17.02.2022 Kultur und Medien — Ausschuss — hib 69/2022

Konsequenzen nach Antisemitismus-Vorwürfen

Berlin: (hib/AW) Die Deutsche Welle (DW) zieht sowohl personelle als auch strukturelle Konsequenzen aus den Antisemitismus-Vorwürfen gegen Mitarbeiter des Senders. Dies erläuterte der Intendant des deutschen Auslandssenders, Peter Limbourg, am Mittwoch vor dem Ausschuss für Kultur und Medien. So trenne sich der Sender von fünf Mitarbeitern. Zudem habe der Sender ein Zehn-Punkte-Maßnahmenpaket auf den Weg gebracht, um die Mitarbeiter der Deutschen Welle verstärkt für das Thema Antisemitismus zu sensibilisieren. Dazu gehöre unter anderem eine verbindliche Antisemitismus-Definition, die auch die Anerkennung des Existenzrechts Israels und die Ablehnung der Leugnung und Verharmlosung des Holocaust einschließe.

Limbourg betonte, dass die Deutsche Welle im vergangenen Jahr umgehend auf den Vorwurf, mehrere Mitarbeiter der arabischen Redaktion hätten sich antisemitisch geäußert, reagiert habe. Man habe Mitte Dezember 2021 eine unabhängige Untersuchung der Vorwürfe unter Leitung von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und des Ehepaars Ahmad und Beatrice Mansour in Auftrag gegeben. Die ehemalige Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ist Antisemitismus-Beauftragte von Nordrhein-Westfalen und das Ehepaar Mansour engagiert sich seit Jahren im Bereich der Demokratieförderung und Extremismusprävention.

Die Untersuchung sei zu dem Ergebnis gekommen, dass es zwar keinen strukturellen Antisemitismus in der arabischen Redaktion gebe, es aber zu individuellem Fehlverhalten gekommen sei. Limbourg betonte, dass die zu recht kritisierten Äußerungen der Mitarbeiter jedoch nicht Teil der Berichterstattung gewesen seien, sondern auf privaten Accounts in den sozialen Medien getätigt worden seien. Man könne nicht in die Köpfe der Mitarbeiter schauen, allerdings seien antisemitische Äußerungen oder abfällige Bemerkungen über Israel von Mitarbeitern des Senders auch auf privaten Accounts nicht hinnehmbar. Dies schädige auch das Ansehen des Senders insgesamt.

Neben der verpflichtenden Antisemitismus-Definition umfasse das Zehn-Punkte-Maßnahmenpaket die Einrichtung eines Kompetenzteams in der Chefredaktion, um im Programmangebot des Senders die Themenfelder Antisemitismus, Existenzrecht Israels und deutsche Verantwortung zu stärken, führte Limbourg aus. Zudem werde das Studio der Deutschen Welle in Jerusalem personell verstärkt. Ebenso würden diese Themen zukünftig auch bei der Zusammenarbeit mit Geschäftspartnern stärker berücksichtigt. Limbourg verwies allerdings darauf, dass gerade in der arabischen Welt die Politik der israelischen Regierung deutlich kritischer bewertet werde als in Deutschland. Die Deutsche Welle werde immer mal wieder mit den Vorwürfen konfrontiert, zu israelkritisch oder zu israelfreundlich zu berichten.

Von den Fraktionen wurden die Ausführungen Limbourgs unterschiedlich bewertet. Aus den Reihen der SPD, der CDU/CSU, der Grünen, der FDP und der Linken wurde dem Intendanten bescheinigt, dass die Deutsche Welle mit der Einsetzung einer unabhängigen Untersuchung schnell und angemessen auf die Antisemitismus-Vorwürfe reagiert habe. Zugleich wurde jedoch angemahnt, dass es seit Jahren offenbar Probleme in der arabischen Redaktion zwischen Mitarbeitern gebe und dies auch bekannt gewesen sei. Von Seiten der AfD wurden harte Vorwürfe laut: Die Untersuchung habe ergeben, dass die Einstellung der betroffenen Mitarbeitern in der Redaktion teilweise bekannt gewesen seien und die Probleme deshalb früher hätten erkannt werden müssen. Dieser Befund sei katastrophal. Das Ansehen der Deutschen Welle und Deutschlands sei massiv geschädigt worden.

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