Repressalien gegen Menschenrechtsverteidiger in China
Berlin: (hib/SAS) Menschenrechtsverteidigerinnen und Menschenrechtsverteidiger geraten in China immer mehr unter Druck. Die Lage der Menschenrechte habe sich in der Volksrepublik in den vergangenen zehn Jahren kontinuierlich verschlechtert, und Menschenrechtsverteidiger stünden besonders im Fokus des Staatssicherheitsapparates, sagte ein Vertreter der Bundesregierung am Mittwochnachmittag im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.
Anwältinnen und Anwälte, die sich mit Menschenrechtsfällen befassten, unterlägen einer extremen Kontrolle. Von den etwa 100 Menschenrechts-Anwälten in China sei inzwischen geschätzt mehr als ein Drittel in Haft oder habe einen Entzug ihrer Lizenz hinnehmen müssen. Auch die Anwaltsorganisation sei in den vergangenen Jahren einer immer stärkeren Überwachung durch die kommunistische Partei unterworfen worden, berichtete der Vertreter des Auswärtigen Amtes.
Die Formen der Unterdrückung seien vielfältig: Sie reichten von der Verbringung an einen unbekannten Ort, über intransparente Gerichtsverfahren bis zu Inhaftierungen, die nach der eigentlichen Haft andauerten. Zudem werde Druck auf die Angehörigen ausgeübt und - wenn die Einschüchterungen nicht wirkten - weitere Haftstrafen verhängt, so der Regierungsvertreter.
Die Corona-Pandemie habe die Lage nochmals verschärft: Die Behörden nutzten zunehmend Instrumente der Virusbekämpfung auch für Repressionen gegen Menschenrechtsverteidiger. Druck werde beispielsweise durch das Vorenthalten des Gesundheitscodes ausgeübt, den es brauche, um am öffentlichen Leben in China teilzunehmen.
Angesichts dieser zugespitzten Lage bemühe sich die Bundesregierung insbesondere darum, Sichtbarkeit zu schaffen. Fälle von inhaftierten Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern thematisiere sie regelmäßig in bilateralen Gesprächen mit chinesischen Gesprächspartnern ebenso wie öffentlich etwa über soziale Medien, so der Regierungsvertreter. Dabei nutze die Regierung auf europäischer Ebene wenn möglich gemeinsame Erklärungen, auf internationaler Ebene die Aufmerksamkeit durch Treffen in multinationalen Foren wie der Generalversammlung der Vereinten Nationen (VN) oder dem VN-Menschenrechtsrat.
Die Wirkung dessen sei zwar begrenzt, räumte der Regierungsvertreter ein. Dennoch zeige der Einsatz in einzelnen Fällen, etwa bei Haftentlassungen oder stattgegebenen Ausreiseanträgen, doch Erfolg: Die chinesische Führung bestreite zwar einen Zusammenhang, so der Vertreter, dennoch es sei es entscheidend, im Engagement nicht nachzulassen.
Positiv äußerte sich der Vertreter des Auswärtigen Amtes auf Nachfrage eines SPD-Abgeordneten auch zu dem Ende Mai nach jahrelangen Tauziehen geplanten Besuch der VN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, in der Provinz Xinjiang. Menschenrechtsorganisationen werfen der chinesischen Führung vor, dort Angehörige muslimischer Minderheiten wie der Uiguren in Internierungslagern zu inhaftieren und zu foltern. Die USA und andere Staaten sprechen sogar von einem Genozid. Auch wenn unbeeinflusste Gespräche vor Ort wohl kaum möglich seien, könne anschließend immerhin der seit 2021 angekündigte Bericht zu Menschenrechtssituation in China veröffentlicht werden. Das sei wichtig, so der Regierungsvertreter.
In der Diskussion stellte ein Vertreter der CDU/CSU-Fraktion den Menschenrechtsdialog mit Peking in Frage, die AfD-Fraktion forderte, die Entwicklungszusammenarbeit mit China zu beenden. Ein Abgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen plädierte dagegen für einen regelmäßigen Austausch mit China über die Einhaltung von Menschenrechten. Die FDP-Fraktion fragte nach verbliebenen Spielräumen für Menschenrechtsverteidiger im digitalen Raum, die Linksfraktion nach dem Nutzen von Handelsbeziehungen mit China, um Einfluss auf Russland auszuüben.