16.03.2022 Familie, Senioren, Frauen und Jugend — Ausschuss — hib 116/2022

Unicef: Mehr als 1,5 Millionen ukrainische Kinder geflüchtet

Berlin: (hib/SAS) Auf die besonders schwierige Lage von Kindern im Ukraine-Krieg hat Unicef Deutschland in einem Gespräch mit den Mitgliedern des Ausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am Mittwoch aufmerksam gemacht.

Seit Kriegsbeginn seien mehr als 1,5 Millionen Kinder aus der Ukraine geflüchtet. Die Hälfte der aktuell rund drei Millionen Flüchtlinge sei damit minderjährig, betonte der Geschäftsführer des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (VN) in Deutschland, Christian Schneider in der Sitzung des Ausschusses unter Leitung von Ulrike Bahr (SPD). Die Zahl der Kinder und Jugendlichen sei so auch höher als in der Flüchtlingskrise 2015 und sie wachse zusehends. Jeden Tag flüchteten etwa 75.000 weitere Kinder.

Die Lage der insgesamt etwa 7,5 Millionen Kinder, die unter dem Krieg in der Ukraine litten, verschlechtere sich von Minute zu Minute und je länger die Kampfhandlungen andauerten, so Schneider. Laut offiziellen Zahlen des VN-Hochkommissariats für Menschenrechte seien bis zum Dienstag 636 Zivilisten ums Leben gekommen, davon etwa 46 Kinder. 1.125 Menschen seien verletzt worden, darunter 62 Kinder.

Dokumentiert seien zudem mehr als 60 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen, so der Unicef-Vertreter. Diese Angriffe gefährdeten direkt Kinder und ihre Gesundheitsversorgung. Krebskranke Kinder könnten nicht mehr versorgt, dringende Operationen nicht mehr vorgenommen werden, erklärte Schneider.

Eine weitere direkte Folge der Zerstörung durch den Artilleriebeschuss sei, dass mehr als sechs Millionen Kinder seit Wochen nicht mehr in die Schule gehen könnten. Hunderttausende Menschen lebten ohne sauberes Wasser und Strom, harrten unter immer schlechter werdenden, unsicheren Bedingungen aus und suchten in unterirdischen Unterschlüpfen wie U-Bahnstationen Zuflucht.

Der Bedarf an humanitärer Hilfe wachse, gleichzeitig werde es auch für seine Organisation immer schwieriger, diese Hilfe zu leisten, unterstrich Schneider in seinem Bericht. Neben den unmittelbaren Auswirkungen des Krieges drohten auch mittelbare Gefahren: Ein Polioausbruch im Land könne aktuell nicht bekämpft werden, durch die eingeschränkte Versorgung mit sauberem Trinkwasser wachse das Risiko für Kinder und Familien, etwa an Durchfall oder Cholera zu erkranken. Der Geschäftsführer von Unicef Deutschland warnte in diesem Zusammenhang von einer umfassenden Gesundheitskrise in der Ukraine.

Schneider lobte das große ehrenamtliche Engagement in der deutschen Bevölkerung. Es müsse nun aber mit staatlicher Unterstützung koordiniert werden. Auch die Aufnahmekapazitäten müssten schnell aufgestockt werden, forderte er. Entstehende Schutzlücken für Kinder gelte es rasch zu schließen und Schutzstandards bei der Unterbringung zu gewährleisten. Das gelte gerade auch für die private Unterbringung von Familien und eventuell unbegleiteten Kindern, bei der Kinderschutzfragen nicht aus dem Blick verloren werden dürften.

In der Diskussion zeigten sich die Abgeordneten aller Fraktionen äußerst besorgt angesichts der Lage der Kinder im Ukraine-Krieg. Sie thematisierten unter anderem Möglichkeiten einer schnelleren Evakuierung, fragten nach der Situation von Kindern in Waisenhäusern und der Gewährleistung von Mindeststandards in Flüchtlingsunterkünften in Deutschland.

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