06.07.2022 Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung — Ausschuss — hib 354/2022

„Notfall-BAföG“ muss schneller und unbürokratischer sein

Berlin: (hib/DES) Der geplante „BAföG-Notfallmechanismus“ für Krisenzeiten ist ein wichtiges Instrument, das allerdings noch einer Überarbeitung bedarf. Darin waren sich die drei geladenen Sachverständigen bei der Anhörung des Ausschusses für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung am Mittwochmittag einig. Grundlage der Anhörung war der von der Bundesregierung eingebrachte Gesetzentwurf (20/2298) zum 28. BAföG-Änderungsgesetzes.

Mit der 28. BAföG-Novelle soll eine Art Notfallmechanismus für Krisenzeiten in Kraft treten. Viele Studierende und Auszubildende hätten in der Corona-Pandemie ihre Nebenjobs verloren und seien in finanzielle Notlage geraten. Damit eine solche Situation künftig vermieden werde, solle bei bundesweiten Krisen, die „den Arbeitsmarkt für ausbildungsbegleitende Nebentätigkeiten“ betreffen beziehungsweise einbrechen lassen, der Personenkreis der BAföG-Empfänger erweitert werden können. Sowohl Studierende als auch Schülerinnen und Schüler in förderfähigen Ausbildungen könnten damit „Notfall-BAföG“ beziehen. Die Notlage werde vom Bundestag beschlossen und müsse alle drei Monate verlängert werden. Besteht eine Notlage länger als sechs Monate, könne entschieden werden, ob die BAföG-Förderung durch ein Volldarlehen ersetzt werde.

Für Bernhard Börsel, Referatsleiter für Studienfinanzierung und bildungspolitische Fragen beim Deutschen Studentenwerk, müsse der Notfallmechanismus transparent, schnell und unbürokratisch sein, „denn es geht um Existenzsicherung“. Anstatt erst nach Feststellen der Krise einen Plan zu erarbeiten, müssten die Konzepte für die BAföG-Förderung im Vorfeld entwickelt werden und auch den BAföG-Ämtern vorliegen. Zum Abbau bürokratischer Hürden gehöre auch, dass die Punkte einer BAföG-Prüfung, die besonders viel Zeit in Anspruch nehmen (wie die Nachweispflicht), für das „Notfall-BAföG“ vereinfacht beziehungsweise außer Acht gelassen werden sollten.

Auch Ulrike Tippe, Vizepräsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, bezweifelte, dass der angedachte Prozess der 28. Novelle schnell genug sei, um den Studierenden direkt zu helfen. Es gehe bei der Nothilfe um Situationen, in denen Studierenden die finanziellen Mittel wegbrechen, daher sei schnelles Handeln entscheidend. Um den Beantragungs- und Bewilligungsprozess zu beschleunigen, schlug sie vor, anstatt des Nachweises der individuellen Betroffenheit, der für die Beantragung der BAföG-Förderung relevant ist, auf eine Selbsterklärung der Studierenden oder den Nachweis des Jobverlustes zu setzen.

Daryoush Danaii, Vorstand bei „freier Zusammenschluss von Student*innenschaften e.V.“ bemängelte, dass das „Notfall-BAföG“ nicht für internationale Studierende gelten solle. Außerdem greife es zu kurz, lediglich die Arbeitsmarktsituation als Indikator für das Einsetzen des „Notfall-BAföGs“ heranzuziehen. Auch die Inflation oder steigende Heizkosten könnten Studierende in finanzielle Not bringen. Danaii schlägt die Kaufkraft als Parameter vor. Ebenso müsste der Nothilfemechanismus auch bei regionalen Krisen greifen - aktuell spreche der Gesetzentwurf nur von bundesweiten Krisen. Auch wenn er die Notfallhilfe generell begrüßt, forderte Danaii, diese als Vollzuschuss zu gewähren: „Krisen lassen sich nicht bewältigen, indem Studierende zur Aufnahme von Schulden gedrängt werden“.

Das Video zur Anhörung sowie die Stellungnahmen der Sachverständigen auf bundestag.de: https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2022/kw27-pa-bildung-bafoeg-900288

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