Bundesnetzagentur-Präsident Klaus Müller als Zeuge gehört
Berlin: (hib/LL) Der 2. Untersuchungsausschuss, der die staatlichen Entscheidungsprozesse zur nationalen Energieversorgung vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine untersuchen soll, hat am Mittwoch den Präsidenten der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, als Zeugen gehört.
„Dass die Wohnzimmer warm bleiben und die Fabriken weiter laufen“ habe 2022 im Hauptfokus der Arbeit seiner Behörde gestanden, erklärte Müller. Es sei darum gegangen, wie man in der Zeit, als der Boykott russischer Lieferungen von Gas und Kohle sich abzeichnete und die Mengen sich reduzierten, in Deutschland und Europa eine „Gasmangellage“ vermeiden und, falls es doch eine geben sollte, „wie man sie managen“ könnte.
Angesichts der damaligen Szenarien einer sich abzeichnenden allgemeinen Energieknappheit interessierte die Mitglieder des Untersuchungsausschusses , wie die Bundesnetzagentur im Untersuchungszeitraum 2022 bis 2024 einen möglichen Weiterbetrieb deutscher Atomkraftwerke bewertete und wie die Behörde über die damals viel diskutierte „Laufzeitverlängerung“ mit dem Bundesministerium für Wirtschaft kommunizierte. Konnte die Versorgungssicherheit in Deutschland und Europa gewährleistet werden, auch wenn, wie im Gesetz über den Atomausstieg vorgesehen, nach und nach sämtliche deutsche Atomkraftwerke abgeschaltet würden?
Bundesminister Robert Habeck habe zu dem Thema von der Bundesnetzagentur, zusätzlich zu der Expertise aus dem Ministerium, möglichst viele Informationen haben wollen, sagte Müller. Man habe verschiedene Szenarien durchgespielt, die im Lauf des Jahres 2022 immer wieder „von der Realität überholt“ worden seien. „Das ganze Jahr war eine Phase der extremen Unsicherheit.“ Durch den russischen Angriffskrieg habe sich die Lage „grundlegend geändert“, gab Müller zu Protokoll.
Der Bundesnetzagentur-Präsident zeichnete in seiner Vernehmung das Bild einer Behörde im Krisenmodus, die sich unter dem Eindruck der sicherheits- und energiepolitischen „Zeitenwende“ in Europa voll darauf konzentriert habe, die Gasversorgung trotz Lieferausfällen im Winter 2022/23 sicherzustellen. Vom Wirtschaftsminister habe sein Haus zudem den Auftrag erhalten, die Netzstabilität unter Berücksichtigung des Atomausstiegs vor dem Hintergrund der neuen Umstände zu prüfen. Seine Behörde habe zwei sogenannte „Stresstests“, den zweiten „mit verschärften Annahmen“, durchgeführt. Weder für die Aufrechterhaltung der Netzstabilität noch, um eine Gasmangellage zu kompensieren, sei eine Abkehr vom Weg des Atomausstiegs angezeigt gewesen, erläuterte Müller. „Ein Weiterbetrieb spart kein Gas.“ Man habe die Annahmen für die Stresstest-Szenarien auf der Grundlage der geltenden Gesetzeslage über den Atomausstieg getroffen. Parlament und Regierung hätten dann einen „klugen Kompromiss“ gefunden, um die Versorgungssicherheit in Deutschland zu gewährleisten.
Müller unterstrich mehrfach, der „primäre Auftrag“ der Bundesnetzagentur sei gewesen, „die Gasversorgung sicherzustellen“. Fragen der Preisbildung, der langfristigen Ausrichtung des Energiemixes oder der CO2-Bilanz seien demgegenüber für einige Monate in den Hintergrund gerückt, aber nicht völlig ausgeblendet worden. Sein Haus sei zunächst vor allem mit operativen Fragen beschäftigt gewesen. „Wir versuchten alle Möglichkeiten zu nutzen, Gas zu bekommen.“
Mit der Krise der französischen Atomkraft in den Sommermonaten, der Frage der Solidarität gegenüber dem Nachbarland und den Befürchtungen, dass im Winter plötzlich eine Vielzahl von Elektroheizkörpern angeschlossen werden könnten, sei dann die Frage der Netzstabilität in den Vordergrund gerückt. Müller versicherte, dass er und sein Haus alle Möglichkeiten genutzt hätten, um bei Gas und Strom die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Wir wollen, dass es fließt“, brachte er die Aufgabenstellung und das Motto seiner Behörde auf den Punkt. Zu Unterbrechungen in deutschen Netzen sei es dann ja auch nicht gekommen.