Merkel lobt enge Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs
Berlin: (hib/HAU) Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Premierminister Jean Castex haben das Engagement der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung gewürdigt. Während der sechsten Sitzung der Versammlung am Montag, 28. Juni 2021, sagte Merkel zu Beginn ihrer Ausführungen im Rahmen einer Anhörung der beiden Regierungschefs, es sei außerordentlich wichtig, das der Austausch zwischen Bundestag und Assemblée nationale institutionalisiert sei. Castex betonte, die Deutsch-Französische Parlamentarischen Versammlung habe seit Beginn der Corona-Krise sehr viel Profil gewonnen. Das Handeln der Abgeordneten sei ganz wesentlich für die Koordination der Maßnahmen insbesondere in den Grenzregionen gewesen.
Zu Beginn der Aussprache erinnerte Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble an die Gründungsphase der Versammlung. Als im September des Jahres 2017 der französische Staatspräsident Emmanuel Macron ein leidenschaftliches Plädoyer für mehr Dynamik im europäischen Integrationsprozess gehalten habe, sei Deutschland inmitten einer schwierigen Regierungsbildung gewesen, so dass sich die französische Seite habe gedulden müssen. Dieser Situation sei die Initiative zur der gemeinsamen Parlamentarischen Versammlung geschuldet, sagte Schäuble. In der Folge sei es gelungen, diese „weltweit einzigartige binationale Parlamentskammer“ zu einem Erfolg zu bringen. „Gerade in der Corona-Krise hat die parlamentarische Zusammenarbeit ihren Wert bewiesen“, sagte der Bundestagspräsident. So sei in einer Anhörung der Innenminister sehr deutlich gemacht worden, dass die Grenzschließungen zu Beginn der Pandemie „ein Fehler waren“. Mit einer Anhörung der Finanzminister sei die deutsch-französische Initiative für einen Wiederaufbaufonds begleitet worden.
Auch für den Präsidenten der Nationalversammlung, Richard Ferrand, ist der von Deutschland und Frankreich angestoßene Plan zum Wiederaufbau ein „herausragendes Beispiel für unsere Vorbereitung der Zukunft“. Die Erfolge müssten auch auf andere Bereiche wie etwa Verteidigung oder Migration ausgebaut werden. Mit Blick auf „unser Demokratiemodell, das uns so am Herzen liegt, und das so fragil ist“, forderte Ferrand, dafür Sorge zu tragen, „dass die repräsentative Demokratie vital bleibt“.
Bundeskanzlerin Merkel betonte die enge Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs auch auf Regierungsebene. „Es gibt keinen Partner, mit dem Deutschland enger und vertrauensvoller zusammenarbeitet als mit Frankreich“, sagte sie. Das gelte bilateral, „aber auch für die Europäische Union als Ganzes“. Deutschland und Frankreich sähen sich in der Pflicht, sich für ein handlungsfähiges und starkes, aber auch ein innovatives und solidarisches Europa einzusetzen. Merkel ging auch auf die gemeinsamen Herausforderungen bei der Pandemie-Bekämpfung ein. Die zu Beginn der Pandemie wieder eingeführten Grenzkontrollen seien sehr hart gewesen, räumte sie ein. Auch wenn sie in der damaligen Situation „wahrscheinlich“ unumgänglich gewesen seien, dürfe sich so etwas nicht mehr wiederholen. Dass die zeitweiligen Grenzschließungen so stark auf Kritik in den Grenzregionen gestoßen wären, zeige aber auch, „wie wenig Bedeutung die Landesgrenze in Zeiten ohne Pandemie noch hat, da sie im Grunde gar nicht wahrgenommen wird“, sagte die Bundeskanzlerin.
Premierminister Castex machte deutlich, dass mit dem Beschluss zur Aufnahme gemeinsamer Schulden der Weg zu neuem Wachstum in der EU und für Investitionen in Schlüsseltechnologien bereitet worden sei. In vielen Bereichen, so Castex, habe man aus der Gesundheitskrise Schlüsse ziehen können. „Wir stimmen uns sehr viel besser unter Europäern ab“, sagte er. Dank sagte der französische Premierminister nochmals für die Bereitschaft Deutschlands, französische Corona-Patienten im Frühjahr 2020 in deutschen Kliniken aufzunehmen. Positiv bewertet er auch, dass es gelungen sei, bei den weiteren Covid-Wellen die Grenzen offenzuhalten.
In der anschließenden Diskussion äußerte sich die Bundeskanzlerin auch zur Problematik der Besteuerung des Kurzarbeitergelds für Grenzgänger aus Frankreich. Lösbar sei dies durch eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens. Mit Blick auf das Festhalten Frankreichs an der Atomkraft sagte sie, es gebe bei den Rahmenbedingungen zum Klimaschutz keine Unterschiede. Gleichwohl gebe es bei der Energieversorgung unterschiedliche Gegebenheiten. Während Deutschland Gas als Brückentechnologie nutze, nutze Frankreich die Kernenergie. Es gelte, eine gewisse Toleranz zu erreichen bezüglich der unterschiedlichen Wege. „Das gelingt auf der Regierungschef-Ebene ganz gut, ist aber nicht ganz einfach“, sagte Merkel.
Deutschland und Frankreich würden Projekte zur Reduzierung der Emissionen gemeinsam umsetzen, sagte der französische Premierminister. Bei den Differenzen - etwa in der Frage der Atomenergie - werde es gelingen, auf Vorschlag der EU-Kommission Kompromisse zu erzielen, zeigte sich Castex überzeugt.
Einig waren sich Merkel und Castex in der Bewertung eines möglichen EU-Russland-Gipfels. Es habe eine Diskussion im Europäischen Rat zu der Frage gegeben, ob es zu einem Treffen der 27 EU-Mitglieder mit Russland im Vollformat kommen solle. Es habe aber die Sorge gegeben, dass die EU dabei „nicht geeint auftritt“. Aus ihrer Sicht, so die Bundeskanzlerin, müssten bei einem solchen Treffen alle Streitpunkte ebenso wie die Kooperationsmöglichkeiten auf den Tisch kommen. Über hybride Angriffe Russlands auf die EU-Staaten sollte nicht nur immer unter den Betroffenen diskutiert werden, befand Merkel. Auch der russische Präsident Putin müsse damit konfrontiert werden, verlangte sie. Allerdings brauche es für ein solches Arbeitsgespräch mit Putin eine geeinte EU-Position. Fest stehe für sie: Sprachlosigkeit löst keine Probleme. Aktuell, so Merkel, werde auf EU-Ebene darüber gesprochen, in welchem Format unter welchen Voraussetzungen Gespräche mit Russland stattfinden können.