12.04.2021 Finanzen — Anhörung — hib 457/2021

Umstrittene Reeder-Subvention

Berlin: (hib/AB) Die von der Bundesregierung geplante Verlängerung des erhöhten Lohnsteuereinbehalts in der Seeschifffahrt ist von Sachverständigen kontrovers diskutiert und gegensätzlich beurteilt worden. Die Bewertungen der Subvention reichten in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung der Vorsitzenden Katja Hessel (FDP) am Montag von „müssen abgeschafft werden“, bis zu „sind überlebensnotwendig“. Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Verlängerung der Reeder-Hilfen (19/27719) eingebracht.

Die Maßnahme sieht vor, dass Reeder und Arbeitgeber von Seeleuten auf Schiffen unter deutscher Flagge zwar die deutsche Lohnsteuer von der Heuer abziehen, diese aber als Wettbewerbsvorteil einbehalten. Die Regelung soll um sechs Jahre verlängert werden. Darüber hinaus wird sie laut Entwurf ausgedehnt auf Schiffe unter Flagge eines Mitgliedsstaats der Europäischen Union sowie auf die des Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), dazu gehören etwa Norwegen und Island.

Tilo Wallrabenstein vom Verband Deutscher Reeder begrüßte die geplante Verlängerung. Die Maßnahme sei ein äußerst wichtiger Beitrag zur Sicherung seemännischen Know-hows in Deutschland. Ohne sie wären seit Einführung der Regelung im Jahr 2016 rund zwei Drittel der Schiffe unter deutscher Flagge verloren gegangen. Mit der Maßnahme habe sich die Situation zumindest stabilisiert. Der internationale Wettbewerb sei „brutal“. Auch Peter Geitmann von der Dienstleistungsgewerkschaft verdi sprach sich für die Verlängerung der Unterstützung aus. Jedoch lehnte er die Ausweitung auf Schiffe unter europäischer Flagge ab, dies sei nicht zielführend für den Erhalt von Schiffen unter deutscher Flagge und deutschen Seeleuten.

Für Michael Thöne vom Finanzwissenschaftlichen Forschungsinstitut an der Universität zu Köln hat die Maßnahme „keinen erkennbaren Effekt gehabt“. Er führt in seiner Stellungnahme Zahlen des Verbands Deutscher Reeder an, wonach die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Besatzungsmitglieder in der deutschen Seeschifffahrt von 2013 bis 2020 um 37 Prozent gesunken ist. Der Verlust seemännischen Know-hows unter deutscher Flagge werde so nicht verhindert. Die Subvention solle man daher abbauen. Er kritisierte, dass die Bundesregierung ihre subventionspolitischen Leitlinien nachlässig behandele, indem sie das Transparenzgebot nicht einhalte. Eine von der Bundesregierung in Auftrag gegebene Evaluation der Maßnahme durch EY sei nicht veröffentlich worden. Auch Uwe Rauhöft vom Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine empfahl eine genaue Evaluierung für weitere Entscheidungen.

Albrecht Gundermann von der Euromar, einer Agentur für Vertrieb und Entwicklung des Internationalen Portugiesischen Schiffsregisters Madeira, begrüßte insbesondere die Ausweitung der Regelung auf alle Schiffe unter EU- und EWR-Flagge. Beschäftigungsmärkte seien nicht rein national zu betrachten, vor allem die der Seeschifffahrt. Eine Ausweitung der Regelung würde positive Auswirkungen auf die maritime Beschäftigung und die Anstellung deutscher Seeleute haben. Er kritisierte die deutsche Bürokratie in der Flaggenstaatsverwaltung im Vergleich zu anderen Staaten und sah darin einen Wettbewerbsnachteil.

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