Der Bundestag hat am Freitag, 3. Juni 2022, in dritter Lesung das Haushaltsgesetz 2022 (20/1000, 20/1002) einschließlich des Ergänzungshaushalts (20/1200, 20/1201) angenommen. In namentlicher Abstimmung votierten 403 Abgeordnete für den Haushalt, 285 Abgeordnete haben dagegen gestimmt und ein Parlamentarier hat sich enthalten. Der Abstimmung lagen Beschlussempfehlungen des Haushaltsausschusses zugrunde (20/1602, 20/1604, 20/1605, 20/1606, 20/1607, 20/1608, 20/1609, 20/1610, 20/1611, 20/1612, 20/1614, 20/1615, 20/1616, 20/1621, 20/1623, 20/1624, 20/1625, 20/1626, 20/1627, 20/1628).
CDU/CSU: Das ist kein Haushalt, das ist ein Schuldenberg
Zum Abschluss der Beratungen zum Bundeshaushalt 2022 haben sich Vertreterinnen und Vertreter von Koalition und Oppositionen einen finalen Schlagabtausch über die Etat-Planung für das laufende Jahr geliefert. Alexander Dobrindt (CDU/CSU) übte scharfe Kritik am Haushalt der Ampel-Koalition. „Das ist kein Haushalt, das ist ein Schuldenberg.“ Insgesamt mache die Koalition in diesem Jahr 300 Milliarden Euro Schulden, sagte Dobrindt mit Verweis auf den laufenden Haushalt, den Nachtragshaushalt 2021, der im Januar beschlossen worden war, sowie das Sondervermögen für die Bundeswehr.
Er stellte in Abrede, dass es Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) gelingen werde, ab dem Haushalt 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Jede Ministerin und jeder Minister der Regierung habe neue zusätzliche Ausgaben angekündigt, sagte der Christsoziale. „Sie arbeiten mit den Schulden der kommenden Generationen.“
FDP: Koalition ist in schwierigen Zeiten handlungsfähig
Karsten Klein (FDP) sagte hingegen, der Koalition sei es gelungen, in dem ursprünglich noch von der alten Regierung vorgelegten Haushaltsentwurf ein „zartes Pflänzchen des Aufbruchs und Fortschritts einzupflanzen“. Dabei bilde der Haushalt zugleich „zwei enorm herausfordernde Krisen“ ab. Das sei ein Kraftakt gewesen, sagte Klein.
Die Koalition mache deutlich, dass sie in schwierigen Zeiten handlungsfähig sei und die „Weichen in Richtung Zukunft“ stelle. Mit Blick auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen forderte der Liberale einen „Strategiewechsel“.
AfD: Großteil der Preissteigerung ist die Schuld der Politik
Peter Boehringer (AfD) kritisierte in seinem Beitrag eingangs die im Haushalt vorgesehene Finanzierung für die parteinahen Stiftungen. Diese umfasst nicht die parteinahe Stiftung der AfD. Man lege es auf eine Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht an, kritisierte Boehringer, habe sich die Legislative doch zur Judikative aufgeschwungen.
Der AfD-Abgeordnete kritisierte zudem, dass die „Megaverschuldung“ zu weiterer Inflation führe. Der „Großteil der Preissteigerung ist die Schuld der Politik“ und nicht Folge des Krieges in der Ukraine, sagte Boehringer. Dadurch steuere man auf eine „soziale Katastrophe“ zu.
SPD: Fachkräftemangel größte Gefahr für die Wirtschaft
Bettina Hagedorn (SPD) warf ihrem Vorredner Dobrindt vor, sich nicht entscheiden zu können, ob die Union nun den „Schuldenberg“ kritisieren oder doch durch eigene Forderungen mehr Schulden machen wolle.
Hagedorn verwies auf die positiven Folgen der vom Bundestag vorher beschlossenen Erhöhung des Mindestlohes für Frauen. Sie warb zudem für geregelte Zuwanderung. Damit müsse die „größte Gefahr für eine prosperierende Wirtschaft“, der Fachkräftemangel, in den Griff bekommen werden.
Linke fordert eine „Steuerwende“
Dr. Gesine Lötzsch (Die Linke) warf Grünen und SPD vor, Wahlversprechen der sozialen Gerechtigkeit bisher nicht eingelöst zu haben beziehungsweise im Falle der Vermögenssteuer kassiert zu haben. Zudem fragte sie, wie die sozialpolitischen Vorhaben der Koalition finanziert werden sollen, wenn ab 2023 wieder die Schuldenbremse greifen solle. „Die Antwort darauf sind Sie schuldig geblieben“, warf sie der Koalition vor.
Lötzsch forderte eine „Steuerwende“ und einen „Schutzschirm für Menschen, die kein Geld mit Krieg und Krisen verdienen“.
Grüne thematisieren Bund-Länder-Finanzbeziehungen
Dr. Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) betonte mit Blick auf die Ereignisse seit Abschluss des Koalitionsvertrages, dass die Politik der Bundesregierung ein Update benötige. Der vorliegende Haushalt sei ein Bestandteil dieses Updates. Angesichts sich „akkumulierender Krisen“ könne mit Zukunftsinvestitionen nicht mehr auf Erholungsphasen gewartet werden, sagte Piechotta.
Die Grünen-Abgeordnete ging ebenfalls auf die Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein und fragte, ob die Lastenteilung noch im Lot sei. Es stehe ein „Berg an Aufgaben“ an und es benötige die „gesamte Kraft des Landes“ und nicht nur die „42 Prozent Steuerkraft des Bundes“.
Minister: Mit Eckwerten der Vorgänger „mehr Qualität“ erreicht
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wies die Kritik von Seiten der Union zurück. Mit dem zweiten Regierungsentwurf sei es der Koalition gelungen, innerhalb der Eckwerte der Vorgängerregierung „mehr Qualität“ zu erreichen. Der Ergänzungshaushalt beinhalte notwendige Maßnahme zur Unterstützung der Ukraine, Hilfen für die Wirtschaft sowie Entlastungen für Bürgerinnen und Bürger.
Mit dem Sondervermögen werde der von der Union mitverantwortete Zustand der Bundeswehr angegangen, sagte Lindner weiter. „Sie wollen in der Haushaltspolitik Schäuble sein“, sagte der Finanzminister, aber in der Realität gehe die Union mit dem Geld der Menschen um „wie der Jongleur auf der Strandpromenade von Sylt“.
Ausgaben von knapp 496 Milliarden Euro
Danach sind in diesem Jahr Ausgaben in Höhe von 495,8 Milliarden Euro vorgesehen. Der Ende April von der Bundesregierung vorgelegte Ergänzungshaushalt (20/1200) umfasste noch Ausgaben in Höhe von 483,9 Milliarden Euro. Der im März eingebrachte Regierungsentwurf (20/1000) taxierte die Ausgaben auf 457,6 Milliarden Euro. 2021 hatte der Bund 556,6 Milliarden Euro ausgegeben (Soll 2021: 572,7 Milliarden Euro).
Die geplanten Ausgaben übersteigen die Steuer- und sonstigen Einnahmen deutlich. Zum Ausgleich ist – wie im Ergänzungshaushalt – eine Nettokreditaufnahme von 138,9 Milliarden Euro avisiert. Im ursprünglichen Regierungsentwurf hatte die Bundesregierung mit 99,7 Milliarden Euro gerechnet. Im Anschluss an die Schlussabstimmung wird über Entschließungsanträge der Fraktionen zum Haushaltsgesetz abgestimmt.
Entschließungsanträge der Opposition
Zuvor haben die Abgeordneten mehrere Entschließungsanträge der Oppositionsfraktionen zum Haushaltsgesetz 2022 insgesamt oder zu Einzelplänen abgelehnt. Zum Haushaltsgesetz 2022 insgesamt haben Linke (20/2067), Union (20/2063) und AfD (20/2066, 20/2064, 20/2065) Vorlagen eingebracht.
Letztere hat zudem Entschließungsanträge zum Einzelplan 12 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (20/2040) sowie zum Einzelplan 09 zum Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (20/2062) zur Abstimmung vorgelegt. (vom/scr/irs/03.06.2022)