FDP fordert Neustart im Tourismus
Berlin: (hib/WID) Vor dem Hintergrund der Corona-Krise drängen die Liberalen im Bundestag auf Erleichterungen für das Tourismusgewerbe und eine Reform des Konzepts staatlicher Überbrückungshilfen. In zwei Anträgen spricht sich die FDP-Fraktion unter anderem dafür aus, durch bilaterale Vereinbarungen mit Reisezielländern Urlaubern einen pandemiesicheren Aufenthalt im Ausland zu ermöglichen (19/27805), und fordert ein „bundesweites Konzept für einen Neustart des nationalen und internationalen Tourismus“ (19/27812). So sei das Beherbergungsverbot in Hotels „unter der Voraussetzung differenzierter Hygienekonzepte“ aufzuheben und für die Gastronomie ein umfassender Öffnungsplan zu entwickeln, nicht nur für den Außen-, sondern auch für den Innenbereich.
In der Begründung verbinden die Antragsteller die Klage über die verheerende Wirkung der Pandemie auf die Branche mit scharfer Kritik an der Bundesregierung. Obwohl Reise- und Gastgewerbe funktionierende Hygienekonzepte realisiert hätten, seien ihre Bemühungen weitgehend ignoriert und negiert worden. Während andere Branchen bereits in den Genuss erster Öffnungsschritte unter der Voraussetzung negativer Tests gelangten, werde der Tourismus weiter mit dem „scharfen Schwert von Beherbergungsverboten“ und Betriebsschließungen traktiert. Die Antragsteller sehen darin eine unbegründete Zurücksetzung: „Die Bundesregierung bleibt eine Erklärung schuldig, wieso ein Hotelaufenthalt in den aktuellen Beschlüssen anders behandelt wird als der Einkaufsbummel im Gartenbaumarkt, wieso Fernreisen mit der Bahn möglich sind, mit dem Bus jedoch nicht“.
Sie stelle sich damit auch gegen Erkenntnisse des Robert-Koch-Instituts, das festgestellt habe, dass „reiseassoziierten Infektionen nur eine sehr untergeordnete Rolle“ zukomme. Überdies werde in den Beschlüssen von Bund und Ländern, aber auch in „unbedachten“ Äußerungen einzelner Spitzenpolitiker explizit von nicht notwendigen Reisen abgeraten, eine gesamte Branche also als „unnötig, verzichtbar, störend“ gebrandmarkt: „Dabei ist der gesetzliche Anspruch auf Urlaub eine große gesellschaftliche Errungenschaft.“
Ausführlich gehen die Antragsteller auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Politik ein. So hätten allein im Oktober 2020 die Reisebüros in Deutschland ein Minus von 88,4 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat verzeichnet. Für die Monate Januar bis Oktober 2020 habe sich der Verlust auf 75,2 Prozent gemessen am Vergleichszeitraum 2019 belaufen. Die gesamte Branche habe zwischen März und Dezember 2020 Umsätze im Wert von 68,7 Milliarden Euro eingebüßt, davon 50,8 Milliarden in den Lockdown-Monaten März bis Mai sowie November und Dezember. Nach einer aktuellen Umfrage sähen sich 31 Prozent der Reiseveranstalter und 17 Prozent des Gastgewerbes von der Pleite bedroht. Allein die Busunternehmen rechneten für 2021 mit mindestens 34 Prozent weniger Umsatz als 2019.
Verschärft werde die Misere durch die mangelhafte Ausgestaltung und schleppende Abwicklung der Corona-Wirtschaftshilfen, monieren die Antragsteller. Der ökonomische Schaden lasse sich weder allein in Höhe der Fixkosten noch nach Maßgabe des Umsatzausfalls ausgleichen, wie bisher vorgesehen. Die Liberalen fordern daher als neue und aus ihrer Sicht passgenaue sowie zielführende Bemessungsgrundlage den Wert, der den Rückgang des Betriebsergebnisses im Krisenzeitraum im Vergleich zum Vorjahr angibt.
Von der Bundesregierung verlangen sie zudem, die unterschiedliche Behandlung von Verkehrsmitteln zu beenden und Hygienekonzepte der Branche anzuerkennen. Um in Tourismus Gastronomie und Freizeitwirtschaft Öffnungen zu ermöglichen, bedürfe es einer umfassenden Teststrategie. Durch „Reisekorridore“, also Vereinbarungen mit den Regierungen von Zielländern über die Umsetzung von Hygienemaßnahmen, seien pandemiesichere Auslandsurlaube zu gewährleisten.