29.09.2018 | Parlament

Vortrag von Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble zum Thema „Schicksal“ beim Konzertabend des WDR Sinfonieorchesters

Es gilt das gesprochene Wort

Schicksal – ein Wort, das schwer wiegt.

Es spricht von Tragik und Größe, von Vorsehung und Vergeblichkeit, von Scheitern und Vollendung, vom Unabwendbaren wie vom Bezwungenen.

Schicksalsschlag, Schicksalsfrage, Schicksalsmoment.

Alles oder Nichts.

Das Schicksal kennt kein Dazwischen. Das Einschneidende ist ihm inhärent. Ebenso wie das nicht zu Kontrollierende. Schicksal ist, was wir nicht ändern können.


Kurz vor der Hinrichtung durch die spanischen Besatzer erkennt Graf Egmont, der gescheiterte Held aus Goethes Drama:

„Es glaubt der Mensch sein Leben zu leiten, sich selbst zu führen; und sein Innerstes wird unwiderstehlich nach seinem Schicksale gezogen.“

Am Ende wird der Sieg dennoch den Niederländern gehören, werden Freiheit und Gerechtigkeit triumphieren. Auf die Dunkelheit folgt der Morgen. Durch die Nacht zum Licht.


Als Beethoven den „Egmont“ vertonte, war seine Hörfähigkeit noch nicht ganz geschwunden. Die Auflehnung gegen seine fortschreitende Taubheit hatte er längst zum Programm gemacht:

„Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen, ganz niederbeugen soll es mich gewiss nicht“, schreibt er an einen Freund. Die Kunst wurde ihm zum Lebens-, zum Überlebensgrund. Für sie ging er bis an die Grenzen – die Grenzen, die ihm seine Konstitution und sein schwindendes Gehör auferlegten, die Grenzen der musikalischen Konventionen, der Musiker und Instrumente, der Zuhörer, der Gesellschaft.


Und im Rückblick mutmaßen Musikwissenschaftler und Biographen, ob er

ohne diese persönliche Tragödie überhaupt jener überragende Komponist geworden wäre, dessen Sinfonien, Klaviersonaten und Solokonzerte das Publikum noch zwei Jahrhunderte später in den Bann ziehen.

Ein „musikalischer Revolutionär“, der eine neue Musiksprache für eine neu anbrechende Epoche entwickelte: die Romantik.

Eine Zeit, die – von Aufklärung und Vernunft übersättigt – sich in eine Vergangenheit zurücksehnt, die von den Zumutungen der Moderne verschont war.

Die das Mystische, Geheimnisvolle mehr schätzt als das Erklärbare. In der Leidenschaft und Gefühl mehr gelten als Verstand, das Irrationale mehr als das Rationale.


Eine besondere Empfänglichkeit für das Schicksalshafte findet sich später im Kulturpessimismus deutscher Intellektueller wieder.

Etwa bei Oswald Spengler, der in seinem vor 100 Jahren erschienenen „Untergang des Abendlandes“ der Kausalität das Verstandesmäßige zuweist. Während das Wort Schicksal – Zitat – „für eine nicht zu beschreibende innere Gewissheit“ stehe.

Mit anderen Worten: Nicht, was überprüfbar ist, gilt, sondern was als gewiss, als sicher gefühlt wird. Sachargumente und Fakten haben es heute beileibe nicht zum ersten Mal schwer. Insbesondere wenn dagegen das „Schicksal der Nation“ und der vermeintlich drohende Untergang des abendländischen Europas ins Feld geführt werden.


Thomas Mann hat später im deutschen Romantizismus jenen „Krankheits- und Todeskeim“ ausgemacht, der in kulturellen, gesellschaftlichen Unterströmungen fortwirkte und sich in der nationalsozialistischen Barbarei Bahn brach.

Ein deutsches Schicksal.

Unentrinnbar war dieses Schicksal nicht.

Genauso wenig wie es beliebiger Zufall war.


Nichts geschieht ohne Ursache. Und doch ist die Zukunft nicht determiniert. Das Geschehene wird erst in der Rückschau zwangsläufig.

Wäre der Erste Weltkrieg ausgebrochen, wenn sich die Kolonne des österreichisch-ungarischen Thronfolgers Franz Ferdinand am 28. Juni 1914 in den Straßen Sarajevos nicht verfahren hätte?  Wäre das nationalsozialistische Regime kollabiert, wenn Georg Elsners Attentat auf Hitler nicht wegen einer Nebelwarnung erfolglos geblieben wäre?

,,Hätte„ – ,,Könnte“ – ,,Wäre„: Das sind keine historischen Kategorien.

Geschichte verläuft nicht im Konjunktiv. Jede kontrafaktische Betrachtung bleibt Spekulation. Reizvoll ist sie trotzdem – erinnert sie uns doch daran, dass das Vergangene einmal das Gegenwärtige war, in dem es Handlungsspielräume gab, Entscheidungsoptionen in die eine oder andere Richtung. Erst im Rückblick wird Vergangenheit zum Schicksal, mit dem wir Nachgeborenen leben müssen.


Was lenkt die Geschichte?

Was bestimmt unser Leben?

Gott? Das Schicksal? Der Zufall?

Wie viel Einfluss, wie viel Kontrolle hat der Einzelne über sein Geschick?

Diese Fragen beschäftigen die Menschheit seit über zweieinhalb tausend Jahren. Sie haben in einer Zeit, in der der Mensch vermittels Gentechnik und Künstlicher Intelligenz selbst zum Schöpfer wird, an Aktualität nichts verloren.


Ödipus kannte den Spruch des Orakels, das ihm sein Schicksal prophezeit hatte. Er wollte ihm entfliehen – und erfüllte es.

“Das Schicksal führt uns„, war Seneca überzeugt. Von der Stunde der Geburt an stehe alles fest, nichts geschehe zufällig. Deshalb müsse man alles tapfer ertragen. In letzter Konsequenz also: Erdulde dein Leben, ergebe dich deinem Schicksal. Weil nichts, was du tust, am Ende etwas daran ändern wird.


Schicksalsergebenheit, Fatalismus – für einen Politiker kann das keine Option sein. Schließlich liegt der Grund von Politik im Gestalten. Läge alle Macht beim Schicksal, wäre Politik zwecklos.


Die Vorstellung von einem allmächtigen Schicksal können wir letztlich aber alle nicht akzeptieren: Sie ist unvereinbar mit dem Bild vom Menschen, auf dem unsere Gesellschaft gründet, und mit ihren leitenden Prinzipien: Freiheit, Selbstbestimmung – und daran anknüpfend: Verantwortlichkeit.


Nicht erst die Ideen der Aufklärung sprechen dem Menschen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit zu. Auch der christliche Glaube der Nachreformationszeit stellt sich Gott nicht als “Marionettenspieler„ vor, sondern als wohlwollenden Vater, der dem freien, mündigen Menschen Raum für sein Handeln lässt und ihm damit zugleich Verantwortung überträgt für das, was er tut. Das Gute wie das Schlechte.


Der Mensch mag nicht der alleinige Herr über sein Schicksal sein, aber er kann – und muss! – sein Leben in die Hand nehmen. Darauf beruht die grundgesetzliche Leitidee vom Schutz der Menschenwürde: die “Vorstellung vom Menschen als einem geistig-sittlichen Wesen [...], das darauf angelegt ist, sich in Freiheit selbst zu bestimmen und zu entfalten„, wie das Bundesverfassungsgericht regelmäßig ausführt. Gelegentlich mit dem ergänzenden Hinweis, dass diese Freiheit sich nicht verstehe

“als diejenige eines isolierten und selbstherrlichen, sondern als die eines gemeinschaftsbezogenen und gemeinschaftsgebundenen Individuums„. Weil der Mensch nur in Bindungen, in gesellschaftlichen Beziehungen denkbar ist, schließt seine Freiheit auch die Verantwortung für die Mitmenschen ein.


Wie kann sich der Mensch behaupten – in seinem Anspruch auf Freiheit genauso wie auf haltgebende Bindungen? Das scheint mir eine der wichtigsten Fragen, mit denen wir angesichts des beschleunigten gesellschaftlichen Wandels und des wissenschaftlich-technologischen Fortschritts heute konfrontiert sind.


Die Freiheit des menschlichen Wollens und Handelns ist immer wieder bestritten worden – von großen Philosophen, Theologen und nicht zuletzt von Naturwissenschaftlern. Vor einigen Jahren glaubten Hirnforscher, die Willensfreiheit in Experimenten als Illusion entlarvt zu haben.

Vereinfacht gesagt: “Wir tun nicht, was wir wollen, sondern wir wollen, was wir tun.„ Dabei steht naturgesetzliche Kausalität nicht zwangsläufig im Widerspruch zur menschlichen Freiheit. Vielmehr vollzieht sich diese “in und mit ihrer Bedingtheit„. Die Freiheit unseres Willens ist weder voraussetzungslos noch ist sie absolut.


Auch Schicksal und Freiheit schließen einander nicht aus – sofern Schicksal nicht als umfassende, unabänderliche Vorherbestimmtheit verstanden wird. Niemand von uns kann sich aussuchen, in welche Zeit, in welche Gesellschaft, in welche Familie er hineingeboren wird. Welche Begabungen, welche Handicaps ihm mitgegeben sind, welchen prägenden Einflüssen und Ereignissen er ausgesetzt ist. Wir haben keine absolute Kontrolle über unser Leben. Vieles bleibt dem “Schicksalszufälligen„ überlassen. Und mehr als das: Der Mensch selbst lässt sich in seiner Entstehung als zufällig verstehen. Das rasant vergrößerte Gehirn, das den entscheidenden entwicklungsgeschichtlichen Sprung zum Homo Sapiens bedeutete, geht offenbar wesentlich auf ein im Laufe der Evolution beschädigtes und nur beim Menschen repariertes Gen zurück.

Der Mensch – ein Zufallsprodukt der Evolution. Für den Gläubigen ist es göttliche Schöpfung.


Zufällige Mutationen. Die Zufallsfluktuationen der Elementarteilchen, wie Werner Heisenberg sie beschrieben hat. Zufallsentdeckungen wie das Penicillin, die Röntgenfotografie oder auch der amerikanische Kontinent: Der Zufall scheint ein grundlegendes Prinzip zu sein. In der Natur, in der Wissenschaft, im Leben – und auch in der Kunst. Jedenfalls lässt sich Kreativität nur schwer als Ergebnis eines deterministischen Prozesses vorstellen. Beethoven hat die meisten seiner Werke sorgfältig kompositorisch ausgearbeitet, die Partituren immer wieder korrigiert und verbessert. Aber woher stammen die melodischen Eingebungen? Woher der kreative Funke, der etwas Unerhörtes, Neues schafft – wie das unverwechselbare Klopfmotiv der Fünften Sinfonie?


Wir brauchen den Zufall, weil aus ihm Neues entsteht. Zugleich verweist uns das Zufällige, Schicksalshafte auf die Begrenztheit unseres eigenen Einflusses. Es lehrt uns Demut. Der Wissenschaftsphilosoph Klaus Mainzer fordert zu Recht “eine Ethik der Bescheidenheit„. Angesichts der Zufälligkeit unserer Existenz sei für uns nicht alles machbar, nicht alles erreichbar. Die Dinge, die uns und unser Leben entscheidend prägen, haben wir allzu oft nicht in der Hand. Eine Gesellschaft, die der Überzeugung anheim fällt, dass alles möglich ist, dass es keine Grenzen gibt, dass über Erfolg oder Misserfolg einzig und allein der Wille und die Leistung des Einzelnen entscheiden, verleugnet das und wird uns Menschen nicht gerecht.


Das Zufällige, die Unvorhersehbarkeit der Zukunft sind Voraussetzungen unserer Freiheit.

Odo Marquard, der große Fürsprecher des Zufalls, wusste das:  “Wir Menschen sind stets mehr unsere Zufälle als unsere Wahl„, sagt der Philosoph. Und das sei keineswegs ein Unglück, denn erst aus dem “Zufall im Plural„ entstehe Verschiedenheit, Vielgestaltigkeit, Buntheit und damit: die menschliche Freiheitschance.

Der Versuch einer Ausschaltung des Zufalls, das Bemühen um absolute Kontrolle führt unweigerlich zum Verlust der Freiheit und in die Tyrannei. Ebenso wie jeder Versuch, den Menschen so zu formen, wie er sein soll, bislang noch immer zum Totalitären entartet ist. Schon im Wissen darum sollten wir uns vor dem Wunsch nach einer umfassenden Steuer- und Regulierbarkeit, einer Vervollkommnung des Menschen und seines Daseins hüten.


Hinzu kommt die Komplexität einer Welt, in der Staaten, Gesellschaften, Märkte, Kulturen immer stärker miteinander verwoben und interdependent sind und in der schon es schon deshalb nicht die eine Instanz geben kann, die die Richtung vorgibt und den Gang des Geschehens kontrolliert.

Selbst wenn man es versuchte: Absolute Beherrschung ist nicht möglich. Auch nicht in Diktaturen, wie wir wissen. Und auch nicht für die mächtigsten unter den demokratisch gewählten Politikern. Sie kann in einer freiheitlichen Gesellschaft auch gar nicht erwünscht sein.


Gesellschaftliche, ökonomische, technologische Entwicklungen vollziehen sich zwar im Wechselspiel mit den von der Politik gesetzten Rahmenbedingungen. Politik kann erlauben oder verbieten, sie kann fördern, steuern oder eindämmen. Aber das alleinige Sagen hat sie – zum Glück! – nicht. Trotzdem besteht bei einigen die Vorstellung, Politik stünde am Steuerrad von Wirtschaft und Gesellschaft – oder zumindest die, dass siean Bord eines vermeintlich souveränen Nationalstaats das Kommando endlich wieder übernehmen könne.


Das ist ein Irrglaube. Aus soziologischer Sicht lässt sich von einer “Kontrollillusion„ sprechen, die mit dem Nationalstaat und seinen Institutionen, Organisationen, Verfahren in die Welt gekommen sei. Insbesondere in den westlichen Industriestaaten habe sich in der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts die Vorstellung entwickelt, dass persönliche Risiken, gesellschaftliche Konflikte, volkswirtschaftliche Disruptionen einzuhegen und zu bewältigen seien. Dass das eigene Leben als “Normallebenslauf„ und dank institutionalisierter Daseinsvorsorge weitestgehend kalkulierbar sei. Allerdings ist das althergebrachte Institutionengefüge inzwischen fast überall im Westen unter Druck geraten. Kontrollierbarkeit, Planbarkeit erweisen sich zu großen Teilen als Illusion.


Das Unbehagen, das viele gegenüber den rasanten, tiefgreifenden Veränderungen unserer Zeit empfinden, hängt mit dieser Ungewissheit zusammen. Die Zumutungen der Welt spüren wir heute viel drängender, unmittelbarer. Vieles wandelt sich zu schnell, ist zu komplex, um es noch zu durchdringen, scheint kaum noch in unserer Kontrolle zu liegen.

Das macht Angst. Und es widerspricht einem menschlichen Bedürfnis: Zusammenhänge zu erkennen, Erklärungen und Sinn zu finden, Sicherheit zu haben. Wo scheinbar oder tatsächlich keine Zusammenhänge existieren, akzeptiert der Mensch eine dürftige Erklärung eher als gar keine. Wir wollen den Dingen Sinn geben, selbst wenn es sich um Koinzidenzen und nicht um Kausalitäten handelt.


Die Vorstellung, Entwicklungen prognostizieren, kontrollieren und bewältigen zu können, richtet sich insbesondere an die Politik. Schon gar in der Demokratie, die auf dem Prinzip der Verantwortlichkeit beruht. Schließlich haben wir zurecht die Erwartungen, Vertreter zu wählen, die Probleme und Konflikte lösen und die wir abwählen können, wenn sie sich dessen als nicht fähig erweisen.

Für das Unvorhergesehene, das Unausweichliche, das Unkontrollierbare bleibt in unserer durch und durch rationalisierten Welt wenig Platz. Was anderswo als Schicksal, Zufall oder schlicht Pech gelten mag, zählt in der Politik meist als selbst verschuldetes Versagen. Dabei ist offenkundig, dass auch Politiker nicht alle Faktoren kontrollieren können, dass nicht alle Politik planbar ist.

Schon der Blick in die jüngste Vergangenheit fördert etliche Beispiele zu tage: die Zuspitzung der weltweiten Fluchtproblematik, das Votum für den Brexit, die Besetzung der Krim, der Arabische Frühling mit seinen Folgen, die europäische Schuldenkrise. Die Welt entwickelt sich in aller Regel anders als ehrgeizige Koalitionsverhandler annehmen und nach – mal mehr, mal weniger zähen – Gesprächen in detaillierten Verträgen festschreiben.


Ob schicksalshafte Fügung, Zufall oder Kausalität: Verantwortliche Politik muss immer wieder auf neue Herausforderungen reagieren, die sie weder allein verantwortet noch per Knopfdruck lösen kann. Erschöpft sich Regieren deshalb immer mehr im Reagieren?


Wahr ist: Die großen Revolutionen unserer Zeit, Globalisierung und Digitalisierung, sind unser Schicksal. Wir können sie nicht aufhalten. Wir können uns dem Fortschritt in Wissenschaft, Technik und Medizin nicht verweigern. Und nicht dem Gang der Geschichte, an dem der Zufall kräftig mitschreibt. Aber wir können – wir müssen! – gestalten.

Dabei kommt uns der von Karl Popper beschriebene Vorzug der offenen Gesellschaft zu gute, dass sie im Trial-and-Error-Modus funktioniert, dass sie sich also immer wieder selbst korrigieren, anpassen, verbessern kann. Dazu gehört auch, Entscheidungen zu treffen, von denen es heute oft wieder heißt, es seien Schicksalsfragen. Schicksalsfragen – nicht nur für unser Land oder das gemeinsame Europa. Denn die Entscheidungen, die Politik trifft, wirken auf das Leben der Menschen bei uns und anderswo ein, eröffnen dem einen Möglichkeiten, schränken andere Optionen ein.

Für jene, die sich daran nicht im Rahmen eines demokratischen Prozesses beteiligen können, ist Politik tatsächlich Schicksal.


Wir haben keinen Grund zu Verzagtheit. Wir können die Wirklichkeit nicht beliebig nach unseren Wünschen konstruieren. Aber sie verändern und bewältigen – das können und müssen wir. Das gilt für den Einzelnen wie für die Gesellschaft insgesamt. In der Politik ist das oft mühselig, selten spektakulär und meist nicht im umfassenden Sinne zufriedenstellend – und zugleich ist das in einer freien, offenen, vielfältigen Gesellschaft der einzige Weg zwischen irrationalem Wunschdenken und Fatalismus.


Unser Schicksal, die Zukunft ist offen, auch wenn sich das Heute darin fortschreibt. Und manchmal spielt uns das Schicksal auch in die Hände und das völlig Unerwartete macht das Erhoffte plötzlich möglich. Der Fall der Mauer war eine solche glückliche Fügung für die Deutschen – auch wenn er viele Mütter und Väter hat, die über Jahre und Jahrzehnte beiderseits der Grenze auf die Überwindung der deutschen Teilung hingewirkt haben.

Glück ist selten eine Kategorie der Politik. Ihr bleibt es allerdings überlassen, die Chancen, die sich unverhofft bieten, zu erkennen und zu nutzen. Das Schicksal beim Schopfe zu packen, wie es in der Folge des 9. November 1989 und des Zusammenbruchs des Ostblocks gelungen ist.


Durch die Nacht zum Licht. Dieses Motto wurde der Fünften Sinfonie von der Nachwelt zugeschrieben. Was Beethoven tatsächlich im Sinne hatte, wissen wir nicht. Aber von Menschen überall auf der Welt wird diese Musik als ein Ringen mit dem Schicksal empfunden. Ein Schicksal, das nicht hinzunehmen ist, das unentrinnbar scheint, aber doch nicht unbezwingbar ist. Ein zeitloses Thema der menschlichen Existenz. Zeitlos wie Beethovens Musik.

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