25.01.2021 Arbeit und Soziales — Anhörung — hib 102/2021

Altersversorgung für Bundestagsabgeordnete

Berlin: (hib/CHE) Mit der Frage, ob auch Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden sollen und mit weiteren Aspekten einer Erwerbstätigenversicherung hat sich der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag in einer Öffentlichen Anhörung befasst. Die als Videokonferenz durchgeführte Befragung von Sachverständigen widmete sich einem Antrag (19/17255) der Fraktion Die Linke.

Darin fordert die Fraktion unter anderem, Bundestagsabgeordnete mit Beginn der 20. Legislaturperiode in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen. Perspektivisch solle dies für alle Erwerbstätigen gelten. Außerdem verlangt die Fraktion eine deutliche Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze und die Einführung einer „Beitragsäquivalenzgrenze“. Letztere solle Renten aus Einkommen, die das 2,07-fache des Durchschnitts überschreiten, im „höchsten verfassungsmäßig zulässigen Maße“ dauerhaft und unbefristet degressiv abflachen. Vor allem die beiden letztgenannten Punkte bewerten viele Experten in ihren eingereichten Stellungnahmen skeptisch.

Christian Hagist, Volkswirtschaftler an der Otto Beisheim School of Management, schreibt in seiner Stellungnahme: „Der Antrag verschiebt die demografischen Lasten des Umlageverfahrens der gesetzlichen Rentenversicherung auf zukünftige Versicherte und wäre im besten Fall ein intergeneratives Nullsummenspiel.“ Für die Einbeziehung von Abgeordneten in die gesetzliche Rente spräche zwar das Argument der Gleichbehandlung mit Beschäftigten, schreibt die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). „Für die langfristige Finanzierung der Rentenversicherung wäre durch die Einbeziehung der Abgeordneten aber nichts gewonnen.“ Zur Beitragsäquivalenzgrenze merkt die BDA an, dies würde die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung dauerhaft schwächen.

„Die intendierte Abwertung höherer Rentenansprüche bewirkt eine massive Ungleichbehandlung von geleisteten Rentenbeiträgen, was dem Prinzip der Betragsäquivalenz diametral entgegensteht“, betont die Finanzwissenschaftlerin Gisela Färber in ihrer Stellungnahme.

Felix Welti (Universität Kassel) begrüßt in seiner Stellungnahme die Wiederaufnahme der Diskussion über die Alterssicherung der Abgeordneten. „Sie kann und sollte im Kontext der Vorarbeiten der Unabhängigen Kommission Abgeordnetenrecht erfolgen.“ Die Vorschläge zur Beitragsbemessungsgrenze und zur Beitragsäquivalenzgrenze könnten nur in einem größeren Reformkonzept seriös beurteilt werden, so Welti.

Für eine Erwerbstätigenversicherung plädieren der Sozialverband Deutschland e. V. (SoVD) und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB). Beide Verbände begrüßen auch die Einbeziehung von Bundestagsabgeordneten in die gesetzliche Rente. „Die Einführung einer Beitragsäquivalenzgrenze“ für Rentenansprüche lehnt der SoVD allerdings ab. Eine derartige Leistungsobergrenze würde einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip bedeuten, heißt es in der Stellungnahme des Verbandes, der darüber hinaus für eine „moderate“ Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze plädiert. Auch der DGB bewertet die Kappung von Leistungen „als sehr kritisch“: Das Prinzip der Lohnersatzfunktion sei zentral für das deutsche Rentensystem, und diese basiere auf der sogenannten Teilhabeäquivalenz, heißt es in der Stellungnahme der Gewerkschaft.

Der Jurist Sebastian Lovens-Cronenmeyer sieht in der verpflichtenden Aufnahme der Bundestagsabgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung „allenfalls vertrauensschutzrechtliche, unter Wahrung des Sozialstaatsprinzips jedoch keinen weiteren rechtlichen Bedenken“. Auch die Idee einer Beitragsäquivalenzgrenze erscheine „verfassungsrechtlich möglich“. Denn die Verfassung gebiete weder, dass mit dem Eigentum „nach Belieben“ verfahren werden könne, noch verbiete sie, dass der Staat Einschränkungen vornehme.

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