24.02.2021 Sport — Ausschuss — hib 240/2021

Vorwürfe gegen Turn-Trainerin am Olympiastützpunkt Sachsen

Berlin: (hib/HAU) Der Sportausschuss hat sich in seiner Sitzung am Mittwoch mit den Vorkommnissen um die Turn-Trainerin Gabriele Frehse am Olympiastützpunkt Sachsen befasst. Mehrere Turnerinnen, darunter die frühere Weltmeisterin Pauline Schäfer, hatten Frehse vorgeworfen, sie im Training schikaniert, Medikamente ohne ärztliche Verordnung verabreicht und keinen Widerspruch zugelassen zu haben. Die Trainerin wurde daraufhin vom Olympiastützpunkt Chemnitz freigestellt. Der Deutsche Turner-Bund (DTB) ließ die Anschuldigungen durch eine Frankfurter Kanzlei untersuchen, die „schwerwiegende Pflichtverletzungen“ von Frehse feststellte. Diese hatte sich in einem offenen Brief an den Sportausschuss gewandt und kritisiert, dass ihr die Einsicht in den Bericht der Kanzlei verwehrt sei. Gleichzeitig bat sie die von ihr betreuten Sportlerinnen um Entschuldigung, wenn diese die Kommunikation mit ihr als „psychische Misshandlung“ empfunden haben. Den Vorwurf der Schmerzmittelvergabe ohne Zustimmung der Ärzte oder der Eltern wies sie zurück.

Die Athletensprecherin des DTB, Kim Bui, zollte während der Sportausschusssitzung den Turnierinnen großen Respekt dafür, „ihre Geschichten öffentlich zu erzählen“. Dazu gehöre sehr viel Mut, „aber auch die Überzeugung, dass es der richtige Weg ist“. Auch sie selbst habe über die Vorkommnisse durch entsprechende Artikel im Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ erfahren, sagte Bui. „Ich bin bezeichnenderweise nicht so erschüttert über die Vorfälle wie manch ein Außenstehender, weil sie leider Teil unserer Turn-Realität sind“, sagte die 32-Jährige. Heute sei es ihr möglich, die Dinge anders zu reflektieren, als das als 16-jährige Turnerin der Fall war.

Die Vorfälle von Chemnitz zeigten auch ein bewusstes Schaffen von emotionaler Abhängigkeit der Athletinnen zu ihren Trainerinnen, um die Athletinnen zu kontrollieren. „Sie enthüllen ein System, das gravierende Verfehlungen von Verantwortlichen deckt, damit sportliche Ziele erreicht werden können“, sagte die Athletensprecherin. Ihre eigenen Erfahrungen sowie Gespräche mit anderen Turnerinnen und Aussagen von Turnerinnen in den sozialen Netzwerken, ließen darauf schließen, dass das Problem über den Stützpunkt Chemnitz hinausgeht. „Chemnitz scheint nur die Spitze des Eisberges zu sein.“

Auch der Präsident des Deutschen Turner-Bundes (DTB), Alfons Hölzl, sieht hier kein ausschließlich sächsisches Problem. Es gebe einen strukturellen Handlungsbedarf, sagte er. Hölzl betonte zugleich, die meisten Trainerinnen und Trainer hätten das Herz auf dem rechten Fleck und wollten nur das Beste für die Athletinnen und Athleten. Mit Blick auf die Olympiavorbereitung sagte der DTB-Präsident, man tue das Möglichste, um diese abzusichern und die Sportlerinnen entsprechend zu betreuen.

Christian Dahms, Vorsitzender des OSP Sachsen, sagte, die Sportlerinnen seien von der Situation „psychologisch angefasst“. Trotz der Unterstützung durch den DTB werde es sehr schwer werden, prognostizierte er. Zur Aufforderung des DTB, Frehse als Trainerin am Stützpunkt zu entlassen, sagte Dahms: Habe eine Entlassung vor Gericht Bestand, sei die Trainerin entlassen. Bei einem verlorenen Prozess drohe dem OPS jedoch die Insolvenz.

Dirk Schimmelpfennig, Vorstand Leistungssport beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), lobte die konsequente und professionelle Aufklärung der Vorkommnisse, die der DTB eingeleitet habe. Es gehe nun darum, Konsequenzen für die Olympiastützpunkte allgemein zu ziehen. Entsprechende Untersuchungen seien „in den letzten Zügen, aber noch nicht abgeschlossen“.

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