23.06.2022 Digitales — Ausschuss — hib 323/2022

Bei „Chatkontrolle“ noch viele Fragen offen

Berlin: (hib/LBR) Beim Kampf gegen die Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen muss Verfassungskonformität hergestellt werden. Darin waren sich die Mitglieder des Digitalausschusses des Bundestags in der Diskussion mit einem Vertreter des Bundesinnenministeriums (BMI) über den Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung von Kindesmissbrauch der EU-Kommission einig. Unter den Entwurf fallen drei Arten von sexualisiertem Missbrauch, etwa Missbrauchsdarstellungen, bislang unbekanntes Material, aber auch das sogenannte Grooming, also die gezielte Kontaktaufnahmen zu Minderjährigen in Missbrauchsabsicht.

In Deutschland wird der Verordnungsentwurf seit dem Bekanntwerden Anfang Mai unter dem Stichwort „Chatkontrolle“ massiv kritisiert. Kontrovers diskutiert wird insbesondere über das Aushebeln oder Aufweichen der Verschlüsselung und wie genau Messenger-Dienste private Chats etwa mittels Suchalgorithmen auf kinderpornographische Inhalte wie Fotos oder Videos durchsuchen müssen. Sollte derartiges Material gefunden werden, wären Plattformen verpflichtet, solche Verdachtsfälle zu melden und entfernen. Unklar ist auch, wie eine neue EU-Zentralstelle, die mit den Behörden der Mitgliedsländern koordiniert handeln soll, ausgestaltet werden soll.

Die Bundesregierung begrüße, dass es bei dem Thema ein gemeinsames europäisches Vorgehen gebe und eine dauerhafte Rechtsgrundlage geschaffen werden soll. Insbesondere begrüßt werde die Stärkung von Präventionsmaßnahmen und dass die Anbieter digitaler Plattformen adressiert und die Provider zu technischen Maßnahmen verpflichtet werden könnten, da die bisherigen freiwilligen Maßnahmen nicht ausreichten. Insbesondere die Messenger-Dienste spielten bei der Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen eine führende Rolle, sagte der BMI-Vertreter. Klärungsbedarf bestehe aus Sicht der Bundesregierung noch bei der konkreten Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit Europol und der Governance-Struktur.

Die SPD-Vertreterin verwies außerdem auf Fragen der Vereinbarkeit des Entwurfs mit dem Koalitionsvertrag. Ein Unionsvertreter wollte Details zur geplanten zentralen europäischen Institution erfahren. Ein Grünen-Vertreter fragte nach den Rückmeldungen aus den anderen EU-Mitgliedsstaaten auf den Entwurf. Inwieweit die Verordnung mit dem Recht auf Verschlüsselung zusammenpasse und wie die Überlegungen beim Thema Altersnachweis bzw. Ausweispflicht aussehen, interessierte einen Abgeordneten der FDP. Ein Vertreter der AfD-Fraktion fragte nach den Auswirkungen des Entwurfs auf die Geschäftsbeziehungen von Cloudanbietern und ihren Kunden. Eine Vertreterin der Linksfraktion wollte Details zu den geplanten Präventionsmaßnahmen erfahren, etwa ob Jugendämter oder Anlaufstellen für Betroffene gestärkt werden sollen.

Zum Verordnungsentwurf: https://digital-strategy.ec.europa.eu/en/library/digital-decade-children-and-youth-new-european-strategy-better-internet-kids-bik

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