05.11.2025 Menschenrechte und humanitäre Hilfe — Ausschuss — hib 584/2025

IOM: Humanitäres System steht am Scheideweg

Berlin: (hib/SAS) Angesichts drastischer Kürzungen bei der humanitären Hilfe sieht die Internationale Organisation für Migration (IOM) das humanitäre System am Scheideweg. Diese Einsparungen hätten schwerwiegende Folgen, warnte der Direktor der IOM-Abteilung für humanitäre Hilfe und Wiederaufbau, Federico Soda, am Mittwoch im Ausschuss für humanitäre Hilfe und Menschenrechte.

So sei das Budget der IOM im laufenden Jahr von 3,7 Milliarden US-Dollar auf 2,8 Milliarden US-Dollar gesunken. Für 2026 seien lediglich 1,3 Milliarden US-Dollar gesichert. Das sei jedoch nur ein Bruchteil dessen, was seine Organisation benötige. Die IOM habe als erste UN-Organisation strukturelle Anpassungen zur Kostenreduzierung vorgenommen. In diesem Zuge seien weltweit 7.000 Stellen, etwa ein Viertel aller Stellen, gestrichen worden, so Soda.

Regierungen kämpften mit Inflation und innenpolitischen Sparforderungen, so der IOM-Vertreter auch mit Blick auf die in der kommenden Woche anstehenden Haushaltsberatungen im Bundestag. Weltweit seien die Ausgaben für humanitäre Hilfe gesunken. Vor dem Hintergrund zunehmender Konflikte, Krisen und Naturkatastrophen werde dies bereits an vielen Orten sichtbar.

Im Sudan etwa spiele sich derzeit eine der schlimmsten humanitären Krisen weltweit ab. Mehr als 30 Millionen Menschen seien auf Unterstützung angewiesen, sagte Soda. IOM leiste gemeinsam mit dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, dem UN-Kinderhilfswerk UNICEF und dem Welternährungsprogramm (WFP) Hilfe und steuere vor allem Unterkünfte und sogenannte Non Food Items bei. Dazu gehören etwa Decken, Plastikplanen, Kochgegenstände und Hygieneartikel. Doch diese Hilfe stehe vor dem Zusammenbruch, wenn es keine weiteren Gelder gebe, betonte der IOM-Mitarbeiter.

Auch im Ostkongo, wo 6,9 Millionen Menschen nach Vertreibung aus 170 Flüchtlingslagern durch die M23-Miliz auf der Flucht seien, verschlechtere sich die humanitäre Lage. Aufgrund der Mittelkürzungen könne IOM nur 1,7 Millionen Vertriebene eingeschränkten Zugang zu Unterkünften und Wasser bieten. Ähnlich schwierig beschrieb Soda auch die Lage in Afghanistan. Hier versorge IOM 6,5 Millionen Binnenvertriebene und 5,7 Millionen Rückkehrer etwa aus Iran und Pakistan. Aber Grenzschutz- und Gesundheitsdienste müsse IOM immer weiter reduzieren, obwohl der Bedarf steige.

Es brauche in dieser Situation „starke und prinzipientreue Partner“ wie Deutschland besonders, warb Soda um Unterstützung unter den Abgeordneten. Humanitäre Hilfe sei „keine Nächstenliebe oder Wohltätigkeit“, sondern eine „Strategie“, den Druck, der zu Konflikten, Vertreibung und irregulärer Migration führe, zu verringern. Die Arbeit seiner Organisation gehe über Nothilfe hinaus, ihre Wiederaufbaumaßnahmen zielten darauf ab, Gemeinschaften zu stabilisieren. Es gehe nicht nur darum Leben zu retten, sondern auch, künftige Krisen zu verhindern, erklärte Soda.

In der Diskussion thematisierten die Abgeordneten unter anderem die Arbeit von IOM in Syrien, um Rückkehr und Wiederaufbau zu unterstützen, die Wirksamkeit von Rückkehr- und Reintegrationsprogrammen sowie die Kosten von humanitären Aufnahme- und Resettlement-Programmen. Sie fragten auch nach der finanziellen Ausstattung der humanitären Hilfe im Sudan, danach, wie IOM Hilfsleistungen angesichts knapper Ressourcen priorisiere und welche Beschwerdemechanismen IOM Migranten zur Verfügung stelle.