Zeuge: Bafin hatte nur die Wirecard Bank im Blick
Berlin: (hib/LL) War die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) in den 2010er Jahren „zu nett“ zu dem insolventen Zahlungsdienstleister Wirecard? Warum hat die Aufsichtsbehörde nicht stärker das Gesamtkonstrukt Wirecard in den Blick genommen, statt sich nur auf die Prüfung der Wirecard Bank zu konzentrieren? Warum hat es nicht den Argwohn der Prüfer geweckt, dass Wirecard offenbar große Teile des Unternehmensgeflechts aus einer Prüfung heraushalten wollte? Das wollten die Mitglieder des 3. Untersuchungsausschusses in der Sitzung am Freitagvormittag, 26. Februar 2021, von Jochem Damberg, Bereich Bankenaufsicht, Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), wissen.
Nein, zu nett sei man nicht gewesen, so der Zeuge. Warum habe man nicht mit Nachdruck auf einer eingeleiteten Umstrukturierung des Konzerns bestanden, die sich dann hinzog und schließlich nicht mehr zustande kam - so eine weitere Frage:„Wir haben nach Recht und Gesetz gehandelt“ und „alle nötigen Maßnahme ergriffen“. Die Bafin habe sich gemäß ihrer Zuständigkeit strikt auf die Prüfung der Wirecard Bank konzentriert. Die Wirecard AG dagegen „wurde von uns nicht beaufsichtigt“.
Warum der Zeuge nicht darauf gekommen sei, dass da mehr dahinter stecken könnte, wollte der Ausschuss wissen. War nicht die Wirecard Bank der Schlüssel zu dem Märchen Wirecard und dem betrügerischen Modell der Wirecard AG, der den Skandal erst hervorrufen konnte? Dieses Bild habe sich nach Befragung anderer Zeugen am Vortag ergeben. Ein Konglomerat von 58 Gesellschaften plus eine relativ kleine Bank - war das nicht auffällig? „Das ist Spekulation“, verteidigte sich Damberg. Der Zeuge beriet sich immer wieder mit seinem Anwalt, gab Gedächtnislücken zu, erschien aber bemüht, zur Aufklärung beizutragen.
Die Ausschussmitglieder wollten vor allem wissen, warum die Umstrukturierung so lange in der Luft hing, in deren Zuge Wirecard eine wichtige Frist verstreichen ließ , um Verlängerung bat, und ein zweites Inhaberkontrollverfahren ausgelöst werden musste.
Warum habe es kein energisches Nachhaken seitens der BaFin gegeben? Weil es sich um laufende Verfahren gehandelt habe, so Damberg. Vorwürfe, die BaFin habe den Konflikt mit Wirecard gescheut und habe versagt, wies der Zeuge von sich. Ein Konzernumbau bei Wirecard, mit einer „Neuaufhängung“ der Bank in den Strukturen, oder die Einbeziehung der Gesellschaft „Wirecard Acquiring & Issuing GmbH“ in die Prüfung hätte für die BaFin-Prüfer keinen Erkenntnisgewinn gebracht.
Nicht nur durch Medienberichte, sondern auch durch Gespräche mit führenden Mitarbeitern wie dem Vorstand Burkhard Ley, der eine Doppelfunktion bei der Wirecard Bank und der Wirecard AG aufhatte, habe die Bafin doch direkten Zugang zu dem Geschehen bei Wircard insgesamt gehabt, beharrten die Abgeordneten. Die Befassung mit der Wirecard AG als Ganzes habe aber nicht in seinen und den Aufgabenbereich der BaFin gehört, stellte Damberg klar. Informationen, die über seinen Prüfbereich hinausgingen, habe er an die Wertpapieraufsicht und an das Geldwäschereferat weitergeleitet.
Den Ausschuss interessierte außerdem die Zusammenarbeit zwischen der BaFin, der Bundesbank und anderen Aufsichtsbehörden. Aber auch die Kontakte Dambergs zur Staatsanwaltschaft München I. Für die Abgeordneten ergab sich immer wieder der Eindruck eines Hin- und Herschiebens von Verantwortung zwischen verschiedenen Stellen.
Der Ausschuss konnte am Freitagvormittag in mühsamer Kleinarbeit sein Wissen über den Fall Wirecard vervollständigen, viele Puzzleteile liegen aber weiter ungeordnet umher. Als weitere Zeugen werden am Nachmittag Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor Abwicklung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) und Raimund Röseler, Exekutivdirektor Bankenaufsicht bei der BaFin befragt.