Scheidender BaFin-Chef verteidigt Leerverkaufsverbot
Berlin: (hib/LL) Der 3. Untersuchungsausschuss („Wirecard“) des Deutschen Bundestages hat am Freitag, 26. März 2021, seine öffentliche Zeugenbefragung zum Fall des insolventen Zahlungsdienstleisters Wirecard fortgesetzt.
Als zweiter Zeuge wurde dabei am Abend auch der scheidende BaFin-Präsident, Felix Hufeld, verhört. Das Gremium interessierte dabei die Rolle des Behördenchefs im Zusammenhang mit dem im Februar 2019 von der BaFin erlassenen sogenannten Leerverkaufsverbots für Wirecard-Aktien.
Unter den damals gegeben Umständen und unter Berücksichtigung der damals verfügbaren Informationen sei die Entscheidung, zu der er seine Zustimmung gegeben habe, richtig gewesen.
Man habe sich dabei keinesfalls nur auf die Hinweise der Staatsanwaltschaft München gestützt, und schon gar nicht auf Zuruf der Strafverfolgungsbehörde gehandelt, sondern sich ein Gesamtbild gemacht, und auch die Kursbewegungen der Wirecard-Aktie beobachtet, eine hohe Volatilität, einen starken Anstieg von Short-Positionen im Vorfeld gesehen, sowie schließlich eine zustimmende Meinung der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) einholen können.
Im Lichte all dieser Faktoren sei es richtig gewesen, diese Entscheidung zu treffen. Und: „Hundertprozent ja: Wir hatten es mit aggressiven Short Attacken zu tun.“ „In den Wochen vor unserer Maßnahme haben sich Short Positionen in dramatischer Weise aufgebaut.“
Die mit einem Grundton der Seriosität und Dringlichkeit übermittelten Hinweise der Staatsanwaltschaft habe man als absolut glaubhaft entgegengenommen. Gegenüber der Staatsanwaltschaft schwinge man sich nicht als Ermittler auf, der den zugestellten Hinweisen noch nachspüre. Das sei eine Frage des Umgang zwischen Behörden in Deutschland. Man müsse sich aufeinander verlassen können.
Der sich teilweise in dem Sinne, aus den Vorgängen vom Februar 2019 gelernt zu haben, selbstkritisch gebende Hufeld gestand angesichts der Neuartigkeit der damaligen Situation und der Kürze der Zeit eine gewisse operative Hast in seiner Behörde an jenem Februar-Wochenende vom 16./17.Februar 2019 zu.
Zudem hätte man in der Verfügung der Maßnahme besser kommunizieren müssen, dass die BaFin mit dem Leerverkaufsverbot keinesfalls das Unternehmen Wirecard habe schützen wollen und dass dies keine Parteinahme gewesen sei. Vielmehr habe die Gewährleistung des Marktvertrauens und des Anlegerschutzes für seine Behörde im Mittelpunkt gestanden.
Nicht zuletzt die Politik habe ja von der BaFin immer wieder einen „Kulturwandel“ verlangt, in dem Sinne, bei Verstößen, die das Marktvertrauen gefährdeten, energischer, aggressiver und couragierter vorzugehen. Und dann habe sich plötzlich im Februar 2019 die Chance aufgetan, eine kriminelle Handlung sogar im Vorfeld vereiteln zu können.
Man habe also gehandelt, um auf diese Weise einer Straftat im Bereich des Short Selling vorzubeugen. „Aber das hat uns nicht blind gemacht. Die Kollegen haben sich Mühe gemacht, die Sache in alle Richtungen abzuklopfen.“ Das ganze Wochenende sei in der BaFin an dieser Entscheidung gearbeitet worden
Die BaFin habe das Leerverkaufsverbot im Übrigen auch nur als eine Maßnahme in der Causa Wirecard betrachtet. Gleichzeitig habe sein Haus ja kurz zuvor einen Bilanzprüfungsauftrag an die Deutschen Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) gegeben. Dies sei „der Schlüssel“ dafür gewesen, um gegebenenfalls „auch mal eine Marktmanipulationsanzeige gegen Wirecard selbst stellen zu können“.
An die Erzählung, die Wirecard in der Opferrolle gesehen hat, habe er bereits spätestens seit Anfang 2019 nicht mehr geglaubt. Seitdem habe die BaFin in alle Richtungen, auch gegen Wirecard ermittelt. Es gehöre leider zur Tragik des Falls Wirecard, dass bestimmte Verfahren wie die gegen Insider und zwei Journalisten im April 2019 schneller vorwärts gekommen seien als die Verfahren gegen kriminelle bei Wirecard selbst. Von Gesetzes wegen habe die BaFin da Strafanzeige stellen müssen, während in anderen Fällen damals noch entscheidende rechtliche Bausteine fehlten.