Özdemir: Verwaltung ohne Fehler in Fördermittelaffäre
Berlin: (hib/FLA) In der sogenannten Fördermittelaffäre im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) habe es kein Fehlverhalten auf der Ebene der Verwaltung gegeben. Aber auf der politischen Ebene sei ein gravierender Reputationsverlust entstanden. Dies hat der seit drei Monaten auch an der Spitze des BMBF stehende Minister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung erklärt.
Er bezog sich bei dem vom Ausschussvorsitzenden Kai Gehring (Bündnis 90/Die Grünen) geleiteten Gespräch auf einen Bericht der Internen Revision des Ministeriums vom 20. Januar 2025. Den Auftrag zu der Untersuchung habe er am 6. Dezember vergangenen Jahres erteilt. Die Interne Revision sei genau für solche Fälle die richtige Stelle, da sie weisungsfrei und unabhängig arbeite.
Nach propalästinensischen Protesten an der Freien Universität Berlin hatten Hochschullehrende die Räumung des Protestcamps in einem offenen Brief kritisiert. Daraufhin sollte im Ministerium überprüft werden, wer den Brief unterzeichnet hatte und Fördergelder aus dem Ministerium bekam.
Diesen Prüfauftrag habe es nur für weniger Stunden gegeben, beschied Özdemir den Ausschussmitgliedern. Fördermittel seien nicht auf rechtlich fragwürdiger Grundlage gekürzt oder gar gestrichen worden. Für den Umgang mit dem Prüfauftrag trage die damalige Ministerin Bettina Stark-Watzinger die Verantwortung. Das müsse politisch kritisiert werden.
Özdemir unterstrich, dass Forschungsförderung in Deutschland nach wissenschaftlicher Qualität erfolge. Dass unter Stark-Watzinger daran Zweifel aufgekommen seien, sei höchst problematisch. Jetzt komme es darauf an, verloren gegangenes Vertrauen zwischen dem Ministerium und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern wiederherzustellen.
Oliver Kaczmarek (SPD) nannte als Quelle allen Übels die politisch motivierte Idee, man könne Meinungsäußerungen aus der Wissenschaft auf ihre Verfassungskonformität überprüfen. Das sei im Ministerium zum Glück sehr schnell abgeräumt worden. Wissenschaftsfreiheit heiße auch, Widerspruch zu erdulden. Er dankte Özdemir für die Aufklärung. Es sei immer die Forderung gewesen, den Abgeordneten alle Akten zugänglich zu machen. Damit sei nun Transparenz hergestellt.
Thomas Jarzombek (CDU/CSU) meinte, es gehe weniger um die Frage, ob irgendetwas auf Rechtsgültigkeit geprüft wurde, sondern darum, dass eine Liste mit Namen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern erstellt wurde. Und das sei ein wirklich einmaliger Vorgang. Es sei gut, dass Einigkeit darüber bestehe, dass es die Leitung des Ministeriums gewesen sei und nicht das Haus selbst. Das Haus habe Widerstandsfähigkeit gezeigt.
Anja Reinalter (Bündnis 90/Die Grünen) lobte die hergestellte Transparenz. Zum ersten Male beschäftige sich der Ausschuss mit möglicher Fördermittelstreichung nach einem offenen Brief, ohne dass gemauert werde. Unter Özdemir habe es einen echten Aufklärungswillen gegeben. Endlich sei Licht ins Dunkel gebracht worden. Sie bedankte sich auch dafür, dass er erstmals alles getan habe, um die Schäden wiedergutzumachen. Die Interne Revision rehabilitiere die Verwaltungsmitarbeiter des Ministeriums gegenüber dem Vorwurf, nicht sorgsam mit der Wissenschaftsfreiheit umzugehen. Dieser Vorwurf sei nicht nur unangenehm, sondern sicher auch sehr belastend gewesen. Es handele sich stattdessen klar um eine FDP-Führungsaffäre.
Stephan Seiter (FDP), stellte fest, der Bericht der Internen Revision habe keine Widersprüche zu dem hervorgebracht, was in den bisherigen Sitzungen von Stark-Watzinger vorgetragen worden sei. Die Ministerin habe immer gesagt, dass die Förderung von Wissenschaft wissenschaftlichen Kriterien folgen müsse. Es habe einen irrtümlichen Auftrag für den Prüfauftrag gegeben, der wieder zurückgenommen worden sei. Für alle Beteiligten an diesem Prozess müsse die Unschuldsvermutung gelten: „Wenn da nichts ist, kann auch nichts sein.“ Ganz klar sei ein Vertrauensschaden entstanden. Maßnahmen, dieses Vertrauen wiederherzustellen, seien schon vor Özdemirs Amtsübernahme aufgenommen worden.
Götz Frömming (AfD) vermisste das Eingehen auf die Vorgeschichte des Falls. Wissenschaftsfreiheit sei ein hohes Gut, die Meinungsfreiheit gehöre untrennbar zur Demokratie dazu. Agiert hätten an den Hochschulen Hamas-Sympathisanten und Israel-Feinde. Er sprach von galoppierendem Antisemitismus, der nicht nur an deutschen Universitäten zu beobachten sei. Es gebe leider auch im Bereich der Lehrenden Sympathien für diese Umtriebe. Es sei natürlich falsch, Forschungsgelder zu kürzen.
Nicole Gohlke (Die Linke) sagte, die Ermittlung sei abgeschlossen, der Fall bleibe ungelöst. Den inhaltlich sehr dünnen Bericht habe man schon vor Monaten vorlegen können. Warum die Interne Revision nicht sehr viel früher eingeschaltet wurde und dafür erst ein Ministerwechsel kommen musste, sei unklar. Viele führten die Wissenschaftsfreiheit im Mund, wenige setzten sie aber auch um.