Der Bundestag hat am Freitag, 20. Mai 2022, einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion gegen den vollständigen Förderstopp für energieeffiziente Gebäude- und Bestandssanierungen abgelehnt. Ein dazu vorgelegter Entschließungsantrag zur Regierungserklärung von Bundeswirtschaftsminister Dr. Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) vom 28. Januar 2022 (20/524) wurde in namentlicher Abstimmung mit 468 Stimmen gegen 166 Stimmen bei zwei Enthaltungen zurückgewiesen.
Der Entscheidung lag eine Beschlussempfehlung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (20/1835) und und ein Bericht des Haushaltsausschusses gemäß Paragraf 96 der Geschäftsordnung des Bundestages (20/1848) zugrunde. Darüber hinaus haben die Abgeordneten erstmals einen von der Unionsfraktion vorgelegten Antrag mit dem Titel „Den Traum von den eigenen vier Wänden ermöglichen“ (20/1855) beraten. Die Vorlage wurde nach der Debatte zur weiteren Beratung an die Ausschüsse überwiesen.
CDU/CSU beklagt Förderchaos
Der baupolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Dr. Jan-Marco Luczak, verwies darauf, dass mit den derzeit steigenden Kaufpreisen auch die Grunderwerbsteuer steige. „Diese Nebenkosten kriegen Sie nicht finanziert“, dafür bräuchten Bauwillige Eigenkapital, und das sei bei jungen Familien oft nicht ausreichend vorhanden. Deshalb solle der Bundesgesetzgeber es den Ländern, welche die Grunderwerbsteuer erheben, ermöglichen, die vorgeschlagenen Freibeträge einzuräumen.
An der bisherigen Eigenheimförderung der Ampelkoalition ließ Luczak kaum ein gutes Haar. Positive Ansätze im Koalitionsvertrag seien im Haushalt nicht mit Geld hinterlegt. Ein „Förderchaos“ bei der staatlichen KfW-Bank habe viele Träume vom Eigenheim platzen lassen, und auch beim Baukindergeld drohten viele Bauwillige leer auszugehen, weil nicht genug Geld bereitgestellt sei. Die Folge für die Bauwirtschaft sei „Attentismus, weil keiner weiß, wie es weitergeht“.
Bauministerin Geywitz erläutert Pläne
Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) bedankte sich für den Antrag, da er Gelegenheit gebe, über wichtige Vorhaben zu sprechen. Es sei nicht ökologisch sinnvoll, dass jede Generation für sich neu baue, statt vorhandene Gebäude weiter zu nutzen. Im Bestand gebe es einen „Riesen Sanierungsstau“. Die Koalition wolle daher das Programm „Jung kauft Alt“ ausbauen sowie einen Schwerpunkt auf Sanierungsförderung legen. Noch in diesem Jahr sollten die Gesetze dazu verabschiedet werden.
Zur Grunderwerbsteuer verwies Geywitz darauf, dass Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gerade Gespräche mit den Ländern über differenzierte Steuersätze führe. Im Übrigen lade sie alle ein, auf die Länder zuzugehen, damit das Baugewerbe von Bürokratie entlastet wird.
AfD wirft Union Scheinheiligkeit vor
Marc Bernhard (AfD) beklagte, das Platzen der KfW-Förderung habe vielen Familien den Traum vom Eigenheim ruiniert. Manche hätten Zehntausende in die Planung investiert, aber könnten sich nun ihre vier Wände nicht mehr leisten. Viele der jetzigen Probleme habe die Union in der letzten Regierung mitverursacht. Bernhard warf ihr deshalb angesichts ihrer Anträge „Scheinheiligkeit“ vor.
Auch die Grunderwerbsteuer habe die Union unter Bundeskanzler Dr. Helmut Kohl (CDU) und Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (CDU) „immer weiter in die Höhe getrieben“, stellte Bernhard fest. Die höchsten Steuersätze mit 6,5 Prozent gebe es heute in den CDU-regierten Ländern Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein. Die CDU sei „das größte Hindernis für den Traum von den eigenen vier Wänden“.
Grüne betonen Ziel Klimaneutralität
Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen betonte Dr. Sandra Detzer, dass seit dem 20. April wieder Anträge auf KfW-40-Förderung gestellt werden könnten. Das im Januar nach nur drei Stunden ausgeschöpfte Förderprogramm sei noch von der alten Regierung nicht mit ausreichend Mitteln hinterlegt worden. Nun sei es weiterentwickelt worden, und jetzt könnten auch Anträge gestellt werden, die Kriterien des nachhaltigen Bauens erfüllen. Man müsse mit der staatlichen Finanzierung „da reingehen, wo die wertvollen Steuer-Euros auch den größten Effekt haben“.
Kassem Taher Saleh (Bündnis 90/Die Grünen) warf der Union vor, sie fordere in ihrem Antrag „Vieles, das wir bereits angepackt haben“.
FDP räumt Fehler ein
„Wir wollen Deutschland zu einer Eigentümer-Nation machen“, umriss Daniel Föst (FDP) das Ziel seiner Partei. Die Wohneigentumsquote in Deutschland sei zuletzt sogar gesunken, beklagte er und fragte die Union, was sie in den letzten Jahren gehindert habe, die KfW-Förderung auszubauen oder die Grunderwerbsteuer zu senken. „Wir kriegen das mit der SPD hin“, kündigte er an.
Föst räumte ein, dass die neue Regierung „bei der KfW-Förderung tatsächlich in den ersten Monaten nicht optimal reagiert“ habe. Nun aber sei ein neues Programm zur Eigenheimförderung in Arbeit, welches „das Land voran“ bringe. Auch eine Lösung für die „große Hürde Eigenkapital“ werde dazu gehören.
SPD: Kleine entlasten, Große belasten
Bernhard Daldrup (SPD) wies darauf hin, dass eine Umsetzung des Unions-Vorschlags zur Grunderwerbsteuer acht Milliarden Euro weniger Einnahmen für die Länder bedeuten würde. Seine Fraktion wolle daher, dass nicht nur kleine Immobilienkäufer entlastet, sondern im Gegenzug auch große belastet würden. Dazu wolle man gegen Share Deals vorgehen, die es großen Investoren bisher ermöglichen, die Grunderwerbsteuer zu umgehen.
Im Übrigen, führte Daldrup aus, wolle sich seine Partei „um Alle kümmern, damit sie bezahlbaren Wohnraum kriegen“, nicht nur um Eigentümer. Unter anderem sei deshalb geplant, den Ankauf von Genossenschafts-Anteilen zu fördern.
Linke fordert Entlastung von Mieter
Christian Leye (Die Linke) verwies darauf, dass bei dem im Januar gestoppten Förderprogramm 75 Prozent der nicht mehr bearbeiteten Anträge nicht von individuellen Bauherren, sondern von Unternehmen gestellt worden seien. Angesichts dessen sei es seltsam, dass die Union „jetzt den Rächer der Arbeiterklasse spielt“.
Was die Mehrheit der Menschen tatsächlich bewege, sei die Inflation und die „Angst vor der nächsten Heizkosten-Abrechnung“. Leye forderte deshalb eine staatliche Kontrolle von Energiepreisen.
Entschließungsantrag der CDU/CSU
Wirtschaftsminister Habeck hatte am 28. Januar 2022 seine Regierungserklärung unter der Überschrift „Für eine sozial-ökologische Marktwirtschaft – Transformation innovativ gestalten“ mit der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichts 2022 (20/520) verbunden. Die Unionsfraktion fordert die Bundesregierung in ihrem Entschließungsantrag auf, den am 24. Januar 2022 verfügten vollständigen Förderstopp für energieeffiziente Gebäude- und Bestandssanierungen mit sofortiger Wirkung rückgängig zu machen. Bereits gestellte Förderanträge seien schnell zu bearbeiten und beim Vorliegen der Voraussetzungen zu bewilligen.
Ebenso müsse die Regierung Planungssicherheit für Bürgerinnen und Bürger, Kommunen und die Immobilienwirtschaft schaffen, indem eine solide, tragfähige und nachhaltige Folgelösung für die Förderung energieeffizienter Gebäude geschaffen werden soll. Schließlich müsse sie auch ein umfassendes Programm für klimaeffizientes Bauen auflegen, das Anreize und Ambition verbindet.
Antrag der CDU/CSU
Nach dem Willen der Unionsfraktion soll die Bundesregierung den energieeffizienten Neubau stärker fördern und es den Ländern ermöglichen, beim Ersterwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer von 250.000 EUR pro Erwachsenen und 150.000 EUR pro Kind einzuführen. In ihrem Antrag (20/1855) spricht sich die Fraktion auch dafür aus, die Bereitstellung des Baukindergeldes für bereits genehmigte Bauvorhaben sicherzustellen, „um Familien nicht eine wesentliche Grundlage der Finanzierung ihres Wohneigentums zu entziehen“. Außerdem soll die Bundesregierung den erstmaligen Erwerb selbstgenutzter Immobilien insbesondere für Familien mit geringen und mittleren Einkommen fördern. Hierzu sollen das KfW-Wohneigentumsprogramm ausgeweitet und staatlich abgesicherte Mietkaufmodelle entwickelt werden. Diese sollen Kriterien wie die Anzahl der Kinder, Einkommensverhältnisse sowie Gestaltungsmerkmale wie flexible Grundrisse und Quadratmeterverbrauch pro Kopf berücksichtigen.
Die Unionsfraktion kritisiert, dass die Bundesregierung am 24. Januar 2022 „vorzeitig und ohne Vorwarnung“ die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) gestoppt habe. Sie entziehe so Bauherren – Familien, Kommunen und Unternehmen – die Finanzierungsgrundlage. Das Angebot, die KfW-Förderung nur für den Standard EH40 mit halbierten Fördersätzen, befristet und in der Höhe gedeckelt, wiederzubeleben, sei nach wenigen Stunden ausgeschöpft gewesen. „Das selbstgesteckte Ziel von 1,6 Millionen neuen Wohnungen in dieser Legislaturperiode rückt so in weite Ferne“, urteilen die Abgeordneten. Zudem konterkariere die Bundesregierung so die gesamtgesellschaftlichen Ziele für Klimaschutz, den Neubau bezahlbaren Wohnraums und die Eigentumsbildung auch für Menschen mit geringen und mittleren Einkommen. (pst/vom/irs/joh/20.05.2022)