnten Anträge der FDP-Fraktion tragen die Titel „Die Blackbox-Clubszene – Kreativ und wirtschaftlich“ (19/16833) und „Mehr, schneller und günstiger bauen für bezahlbare Mieten und Eigenheime“ (19/26190). Dem ersten Antrag stimmte nur die FDP zu, die Grünen enthielten sich. Den zweiten FDP-Antrag lehnten alle übrigen Fraktionen ab.
Von der Linksfraktion stammten drei abgelehnte Anträge: „Clubsterben stoppen“ (19/14156), „Bauland in Gemeinschaftshand – Bodenpreissteigerungen bekämpfen“ (19/16043) und „Ausverkauf der Städte stoppen – Vorkaufsrecht stärken, Umwandlungen verbieten“ (19/22594). Dem ersten stimmten neben der Linken auch die Grünen zu, die übrigen Fraktionen lehnten ihn ab. Beim zweiten und dritten enthielten sich die Grünen, beim dritten stimmte die FDP mit der Linken dafür.
Die Anträge mit den Titeln „Clubkultur erhalten – Clubs als Kulturorte anerkennen“ (19/15121), „Spekulation den Boden entziehen, soziale Mischung erhalten und Baurecht nachhaltig ausrichten“ (19/16047) und „Klimaresilienz der Städte durch mehr Natur und Freiräume erhöhen“ (19/21531) kamen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Dem ersten und dritten stimmte neben den Grünen auch die Linksfraktion zu, beim zweiten enthielt sich die Linke. Die übrigen Fraktionen mit Ausnahme der Antragsteller stimmten jeweils dagegen. Zur Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Bauausschusses vor (19/29396).
Erster Antrag der FDP
Die FDP-Fraktion sorgte sich in ihrem ersten abgelehnten Antrag (19/16833) um die Clubkultur. Die Abgeordneten forderten die Bundesregierung auf, die Szene mit einem Maßnahmenbündel zu unterstützen. So sollte deren wirtschaftliche Bedeutung als Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Selbstständige gewürdigt werden – etwa mit Erleichterungen bei der Bürokratie und Vereinfachungen bei Steuerregelungen.
Des Weiteren sei zu prüfen, ob Clubs als baukulturelles Erbe angesehen werden können, erklärten die Abgeordneten. In der Baunutzungsverordnung sollten Clubs als „Anlagen für kulturelle und sportliche Zwecke“ neu eingeordnet werden. Lärmrichtwerte sollten gegebenenfalls angepasst werden.
Zweiter Antrag der FDP
Vorschläge für einen Weg hin zu mehr bezahlbarem Wohnraum in Städten enthielt der zweite abgelehnte Antrag der Liberalen (19/26190). Die Abgeordneten plädierten darin für ein Maßnahmenbündel, das auf weniger Regulierung abzielt als von der Bundesregierung vorgesehen. Zudem sollten die städtischen Innen- vor der Außenentwicklung gestärkt und damit der Flächenverbrauch reduziert werden.
Von der Bundesregierung forderten die Abgeordneten ein neues Baulandmobilisierungsgesetz, das die Eingriffsmöglichkeiten von Kommunen erschwert und Umnutzungen von Flächen erleichtert. Gefördert werden sollte auch der Dachausbau.
Erster Antrag der Linken
Die Fraktion Die Linke hatte sich in ihrem ersten abgelehnten Antrag (19/14156) dem Erhalt von Clubs verschrieben. Clubs seien Räume kultureller Vielfalt und verdienten besonderen Schutz, erklärten die Abgeordneten. Wegen steigender Miet- oder Pachtgebühren, der Nicht-Verlängerung von Verträgen und dem Verkauf von Grundstücken müssten allerdings immer mehr Clubs in Deutschland schließen. Daher sollten Clubs als kulturelle Einrichtungen anerkannt und rechtlich Konzertsälen, Opern und Theatern gleichgestellt werden.
In der Baunutzungsverordnung sollten sie als Anlagen für kulturelle und soziale Zwecke behandelt werden und nicht als Vergnügungsstätten.
Zweiter Antrag der Linken
Die Linksfraktion forderte in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/16043) auch eine neue Bodenpolitik. Die Bundesregierung sollte per Gesetz einen Privatisierungsstopp für bundeseigene Grundstücke verhängen und landeseigene, kommunale und gemeinwohlorientierte Träger bei der Vergabe von bundeseigenen Grundstücken bevorzugen, erklärten die Abgeordneten. An Private dürften bundeseigene Grundstücke nur noch im Erbbaurecht gehen.
Darüber hinaus plädierten die Abgeordneten für die Auflage eines Bundesbodenfonds und für ein Bodenankaufprogramm, in das jährlich eine Milliarde Euro aus Haushaltsmitteln fließen sollen. Das Baugesetzbuch sollte nach den Vorstellungen der Linksfraktion zugunsten des kommunalen Vorkaufsrechts geändert werden.
Dritter Antrag der Linken
Vor dem Hintergrund steigender Baulandpreise wollte die Linksfraktion in ihrem dritten abgelehnten Antrag (19/22594) ein weitgreifendes Umwandlungsverbot und ein umfassenderes Vorkaufsrecht für Kommunen erreichen. Es gehe darum, den „Ausverkauf der Städte“ zu stoppen, schrieben die Abgeordneten.
Konkret sollte das kommunale Vorkaufsrecht auf alle Grundstücke im gesamten Gemeindegebiet ausgeweitet und so reformiert werden, dass es innerhalb einer Frist von sechs Monaten preislimitiert zu einem sozialverträglichen Ertragswert angewendet werden kann und auf Eigentumswohnungen, Erbbaurechte sowie bei Verkäufen von Immobilienanteilen mittel Share Deals ausgedehnt wird.
Erster Antrag der Grünen
Auch die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen wollte in ihrem ersten abgelehnten Antrag (19/15121) Clubs vor Verdrängung schützen. Clubs und Livemusikspielstätten sollten in der Baunutzungsverordnung kulturellen Einrichtungen wie Opern, Theatern und Programmkinos gleichgestellt werden.
Ein Schallschutzfonds des Bundes oder Mittel aus der Städtebauförderung könne Clubs beim Optimieren ihres Schallschutzes unterstützen, so die Abgeordneten weiter. Bei der anstehenden Novelle des Baugesetzbuches biete es sich an, Kulturerhaltungsgebiete als mögliche Kategorie einzuführen.
Zweiter Antrag der Grünen
Die Grünen hatten in ihrem zweiten abgelehnten Antrag (19/16047) einen Maßnahmenkatalog für eine neue Bodenpolitik vorgelegt. Sie forderten die Bundesregierung auf, ungenutztes Bauland zu aktivieren und die Spekulation mit Bauland zu unterbinden. Sie schlugen etwa gesetzliche Erleichterungen für Kommunen vor, damit diese Lücken im Innenbereich ihrer Orte leichter und schneller bebauen lassen können.
Spekulationen könnten erschwert werden, wenn Kommunen leichter Flächen kaufen und Gebiete nach Konzeptvergaben oder in Erbbaurecht vergeben könnten. Darüber hinaus führten die Abgeordneten weitere Möglichkeiten im Baurecht aus mit dem Ziel der unkomplizierteren Verdichtung.
Dritter Antrag der Grünen
Angesichts des Klimawandels wollten die Grünen mit ihrem dritten abgelehnten Antrag (19/21531) den Freiflächenanteil in Städten und Gemeinden erhöhen. Konzepte wie Stadtgrün und Stadtnatur müssten gestärkt werden, es sollten schneller und unkomplizierter Flächen für Urban Gardening und Permakultur bereitgestellt und die Dach- und Fassadenbegrünung unterstützt werden, forderten die Abgeordneten. Dazu schlugen sie ein Förderprogramm in Höhe von 800 Millionen Euro vor, das innerhalb der Städtebauförderung verankert werden sollte.
Weiter sollte nach den Vorstellungen der Fraktion das Bauplanungs- und Naturschutzrecht so angepasst werden, dass Grünflächen gesichert werden und bei Bauvorhaben keinen qualitativen Verlust erfahren. Darüber hinaus plädierten die Abgeordneten für zahlreiche detaillierte Gesetzesänderungen, um die Städte mit mehr Frei- und Grünflächen klimaresilienter zu machen. „Die Klimakrise erfordert, dass wir unsere Städte neu denken müssen“, hieß es zur Begründung. (pez/hau/07.05.2021)