02.06.2022 Menschenrechte — Ausschuss — hib 281/2022

Baerbock: China-Strategie erarbeiten

Berlin: (hib/SAS) Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) sieht die Bundesregierung in ihrem Kurs einer wertegeleiteten Außenpolitik bestätigt. Russlands Krieg gegen die Ukraine sei ein Angriff auf das Völkerrecht und führe gleichzeitig die Bedeutung internationaler Regeln und fundamentaler Menschenrechte deutlich vor Augen, sagte Baerbock am Mittwochnachmittag im Gespräch mit Mitgliedern des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Im Umgang mit autoritären Staaten wie China plädierte die Ministerin für mehr Härte. Die Bundesregierung setze weiterhin auf Dialog, schweige aber Kritisches nicht tot. Es brauche eine klare Haltung und Sprache, auch um sich selbst nicht dem Vorwurf der Doppelmoral auszusetzen, so Baerbock.

Entsprechend kritisch äußerte sie sich zur China-Reise der Hochkommissarin für Menschenrechte der Vereinten Nationen (VN), Michelle Bachelet, Ende Mai: Wenn Vorwürfe von schwersten Menschenrechtsverletzungen nicht aufgeklärt werden könnten, stelle sich die Frage nach dem Sinn solcher Besuche. Sie selbst habe eine Videokonferenz mit ihrem chinesischen Amtskollegen Wang Yi genutzt, um die neuesten Berichte und Dokumentationen über Pekings Vorgehen gegen die Uiguren anzusprechen. Die Bundesregierung dränge zudem darauf, dass zumindest der angekündigte VN-Bericht zur Menschenrechtslage in der nordwestchinesischen Provinz Xinjiang so schnell wie möglich veröffentlicht werde.

Im Hinblick auf die engen Handelsbeziehungen Deutschlands zu China sagte Baerbock, das Auswärtige Amt erarbeite derzeit an einer China-Strategie. Dabei gehe es darum, mehr Distanz zu schaffen und wirtschaftliche Abhängigkeiten zu reduzieren. Auch die Lieferketten deutscher Unternehmen gerieten verstärkt in den Blick, um Zwangsarbeit und Menschenrechtsverletzungen auszuschließen, betonte die Außenministerin auf Nachfrage von Abgeordneten. Die Unionsfraktion hatte zudem gefordert, den Menschenrechtsdialog mit China auf Augenhöhe zu führen und in der Frage der umstrittenen Konfuzius-Institute an deutschen Universitäten klarer Position zu beziehen. Die an deutschen Universitäten meist direkt angesiedelten Bildungseinrichtungen sollen offiziell die chinesische Sprache und Kultur vermitteln, stehen jedoch in der Kritik, politische Propaganda zu betreiben.

Anknüpfend an Baerbocks Ankündigung einer härteren Gangart gegenüber autoritär geführten Staaten erkundigten sich Mitglieder der SPD-Fraktion sowie der Linksfraktion unter anderem nach der Haltung der Bundesregierung zur Türkei. Im Europarat laufe ein Ausschlussverfahren wegen des Falls Osman Kavala, so der Hinweis. Ein Gericht in Istanbul hatte den Kulturförderer wegen eines angeblichen Umsturzversuches zu lebenslanger Haft verurteilt, obwohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte seine Freilassung verlangt. Doch man brauche die Zustimmung der Türkei in der Frage des Nato-Beitritts von Finnland und Schweden. Baerbock räumte ein Dilemma ein, betonte jedoch, dass es in der Außenpolitik regelmäßig Situationen gebe, in denen man trotz Kritik zusammenarbeiten müsse.

Die FDP-Fraktion thematisierte Hilfen für die Republik Moldau. Deutschlands Unterstützung für gegen Israel gerichteten Resolutionen im VN-Menschenrechtsrat kritisierte die AfD-Fraktion. Die Grünen fragten wiederum nach Baerbocks Haltung zur Forderung nach einem internationalen Ukraine-Sondertribunal, um Putin persönlich vor Gericht zu bringen. Baerbock signalisierte in dieser Frage eher Skepsis und verwies stattdessen auf die laufenden Ermittlungen des Internationalen Strafgerichtshofes, die Deutschland ebenso unterstütze wie die nationalen Ermittlungen der Ukraine. Ziel müsse es sein, die internationalen Institutionen zu stärken , nicht zu schwächen, unterstrich die Außenministerin.

Als ein Zeichen, das seine Wirkung nicht verfehlt habe, bezeichnete die Ministerin so auch die Suspendierung Russlands aus dem VN-Menschenrechtsrat, für die sich Deutschland gemeinsam mit anderen Staaten stark gemacht habe. Gleiches gelte für die im März eingesetzte Untersuchungskommission des Menschenrechtsrates, die mögliche Kriegsverbrechen russischer Truppen in der Ukraine untersuchen und Beweismaterial für spätere Gerichtsprozesse sammeln soll, so Baerbock. In einer unter anderem von der Bundesrepublik beantragten Sondersitzung Mitte Mai hatte der Menschenrechtsrat die bislang dokumentierten Gräueltaten verurteilt und die Untersuchungskommission noch einmal verstärkt, wie die Ministerin betätigte. Deutschland gehört zu den größten Geldgebern der Kommission.

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