18.06.2022 | Parlament

18. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder in Torgau

Das Bild zeigt drei Frauen vor einer Glasscheibe auf der Blackbox Heimerziehung zu lesen ist.

Die SED-Opferbeauftragte gemeinsam mit der Vorsitzenden der Initiativgruppe Gabriele Beyler (re) und Dr. Christiane Schenderlein (li), MdB und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Kultur und Medien. (© DBT / Benjamin Baumgart)

Für den 18. Juni 2022 lud die „Initiativgruppe Geschlossener Jugendwerkhof Torgau e. V.“ zum 18. Treffen ehemaliger DDR-Heimkinder in die Kulturbastion Torgau ein.

Die Initiativgruppe betreibt die Gedenkstätte für den Geschlossenen Jugendwerkhof Torgau eine Disziplinierungsanstalt der Jugendhilfe der DDR, die direkt dem Ministerium für Volksbildung unterstand. Während seines Bestehens vom 1. Mai 1964 bis zum 11. November 1989 wurden dort über 4.000 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 18 Jahren zur „Anbahnung eines Umerziehungsprozesses“ eingewiesen. Sie waren aus Sicht des Staates  in anderen staatlichen Erziehungseinrichtungen „negativ aufgefallen“. Der Geschlossene Jugendwerkhof Torgau glich mit seinen hohen Mauern, den Wachtürmen, den Diensthunden und den vergitterten Fenstern schon äußerlich einem Gefängnis und wurde vor der Nutzung durch die DDR-Jugendhilfe auch 1901 als solches erbaut.

In ihrer Rede unterstrich die SED-Opferbeauftragte Zupke die Bedeutung der Heimerziehung in der SED-Diktatur:

„Die Diktatur fand eben nicht nur hinter den Gefängnismauern von Hohenschönhausen oder in der Stasi-Zentrale statt. Die DNA der SED-Diktatur war die Durchdringung der Institutionen und der gesamten Gesellschaft. Nicht alles, was in der Jugendhilfe in der DDR passiert ist, war kriminell, ohne Frage. Aber: So wie andere gesellschaftliche Bereiche wurde ebenso auch die Jugendhilfe zu einem Instrument der Diktatur.“

Immer wieder wenden sich ehemalige Heimkinder an die SED-Opferbeauftragte. Viele von ihnen leiden bis heute unter den psychischen und körperlichen Folgen der Repression.  „Ein Aufenthalt im Jugendwerkhof ist keine Episode im Leben eines jungen Menschen. So als wenn man einen Umweg nimmt, um dann aber auf den normalen Lebensweg weiterzugehen. Ein Aufenthalt in einem Jugendwerkhof, wie hier in Torgau, prägt das Leben der Betroffenen bis zum heutigen Tag“, machte Zupke deutlich.

Hinsichtlich der Rehabilitierung und vor allem der Entscheidung über gesundheitliche Folgeschäden wünsche sich die SED-Opferbeauftragte eine größere Sensibilität bei den Mitarbeitern der Behörden.

Als Höhepunkt des diesjährigen Heimkindertreffens enthüllte die Vorsitzende der Initiativgruppe Gabriele Beyler die „Blackbox Heimerziehung“. Der umgebaute Schiffscontainer ist ein mobiles Denkzeichen, welcher als interaktiver Lernort mit einer Ausstellung im Innen- und Außenbereich und einem Onlinebereich zur repressiven DDR-Heimerziehung fungiert. Die Blackbox soll künftig als mobiles Modul in Städten und Gemeinden ausgestellt werden, in denen sich früher Heime befanden, um dort das DDR-Umerziehungssystem an exemplarischen historischen Orten sichtbar zu machen. Mit der Unterstützung örtlicher Vereine und Initiativen sollen dann analoge und digitale Erinnerungstafeln entstehen.

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