29.04.2022 | Parlament

„Geraubte Heimat!“ - 70. Jahrestages der Zwangsaussiedlungen aus der Sperrzone der innerdeutschen Grenze

Das Bild zeigt ein Gruppe von älteren Frauen und Männern.

Die SED-Opferbeauftragte (3. v.r.) mit Teilnehmern der Tagung „Geraubte Heimat!“, die anlässlich des 70. Jahrestages der Zwangsaussiedlungen aus der Sperrzone der innerdeutschen Grenze im Mai 1952, von der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. mit der Beauftragten des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Magdeburg veranstaltet wurde. (UOKG / Zumdick)

Am 29. und 30. April 2022 besuchte die SED-Opferbeauftragte die Tagung „Geraubte Heimat!“, die anlässlich des 70. Jahrestages der Zwangsaussiedlungen aus der Sperrzone der innerdeutschen Grenze im Mai 1952, von der Union der Opferverbände Kommunistischer Gewaltherrschaft e.V. mit der Beauftragten des Landes Sachsen-Anhalt zur Aufarbeitung der SED-Diktatur in Magdeburg veranstaltet wurde.

Das Thema „Zwangsaussiedlungen“ ist heute, auch in Ostdeutschland, immer noch weitgehend unbekannt. Die ganz überwiegende Zahl der ca. 11.500 Betroffenen der Zwangsaussiedlungen wurde Opfer zweier großer Aktionen, die auf Verordnungen des SED-Regimes vom 26. Mai 1952 und 24. August 1961 zurückgehen.

Die Tagung widmete sich der ersten Aktion, mit welcher das SED-Regime auf Geheiß der Sowjetunion als unmittelbare Folge auf den Deutschlandvertrag* mit Verordnung vom 26. Mai 1952 die westlichen Grenzlinien abriegeln ließ. Es wurde eine fünf Kilometer breite Sperrzone errichtet; ca. 8.300 Personen – was gut 2 % der Grenzbewohner ausmachte – wurden in diesem Zusammenhang zwangsausgesiedelt. Betroffen waren meist alteingesessene, einflussreiche Familien mit einer ablehnenden Haltung zur SED-Diktatur. Aber auch Willkür wurde von der Staatssicherheit, die der Aktion bezeichnenderweise den Namen „Ungeziefer“ gab, angewandt, um bei den im Gebiet verbleibenden Menschen Angst zu verbreiten.

Die Betroffenen der Zwangsaussiedlung mussten innerhalb kürzester Zeit ohne jegliche Möglichkeit des Widerspruchs ihre Häuser räumen und wurden oft in entlegene Orte verbracht, wo sie in Notunterkünften untergebracht oder ihnen oftmals unzumutbare Quartiere aufgezwungen wurden. Der gewaltsame Verlust der Heimat ohne Aussicht auf Rückkehr ist ein besonders schwerwiegender Menschenrechtsverstoß, welcher auch nach DDR-Recht grob rechtstaatswidrig war.

In ihrer Rede macht die SED-Opferbeauftragte deutlich: „Wir müssen die individuelle politische Verfolgung der Betroffenen von Zwangsaussiedlung stärker berücksichtigen. Auch wenn tausende Familien von der Zwangsaussiedlung betroffen waren, ist die Zwangsaussiedlung eben kein Kollektivschicksal, da nur ein Bruchteil der gesamten Grenzbevölkerung von ihr betroffen war.

Der Zwangsaussiedlung lag jeweils eine individuelle Verfolgung zugrunde. Es war eine Entscheidung des Repressionsapparates der DDR, tief in das Leben dieser Menschen einzugreifen.“

Bei der Tagung kamen vor allem Zeitzeuginnen und Zeitzeugen zu Wort, die von ihren traumatischen Erlebnissen, unter denen sie zum Teil heute noch leiden, berichteten. Bei einem Podiumsgespräch diskutierten Interessenvertreterinnen mit der SED-Opferbeauftragten und der Kulturausschussvorsitzenden im Deutschen Bundestag Katrin Budde über Unterstützungsmöglichkeiten für die Zwangsausgesiedelten. Die SED-Opferbeauftragte warb im Gespräch dafür, dass eine vergleichbare Regelung für die Opfer der Zwangsausgesiedelten gefunden wird, wie sie der Bundestag in 2019 für die Opfer von Zersetzungsmaßnahmen geschaffen hat. Diese besitzen seitdem einen gesetzlichen Anspruch auf eine Einmalzahlung.

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