11.05.2022 Ernährung und Landwirtschaft — Ausschuss — hib 223/2022

Handelskrieg um Getreide vermeiden

Berlin: (hib/NKI) Die Bundesregierung fordert wegen der Gefahr globaler Engpässe bei Getreide im Zuge des Ukraine-Kriegs politische Anstrengungen, um drohende Hungerkrisen und politische Konflikte zu verhindern. Deutschland, die Europäische Union und die G7-Staaten müssten alles dafür tun, dass die Märkte für Agrarprodukte und Getreide weiterhin geöffnet blieben und ein Handelskrieg um Getreide vermieden werde, sagte eine Vertreterin des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Ausschuss für Ernährung und Landwirtschaft am Mittwochvormittag. Anlass war eine Unterrichtung zu den Auswirkungen der völkerrechtswidrigen Invasion der Ukraine durch Russland auf die Bereiche Ernährung und Landwirtschaft sowie über Möglichkeiten und Aktivitäten zur Linderung von Engpässen in der Versorgungslage.

Trotz der kriegerischen Handlungen in der Ukraine würden 75 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen bestellt, allerdings sei lediglich die Hälfte der Saat ausgebracht worden, was erhebliche Auswirkungen auf die Versorgung im Jahr 2023 habe. Derzeit befänden sich noch 20 Millionen Tonnen Getreide in ukrainischen Lagern. Zusammen mit dem ukrainischen Agrarministerium suche die Bundesregierung nach Wegen, das Getreide über Häfen in Rumänien und Moldau zu exportieren.

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen) stünde seit Ende Februar im engen Austausch mit dem Agrarministerium in Kiew. Von dort würden Bedarfe an Berlin geschickt, aber die Regierung der Ukraine leite Wunschlisten auch an die EU-Kommission, die wiederum verteilt, welches Land was liefern solle. Für diesen Freitag und Samstag hat Minister Özdemir die G7-Agrarminister nach Stuttgart eingeladen, dort soll es um Maßnahmen gehen, wie die internationalen Agrarmärkte offengehalten werden können und die internationale Zusammenarbeit gestärkt werden kann.

Fraktionsübergreifend waren sich die Abgeordneten einig, dass es nicht nur direkte Hilfen an ukrainische Landwirte geben muss, sondern auch die Agrarbetriebe in Deutschland Unterstützung brauchen.

Aktuell sollen Hilfsgelder in Höhe von insgesamt 180 Millionen Euro - 60 Millionen Euro vom Bund und 120 Millionen Euro von der EU - verteilt werden. Die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen mahnte an, die Gelder nach Kriterien der Nachhaltigkeit zu vergeben.

Die CDU/CSU-Fraktion warnte vor dem Festhalten an Beschlüssen, die von der aktuellen Lage überholt worden seien. Offenbar habe im BMEL bereits ein Umdenken eingesetzt. Um auch die Produktion von Weizen in Deutschland zu steigern, setze die Bundesregierung nun darauf, EU-Regeln zur Fruchtfolge, die eigentlich ab 2023 gelten sollten, zurückzustellen, um auch im Jahr 2023 Weizen anbauen zu können. Nach den Richtlinien der neuen europäischen Agrarpolitik wäre die Fruchtfolge Weizen auf Weizen nicht mehr zulässig.

Die Abgeordneten der FDP-Fraktion wiesen auf die Gefahr einer möglichen Hungersnot in der Ukraine hin. Nicht nur die Kriegshandlungen würden die Versorgung einschränken, sondern auch der Getreidediebstahl durch das russische Militär. Die Liberalen fordern Aufklärung darüber, wo das Getreide lande, ob es nach Russland gebracht oder auf dem Weltmarkt verkauft werde. Auch von Seiten der SPD-Fraktion wurde die Forderung gestellt, diese Fragen zu klären.

Die Oppositions-Fraktionen richteten ihren Blick auf die Lage der deutschen Landwirte. Ein Abgeordneter der AfD wollte wissen, ob die Bundesregierung Vorkehrungen für den Fall von Engpässen bei Gaslieferungen plane. Vor allem Molkereien müssten im Fall einer Verknappung oder eines massiven Preisanstiegs von Gas Molkereiprodukte vernichten, weil die Kühlketten nicht aufrechterhalten werden könnten.

Die Fraktion Die Linke erkundigte sich danach, auf welchem Weg die Landwirte die Finanzhilfen von insgesamt 180 Millionen Euro erhalten. Das Geld solle über die Krankenversicherung und über die Unfallversicherung der Landwirte bis Ende September 2022 ausgezahlt werden, so die Antwort der Bundesregierung.

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