Die Unionsfraktion ist mit ihrem Antrag zur Lieferung des Marschflugkörpers Taurus an die Ukraine gescheitert. In namentlicher Abstimmung wandten sich am Donnerstag, 14. März 2024, 494 Abgeordnete gegen ihren Antrag (20/9143), 188 Abgeordnete stimmten dafür, es gab fünf Enthaltungen. Die Abstimmung zugrunde lag eine Beschlussempfehlung des Auswärtigen Ausschusses (20/10433). Die Union hatte unter anderem die aus ihre Sicht zu zögerliche Haltung der Bundesregierung beziehungsweise eine „Reihe von Ausreden“ kritisiert. „Wenn die Bundesregierung tatsächlich das Ziel verfolgt, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss, dann sollte sie ein so wirksames System nicht zurückhalten, sondern gerade dieses liefern.“ Es sei im eigenen Sicherheitsinteresse, der Ukraine die Waffen zu geben, die sie brauche, um den Aggressor Russland militärisch zurückzudrängen.
Ein Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Den Weg Deutschlands zur Kriegspartei im Ukrainekonflikt verstellen – Gegen die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden aufgrund des Beschlusses des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees der Europäischen Union“ (20/5878), der ursprünglich ebenfalls beraten werden sollte, wurde hingegen von der Tagesordnung des Bundestages wieder abgesetzt.
Union fordert Entschlossenheit und Klarheit
Johann David Wadephul (CDU/CSU) argumentierte, dass es insbesondere Deutschland gewesen sei, dass selbst noch nach der Annexion der Krim im Gespräch mit Russland geblieben sei. Es sei überfällig zur Kenntnis zu nehmen, dass der russische Präsident darauf nicht positiv reagiert habe.
„Ihre vermeintliche Besonnenheit hat Putin nur immer wieder befeuert in seiner Aggression gegen die Ukraine“, sagte Wadephul und verwies auf die monatelangen Diskussionen um die Lieferung schwerer Waffen und nun auf das monatelange „Zögern und Nichterklären“ des Bundeskanzlers beim Taurus. Es brauche Entschlossenheit und Klarheit in der Unterstützung der Ukraine.
SPD kritisiert Verengung der Debatte
SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich (SPD) kritisierte die Verengung der Debatte auf ein einziges Waffensystem. Deutschland sei nach den USA der größte Unterstützer der Ukraine, nicht nur mit Waffen, sondern auch humanitär, beim Wiederaufbau, bei der Hilfe für Flüchtlinge in Deutschland.
Mützenich verteidigte das Nein von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu einer Lieferung des Taurus nicht nur gegen die Antragssteller, sondern auch gegen Kritiker innerhalb der Koalition. „Zeitenwenden sind nichts für politische Spielernaturen. Gebraucht wird Verstand, Besonnenheit und Klarheit. Und das tut der Bundeskanzler in der Abwägung, die er als Regierungschef hat.“
Grüne: Die drängendste Frage ist die Munition
Agnieszka Brugger (Bündnis 90/Die Grünen) kündigte zwar an, dass ihre Fraktion dem Antrag der Union nicht zustimmen werde. Zugleich befürwortete sie deren Hauptforderung aber. „Die drängendste Frage ist in der Tat die Munition, aber auch weitreichende Waffen wie Taurus.“ Es brauche beides, sagte die Grünen-Politikerin und warnte: „Auch Zögern und Zaudern kann am Ende zur Eskalation beitragen.“
Brugger betonte, auch die Grünen würden alle Risiken sorgfältig abwägen. „Wir sind uns alle der Tragweite dieser Entscheidung bewusst. Und das lassen wir uns als Grüne von niemandem absprechen, auch nicht vom Bundeskanzler.“
FDP: Gegen Wladimir Putin hilf nur Einigkeit
Auch Alexander Müller (FDP) machte deutlich, dass seine Fraktion eine Taurus-Abgabe an die Ukraine unterstütze, dem Unionsantrag aber nicht zustimmen werde. „Gegen Wladimir Putin hilf nur Einigkeit, hilft nur klare Kante.“
Im Übrigen habe der Bundestag vor drei Wochen bereits beschlossen, „dass wir dieses System liefern“, sagte Müller mit Blick auf einen Koalitionsantrag, in dem von der Lieferung „weitreichender Waffensysteme“ die Rede ist. „Es ist überhaupt keine Frage, dass das den Taurus betrifft, das gibt es gar keine Zweifel“.
AfD ist gegen die Taurus-Abgabe
Tino Chrupalla (AfD) wandte sich gegen die Taurus-Abgabe an die Ukraine: Das würde die Verlängerung des Krieges und einen Schaden auch für Deutschland bedeuten.
Es müsse verhindert werden, dass Deutschland Kriegspartei werde. Bundeskanzler Scholz müsse mit seinem Nein konsequent bleiben und sich nicht von den „Kriegstreibern von Union, FDP und Grünen erpressen lassen“.
Gruppen warnen vor Eskalation
Auch Janine Wissler (Gruppe Die Linke) stellte sich hinter die Entscheidung des Kanzlers: Es gehe um nichts weniger als die Gefahr eines neuen Weltkriegs und darum, eine deutsche Kriegsbeteiligung zu verhindern.
Sahra Wagenknecht (Gruppe BSW) warnte vor einem „fahrlässigem Spiel“ bei der Union und innerhalb der Koalition. Die Ukraine könne diesen Krieg nicht gewinnen, und das würde auch der Taurus nicht ändern.
Antrag der CDU/CSU
„Die Ausbildung an und die Übergabe von schweren Waffen durch Deutschland und weitere verbündete Staaten hat die Ukraine in die Lage versetzt, sich in einem heroischen Abwehrkampf der russischen Aggression zu widersetzen und weitere großflächige Raumgewinne der russischen Angreifer zu verhindern“, schreiben die Abgeordneten in ihrem Antrag (20/9143). Den ukrainischen Kräften mangle es aber an der Fähigkeit, Versorgungslinien, Führungseinrichtungen und die logistischen Strukturen der russischen Besatzer gezielt anzugreifen, um die Grundlage für das Vortragen weiterer erfolgreicher Offensiven zu schaffen. Folgerichtig habe die Ukraine daher bereits mehrfach den Wunsch nach abstandsfähiger Präzisionsbewaffnung geäußert und dabei auch konkret bei Deutschland im Mai 2023 eine Lieferung des Taurus-Marschflugkörpers erbeten.
Die Abgeordneten kritisieren die aus ihre Sicht zu zögerliche Haltung der Bundesregierung beziehungsweise eine „Reihe von Ausreden“. „Wenn die Bundesregierung tatsächlich das Ziel verfolgt, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen muss, dann sollte sie ein so wirksames System nicht zurückhalten, sondern gerade dieses liefern.“ Es sei im eigenen Sicherheitsinteresse, der Ukraine die Waffen zu geben, die sie brauche, um Russland militärisch zurückzudrängen.
Neben der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern fordert die Fraktion die Bundesregierung auch zur Ausbildung ukrainischer Soldaten an diesem Waffensystem auf sowie dazu, „Ausrüstungslücken bei der Bundeswehr, die durch die Abgabe an die Ukraine entstehen durch sofortige Nachbeschaffung zu schließen und den Bestand der Bundeswehr rasch vollständig einsatzbereit zu machen“. (ahe/14.03.2024)