Indigene Völker leisten Beitrag zum Klimaschutz
Berlin: (hib/HAU) Die Menschenrechtsaktivistin und Ethnologin Eliane Fernandes Ferreira wünscht sich eine Unterstützung des Bundestages für die indigenen Völker Brasiliens. Diese bräuchten Partner an ihrer Seite, um gegen die Umweltzerstörung in Brasilien anzukämpfen, sagte sie während eines öffentlichen Fachgespräches des Parlamentarischen Beirates für nachhaltige Entwicklung am Mittwoch. Fernandes Ferreira, die sich für die Ashaninka-Vereinigung vom Fluss Amonia im brasilianischen Bundesstaat Acre engagiert, erhob Vorwürfe gegen den Präsidenten Jair Bolsonaro, dessen Regierung „so gut wie alles gegen den Klimaschutz tut“. So seien unlängst mehrere Regeln für Umweltlizenzen geändert worden. Sie zitierte den Ashaninka-Vertreter Francisco Piyãko mit den Worten: „Die aktuelle brasilianische Regierung versucht die brasilianische Umweltgesetzgebung im Namen des Fortschritts, der Entwicklung zu ändern. Diese Regierung ist skrupellos und möchte einfach den Wald zerstören. Die Genehmigung des Projekts durch die Abgeordnetenkammer am 13. Mai, das Umweltlizenzen flexibler macht, zerstört das, was in Brasilien am reichsten ist, den Amazonas-Urwald.“ Aus Sicht des ehemaligen brasilianischen Umweltministers Carlos Minc verstoße das Projekt auch gegen die Verfassung, sagte Fernandes Ferreira.
Die Ashaninka hingegen unterstützten und förderten Initiativen zur Wiederaufforstung, Nutzung und Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen, die von traditionellen und indigenen Gemeinschaften geleitet werden, sagte sie. Eines ihrer Projekte ziele auf eine Agroforstwirtschaft und umweltfreundliche Agrarproduktion in den Gemeinschaften und baue eine nachhaltige wirtschaftliche Alternative zur Entwaldung auf. Bei einem weiteren Projekt gehe es um die Stärkung der Fischzucht im eigenen Territorium, um die Nahrungssicherheit der Gemeinschaft zu gewährleisten. Trotz fehlender Unterstützung der eigenen Regierung kämpften die Ashaninka für die Fortsetzung ihrer Umweltschutzprojekte, sagte die Ethnologin.
Almut Schilling-Vacaflor vom Institut für Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück machte während der Sitzung deutlich, dass indigene Völker einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisteten. „Sie verwalten mindestens 17 Prozent des Kohlenstoffs, der in den globalen Wäldern gespeichert ist, was dem 33-fachen der globalen Energieemissionen von 2017 entspricht“, sagte sie. Auch die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) sehe in den indigenen Völkern entscheidende Akteure des Wandels, deren Lebenspraktiken, traditionelles Wissen und Lebensweisen grundlegend für die Bekämpfung des Klimawandels und die Verwirklichung der Vision der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung seien.
Die Sozialwissenschaftlerin kam auch auf die ILO Konvention 169 (Übereinkommen über eingeborene und in Stämmen lebende Völker in unabhängigen Ländern) zu sprechen, die durch Deutschland ratifiziert worden sei. Damit verbunden sei die Förderung der Teilhabe indigener Völker in der Umweltpolitik auf allen Ebenen - auch in der nationalen Klimapolitik. Ein Problem in der Praxis sei aber, das sich Instrumente zur Bekämpfung des Klimawandels noch zu oft einseitig auf Fragen des Umweltschutzes beziehen würden. Menschenrechten und indigenen Rechten werde hingegen zu wenig Achtung geschenkt. Beleg dafür sei die Förderung von Schutzgebieten - auch durch Deutschland - „die zur Landvertreibung indigener Gesellschaften geführt haben sollen“, sagte Schilling-Vacaflor. Auch bei der Umsetzung der Sorgfaltspflichten von Unternehmen liege der Fokus auf der Entwaldung. Die Rechte indigener Gemeinschaften blieben aber in den Berichten zur Sorgfaltspflicht unerwähnt.