12.01.2022 Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung — Ausschuss — hib 12/2022

Äthiopien: Hoffnung auf neuen politischen Prozess

Berlin: (hib/JOH) Die Bundesregierung hofft angesichts einer vergleichsweise stabilen militärischen Situation in Äthiopien auf den Beginn eines neuen politischen Prozesses in dem Land. Die Tigray-Befreiungsfront TPLF habe nicht wie befürchtet in die Hauptstadt Addis Abbeba vordringen können, sagte der Parlamentarische Staatssekretär bei der Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Niels Annen (SPD), heute Vormittag im Entwicklungsausschuss. Die äthiopische Regierung habe bereits einen Dialog angekündigt und im Rahmen einer Weihnachtsamnestie etliche politische Gefangene freigelassen, darunter Angehörige der TPLF.

Der Norden Äthiopiens ist seit November 2020 Schauplatz eines bewaffneten Konflikts zwischen der Zentralregierung in Addis Abeba und der TPLF mit einem Brennpunkt in der Region Tigray. Annen sprach von einem „gravierenden Konflikt“, in dessen Folge 9,4 Millionen Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen seien, davon allein 5,2 Millionen davon in der Region Tigray. 400.000 Menschen seien von Hungersnot bedroht, landesweit seien 2,4 Millionen Menschen als Binnenvertriebene auf der Flucht. Schwerste Menschenrechtsverletzungen seien auf beiden Seiten dokumentiert.

Laut Annen und einem Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA) liegt die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit und die mit Äthiopien vereinbarte Reformpartnerschaft seit Beginn der Kämpfe auf Eis, das Personal vor Ort habe abgezogen werden müssen. Seit dem 3. Januar sei den Helfern jedoch eine freiwillige Präsenz in einigen Gebieten möglich, was viele Mitarbeiter des AA und der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) zur Rückkehr veranlasst habe. Zudem sei die humanitäre Hilfe deutlich aufgestockt worden. Angesichts der großen Bedeutung Äthiopiens für die gesamte Region betonten beide Regierungsvertreter die Hoffnung und die Bereitschaft, die bisherigen Projekte fortzuführen und sowohl Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe gegebenenfalls auszubauen.

Auch aus der Unionsfraktion hieß es, ein Auseinanderbrechen des Landes hätte immense Auswirkungen auf die gesamte Region. Ein nationaler Dialog und eine stärkere Begleitung des Landes seien daher notwendig. Eine Vertreterin der SPD-Fraktion ergänzte, Deutschland könne unter anderem seinen Vorsitz in den G7 nutzen, um den politischen Prozess zu unterstützen.

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen warnte vor einer Verschärfung der Konflikte durch die Klimakrise. Dies könnte mögliche politische Lösungen erneut gefährden. Die FDP-Fraktion erkundigte sich nach der Zukunft der verschiedenen Vorhaben von AA und BMZ im Land.

Ein Vertreter der AfD-Fraktion sagte, die Situation auf dem afrikanischen Kontinent sei zunehmend fragil, woran auch 60 Jahre Entwicklungspolitik nichts geändert hätten. Das Land leide unter starken Umweltproblemen sowie einem Zusammenbruch der Lieferketten im Zuge der Corona-Pandemie.

Die Linksfraktion warnte bezugnehmend auf Stimmen aus den USA davor, militärisch in den Konflikt einzugreifen. Dies berge umso mehr die Gefahr, dass er sich auf die gesamte Region ausbreiten könne.

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