24.05.2024 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung — Antwort — hib 343/2024

Bundesregierung setzt Mikrokreditvergabe in Kambodscha aus

Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung fördert nicht länger Mikro- und Kleinkredite im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit in Kambodscha. Das geht aus ihrer Antwort (20/11361) auf eine Kleine Anfrage der Gruppe Die Linke (20/11045) hervor. Diese hatte darin Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Selbsttötungen durch Überschuldung als mögliche Folge der Vergabe von Mikrokrediten thematisiert und um Stellungnahme der Bundesregierung gebeten.

Mit dem Vergabestopp von neuen Mikro- und Kleinkrediten habe sie auf Berichte über Menschenrechtsverletzungen und Selbsttötungen durch Überschuldung als mögliche Folge der Vergabe solcher Kredite reagiert, schreibt nun die Bundesregierung. Zwar seien seit 2005 keine bilateralen Mittel für den Finanzsektor in Kambodscha zugesagt worden, es habe aber noch bestehende Portfolios der Deutschen Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (DEG) und der KfW-Entwicklungsbank gegeben. Diese seien nun „auslaufend“. „Bis auf Weiteres werden keine neuen Maßnahmen im kambodschanischen Mikrofinanzsektor finanziert“, heißt es weiter in der Antwort.

Im Juli 2023, nach Kenntnis der Anschuldigungen zu einzelnen Suizidfällen, habe sie die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) angewiesen, sich für einen „sofortigen Stopp einer Herausgabe von zusätzlichen Kreditlinien beziehungsweise für den Verzicht einer Neuanlage von bestehenden Krediten innerhalb des vorhandenen Portfolios“ eingesetzt, so die Bundesregierung. Bereits im Mai 2023 habe sie angeordnet, das „Ausphasieren des verbliebenen Engagements im Mikrofinanzsektor Kambodschas“ vorzubereiten.

Zuvor hatte eine Untersuchung des Instituts für Entwicklung und Frieden (INEF) der Universität Duisburg-Essen im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Berichte von zivilgesellschaftlichen Organisationen in Kambodscha weitgehend bestätigt. Diese hatten zahlreiche Fälle von Menschenrechtsverletzungen infolge Überschuldung, darunter schuldengetriebene Landverkäufe, Ernährungsunsicherheit und Kinderarbeit, dokumentiert. Geschätzt ein Viertel bis die Hälfte der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer seien überschuldet, heißt es in der INEF-Studie.

Dennoch sieht die Bundesregierung in der Vergabe von Mikrokrediten weiterhin „einen wichtigen Baustein“, um breiten Bevölkerungsschichten den Zugang zu Finanzprodukten zu ermöglichen. Allerdings sei die Wirksamkeit von Mikrokrediten für die Armutsbekämpfung „stark abhängig von Kontextfaktoren“ wie der Arbeitsmarktintegration, dem Bildungsstand der Kreditnehmer und verschiedenen Produktspezifika wie etwa die Höhe der Zinssätze und Rückzahlungszeiträume, räumt die Regierung ein.

Um künftig schwere Fälle von Überschuldung und schuldengetriebener Suizide zu verhindern, fördere die Bundesregierung seit vielen Jahren örtliche Finanzinstitutionen, die Bedürfnisse vulnerabler Gruppen und kleiner und mittlerer Unternehmen besser zu verstehen und zu bedienen, betont die Bundesregierung in ihrer Antwort. Auf die Einhaltung von Regelungen zum Schutz von Kreditnehmern im Kontext von Responsible Finance Standards habe sie gegenüber der KfW und diese in ihrer Rolle als Gesellschaftern von Fonds stets hingewirkt. Die DEG beteilige sich gemeinsam mit anderen europäischen Entwicklungsfinanzierern an einer Initiative zur Verbesserung der Situation von kambodschanischen Kreditnehmern. Konkret setze man sich für die Einrichtung einer unabhängigen Beschwerdestelle in Kambodscha ein.

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