22.06.2022 Menschenrechte — Ausschuss — hib 321/2022

Kritische Fragen zum Neuanfang bei Frontex

Berlin: (hib/SAS) Über Veränderungen bei der europäischen Grenzschutzagentur Frontex hat die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium des Inneren und Heimat, Rita Schwarzelühr-Sutter (SPD), den Ausschuss für Menschenrechte am Mittwoch informiert. In der Sitzung musste sich Schwarzelühr-Sutter kritischen Nachfragen stellen - so etwa zum Stand der Aufarbeitung und zu konkreten Konsequenzen aus den Vorwürfen von Menschenrechtsverletzungen bei der illegalen Zurückweisung von Flüchtlingen an den EU-Außengrenzen, sogenannten Pushbacks.

Schwarzelühr-Sutter hatte zuvor Zuversicht signalisiert, dass nach dem Rücktritt des bisherigen Frontex-Direktors, Fabrice Leggerie, ein Neuanfang bei der Agentur möglich sei. Das Europäische Parlament und der Verwaltungsrat von Frontex hätten sofort auf die Anschuldigungen reagiert. Die Untersuchungen der Fälle dauere allerdings noch an. Bislang hätten sich Vorwürfe gegen Frontex-Grenzbeamte jedoch nicht bestätigt, so die Innen-Staatssekretärin.

Auch das Berichts- und Meldewesen sei hinsichtlich der Transparenz und der Einhaltung von Grund- und Menschenrechten verbessert worden. Die Bundesregierung setze sich dafür ein, dass jeglichen Vorwürfen schnell und transparent unter Einbindung des Grundrechtsbeauftragten nachgegangen werde, sagte Schwarzelühr-Sutter. Deutschlands Ziel sei ein sowohl wirksamer als auch rechtsstaatlicher Schutz der Außengrenzen. Auf Initiative der Bundesregierung hin dringe der Verwaltungsrat deshalb auf die Erarbeitung eines Aktionsplans durch die kommissarische Leitung. Dieser solle für mehr Transparenz bei operativen Maßnahmen sorgen und helfen, mögliche offene Rechtsfragen zu klären.

Von den eingeleiteten Maßnahmen zeigten sich Abgeordnete fast aller Fraktionen im Ausschuss wenig überzeugt: Die SPD-Fraktion unterstrich die Notwendigkeit struktureller Reformen. Die Probleme bei Frontex seien so grundlegend, dass sie durch einen Wechsel an der Spitze nicht zu lösen sein. Aus Gesprächen mit deutschen Frontex-Polizisten sei etwa bekannt, dass Berichte über Menschenrechtsverletzungen intern einfach verschwänden, so ein Abgeordneter.

Die CDU/CSU-Fraktion fragte nach Erkenntnissen zu illegalen Pushbacks an den kroatischen EU-Außengrenzen, über die Medien zuletzt im Mitte Juni berichtet hatten, und drang gleichzeitig auf eine bessere Ausbildung der Grenzbeamten. Harsche Kritik äußerten Abgeordnete der Fraktionen von Bündnis 90/ Die Grünen, FDP und Die Linke: Dass die Bundesregierung angebe, keine behördlichen Hinweise auf Verstöße an der kroatischen Grenze zu haben, lege deutliche Mängel des Systems offen.

Es brauche mehr Kontrolle, so ein Grünen-Abgeordneter und forderte Einsicht in den Bericht der EU-Antibetrugsbehörde zu den Vorwürfen von Pushbacks gegen Frontex. Ein FDP-Abgeordneter monierte das bisherige Engagement bei der Aufklärung. Die Anschuldigungen gegen die Grenzschutzagentur seien gravierend, daher müsse mehr passieren - es stehe sonst zu befürchten, dass ein Neuanfang misslinge. Die Linke fragte zudem nach einer Zusammenarbeit zwischen Frontex und der libyschen Küstenwache, welche die Staatssekretärin verneinte. Die AfD-Fraktion schließlich nutzte Berichte über steigende Migrationszahlen, um sich nach Plänen für eine Stärkung der Grenzschutzagentur zu erkundigen.

Schwarzelühr-Sutter warb zum Abschluss des Gesprächs um Vertrauen in die angestoßenen Veränderungen. Es sei nicht gerechtfertigt, wegen der Vergehen Einzelner die gesamte Agentur infrage zu stellen. Sie sehe eine echte Chance auf einen Neuanfang bei Frontex, betonte die Staatssekretärin.

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