Fraktionen bewerten ÖPP-Verkehrsprojekte unterschiedlich
Berlin: (hib/HAU) Die AfD-Fraktion spricht sich ebenso wie die Linksfraktion und die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen gegen die Auflage von Verkehrsinfrastrukturprojekten in Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP) aus. Unions- und FDP-Fraktion stehen den ÖPP-Projekten hingegen positiv gegenüber, während die SPD-Fraktion diese zumindest nicht kategorisch ablehnt, wie im Verlauf der Sitzung des Verkehrsausschusses am Mittwochvormittag deutlich wurde.
Anlass der Debatte im Ausschuss war der durch einen Bundestagsbeschluss im Jahr 2013 pro Legislaturperiode jeweils einmal geforderte Bericht der Bundesregierung über ÖPP-Projekte im Betrieb (19/25285). In diesem zieht die Regierung ein positives Fazit. Die Projekte im Tiefbau erfüllten die Projektziele beziehungsweise Projekterwartungen während der Bau- und Betriebsphase, heißt es. Termintreue und Bauqualität werden von der Bundesregierung in der Vorlage als zumeist gut bewertet. Bei ÖPP-Projekten wird auf vertraglicher Basis eine langfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und privaten Auftragnehmern für Beschaffungsvorhaben - etwa Autobahnbauten - der öffentlichen Hand vereinbart.
Ein Vertreter der Unionsfraktion verwies in der Debatte im Ausschuss auf die im Bericht angeführte hohe Termintreue und gute Bauqualität. Die schnellere und effizientere Umsetzung der Projekte bringe einen volkswirtschaftlichen Nutzen, weil damit die Staus auf den Autobahnen zurückgingen. Als Beispiel wurde der Ausbau eines 65 Kilometer langen Streckenabschnitts der Bundesautobahn A7 angeführt, der als ÖPP-Projekt eine Bauzeit von 4,3 Jahren gehabt habe. Zuvor hatte laut des Unionsvertreters die Landesverwaltung Nord verlauten lassen, das ein Ausbau 12 bis 13 Jahre dauern werde. Lob gab es auch für den vorgelegten Bericht, in dem die Bundesregierung angekündigt habe, die Konzessionsverträge, „unter Berücksichtigung schützenswerter Inhalte“, zu veröffentlichen. Dies sei ein Beitrag zur Versachlichung der Debatte um ÖPP-Projekte.
Dass die Verträge der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden sollen, trifft auch auf Zuspruch bei der SPD-Fraktion. Mit dem Bericht komme die Bundesregierung der Forderung nach Transparenz nach, was positiv anzumerken sei, sagte die Fraktionsvertreterin. Wichtig bei ÖPP-Projekten sei, dass sich die Wirtschaftlichkeit eindeutig erweisen müsse. Insofern sei eine kategorische Ablehnung falsch. Auch die Rechnungshöfe auf Bundes- und Landesebene zeichneten ein differenziertes Bild von ÖPP-Projekten, welches keinesfalls einseitig negativ sei, auch wenn in Einzelfällen die Wirtschaftlichkeitsberechnungen des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gerügt worden seien, sagte die SPD-Vertreterin.
Aus Sicht der AfD-Fraktion bergen ÖPP-Projekte ein nicht lösbares Problem in sich. So liege das Risiko, insbesondere bei großen Infrastrukturprojekten, letztlich immer beim Staat. Gewinne hingegen würden die beteiligten Privatunternehmen in der Regel einstreichen, sagte der Fraktionsvertreter. Des Weiteren bestehe die Gefahr eines unübersichtlichen Schattenhaushaltes, zu Lasten zukünftiger Generationen. Angesichts der aktuellen Niedrigzinspolitik der EZB fielen auch die Vorteile einer wirtschaftlichen Finanzierung weg. Daher, so der AfD-Vertreter, sollten derzeit keine neuen ÖPP-Projekte aufgelegt werden.
ÖPP-Projekte können hingegen nach Ansicht der FDP-Fraktion durchaus Vorteile bringen. Die Verträge müssten aber so gestaltet werden, das Vorteile und Risiken so verteilt werden, „dass eine Win-win-Situation geschaffen wird“, forderte der Fraktionsvertreter. Ziel müsse es zudem sein, das kleine und mittelständische Unternehmen bei den ÖPP-Projekten besser zum Zug kommen. Der Regierungsbericht zeige, dass die Effizienz und Flexibilität höher ist, wenn die Bauvorhaben in privater Hand liegen.
Kritik am Bericht der Bundesregierung übte ein Vertreter der Linksfraktion. Die Unterrichtung habe nicht - wie eigentlich vereinbart - Mitte der Legislaturperiode vorgelegen sondern erst am Ende. Zudem enthalte sie veraltete Angaben. Auch werde der Forderung des Bundestages nach Offenlegung der Verträge und der Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen nicht gefolgt. Mit überteuerten ÖPP-Projekten, so die Einschätzung des Fraktionsvertreters, verschafften Bundesregierung und Koalition Banken, Versicherungsgesellschaften, Hedgefonds und Konzernen „auf Kosten der Steuerzahler“ hohe Gewinne. Daher dürften keine neuen ÖPP-Verträge abgeschlossen werden. Bestehende Verträge müssten offengelegt und soweit wirtschaftlich vertretbar, gekündigt werden.
Der Bericht sei eine „Farce“, lautete das Urteil der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Auf die Kritik des Bundesrechnungshofes an ÖPP-Projekten werden nicht eingegangen. Eine Erfolgskontrolle der Projekte gebe es auch nicht, sagte der Fraktionsvertreter. ÖPP sei teuer und intransparent. Ausschließlich große Konzerne, Banken und Versicherungen würden profitieren. Die Zeche zahlten am Ende die Bürger. Letztlich gehe es darum, am offiziellen Haushalt vorbei mehr Straßen bereitzustellen, statt die Grundsatzfrage zu stellen, wie viele Straßen eigentlich wirklich gebraucht werden, kritisierte der Grünenvertreter.
BMVI-Staatssekretär Enak Ferlemann (CDU) wies die Kritik an den ÖPP-Projekten und dem Bericht der Bundesregierung zurück. ÖPP sei eine vom mehreren Beschaffungsvarianten des Bundes, sagte er. Von einem Schattenhaushalt könne keine Rede sein. Die Kosten der Projekte seien im Haushalt nachzulesen, was für Transparenz sorge. Was die Schwärzungen bei den Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen angeht, so machte Ferlemann deutlich, dies sei üblich, wenn Rechte Dritter betroffen sind. Der Staatssekretär bestätigte zudem die Einschätzung, dass ÖPP-Projekte deutlich schneller fertig würden, als es die öffentliche Hand gewährleisten könne.