13.01.2021 3. Untersuchungsausschuss — Ausschuss — hib 57/2021

Von Beust schrieb Briefe im Auftrag von Wirecard

Berlin: (hib/FMK) Der ehemalige Erste Bürgermeister von Hamburg, Ole von Beust (CDU), sieht in seiner Arbeit für den inzwischen insolventen Wirecard-Konzern eine übliche Form der Politikberatung. „Ich bekenne mich dazu, dass ich Lobby-Arbeit mache“, sagte von Beust während der zweiten Hälfte der Sitzung des 3.Untersuchungsausschusses (Wirecard) am Dienstag, die von Kay Gottschalk (AfD) geleitet wurde. „Das finde ich nicht schlimm, wenn es anständig und transparent ist.“

Die Beratungsfirma, die Beust nach Ende seiner politischen Karriere mitgegründet hat, war seit 2018 für Wirecard tätig. Die Hauptaufgabe von Beust & Coll. im Auftrag des Unternehmens betraf das Glücksspielrecht.

„Wirecard wollte partizipieren an einer Änderung des Glücksspielstaatsvertrages dahingehend, dass einige Formen des Glücksspiels zugelassen werden“, sagte von Beust. Als Spezialist für Zahlungsströme habe Wirecard sich hier mit einer technischen Lösung einbringen wollen: Computerprogramme sollten an den Zahlungsmustern gefährdete Gruppen wie Kinder und Süchtige erkennen und von der Teilnahme am Online-Glücksspiel ausschließen. Das sollte die Liberalisierung sicherer und besser organisiert ermöglichen, so von Beust.

Von Beusts Firma hat demnach dafür vor allem drei Aufträge ausgeführt. Auf der einen Seite habe sie die politischen Trends rund ums Glücksspiel beobachtet und an Wirecard berichtet. Außerdem habe sie Kontakte zu Entscheidern hergestellt, die sich für die Zulassung von mehr Formen des Glücksspiels stark machen können. Außerdem habe sie ihrerseits über die realen oder vorgeblichen Möglichkeiten von Wirecard informiert, mit seinen Algorithmen zu dem Projekt beizutragen. Die Erneuerung des Glücksspielstaatsvertrags hängt seit 2011 in der Schwebe.

Auf Frage des Abgeordneten Florian Toncar (FDP) berichtete von Beust über seine praktische Arbeit. Wirecard sei in der Beratungsfirma zunächst nicht als Problemthema wahrgenommen worden. Im Jahr 2019 habe es zwar Berichte über Unregelmäßigkeiten gegeben. Doch die Lage habe sich zwischenzeitlich wieder beruhigt. Als 2020 die schlechten Nachrichten zurückkehrten, habe der ehemalige Wirecard-Vorstand Burkhard Ley ihm versichert, dass auch diesmal nichts Ernstes dahinterstecke und solche Schwankungen bei einem schnell wachsenden Unternehmen normal seien. Die neuen Vorwürfe würden sich genauso auflösen wie 2019, habe Ley angekündigt. „Bitte erwarten Sie nicht von einem Unternehmen wie dem meinen, dass es bessere Prüfmöglichkeiten hat also die Bafin oder die Wirtschaftsprüfer“, rechtfertigte von Beust seine Tätigkeit für ein Unternehmen, das inzwischen des Betrugs überführt ist.

Von Beust kannte Ley von gemeinsamer Arbeit im Beirat einer Personalberatung. Auch im Kanzleramt hatte von Beust mit dem Leiter der Wirtschaftsabteilung, Lars-Hendrik Röller, einen entfernten Bekannten. Im Namen von Wirecard schrieb er noch 2020 einen Brief an Röller. Die Sprachlosigkeit zwischen großen Unternehmen und Politik sei gewaltig, sagt von Beust. Die Industrie kenne oft weder die Ansprechpartner, noch finde sie die richtigen Worte.

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