28.09.2022 Menschenrechte — Ausschuss — hib 498/2022

Bundesregierung für neue Sanktionen gegen Iran

Berlin: (hib/SAS) Die Bundesregierung setzt sich nach der gewaltsamen Niederschlagung von regimekritischen Protesten im Iran auf EU-Ebene für weitere Sanktionen ein. Das bekräftigte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes gegenüber Mitgliedern des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am Mittwochnachmittag. Die Abgeordneten hatten sich in der Ausschusssitzung über die aktuelle Lage in dem Land informieren lassen, das seit bald zwei Wochen von Zusammenstößen zwischen staatlichen Sicherheitskräften und Demonstranten erschüttert wird. Auslöser für die Proteste war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini.

Die größten Demonstrationen fänden in der Hauptstadt Teheran statt, aber auch im Nordwesten des Landes, in der Heimat Aminis, gingen die Menschen weiterhin auf die Straße, berichtete der Vertreter des Auswärtigen Amtes. Die islamische Regierung unter dem geistliche Oberhaupt Ayatollah Ali Chamenei gehe mit unverminderter Härte gegen sie vor: Schätzungen zufolge seien über 70 Menschen getötet worden. Das Regime organisiere zudem Gegendemonstrationen, schränke den Zugang zum Internet ein und beschuldige das Ausland, die Proteste zu steuern.

Im Unterschied zu früheren Unruhen 2019 und 2009 würden die aktuellen Proteste vor allem von der städtischen Mittelschicht getragen, so der Regierungsvertreter. Sehr viele junge Iranerinnen und Iraner seien unter den Demonstranten. Das könne einerseits als Vor- andererseits als Nachteil gewertet werden, gab der Regierungsvertreter zu bedenken. Denn die Regierung versuche, durch gezielte präventive Festnahmen die Proteste zu schwächen - so sei auch die Tochter des früheren iranischen Präsidenten Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, die Frauenrechtsaktivistin Faezeh Hashemi, Berichten zufolge in Gewahrsam genommen worden. Die Bundesregierung gehe von mehr als 1.200 Inhaftierten aus.

Die Gewalt gegen die Demonstranten habe die Bundesregierung bereits im Rahmen einer Erklärung der 27 EU-Mitgliedsstaaten verurteilt. Außerdem bemühe man sich um einen gemeinsamen europäischen Beschluss für neue Sanktionen beim Rat für Auswärtige Angelegenheiten im Oktober in Brüssel. Ziel seien insbesondere personenbezogene Sanktionen, so der Regierungsvertreter.

In der anschließenden Diskussion drängte die Unionsfraktion zu schnellen Sanktionen als Antwort. Worte allein reichten nicht, es brauche Taten, sagte ein Abgeordneter. Vertreter der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen erkundigten nach der Wirkung der Proteste: Bedeute Kritik auch aus den Reihen der politischen Elite, dass die Geschlossenheit des Machtapparats bröckle? Eine Frage, die der Regierungsvertreter verneinte: Trotz der Vehemenz der Proteste sei nicht mit einem Umsturz zu rechnen.

FDP-Fraktion sprach sich angesichts der aktuellen Lage auch für einen Stopp von Abschiebungen in den Iran aus. Die Linke zweifelte den Nutzen neuer Sanktionen zur Unterstützung der Protestierenden an und die AfD-Fraktion plädierte dafür, von einer Wiederbelebung des Atomabkommens mit dem Iran Abstand zu nehmen.

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