17.10.2022 Petitionen — Ausschuss — hib 564/2022

Bundesprogramm „Sprach-Kitas“ läuft Ende 2022 aus

Berlin: (hib/HAU) Die Bundesregierung hält am Auslaufen des Bundesprogramms „Sprach-Kitas: Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ zum Ende des Jahres fest. Das machte die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ekin Deligöz (Bündnis 90/Die Grünen), am Montag während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses deutlich. An der Wichtigkeit der sprachlichen Förderung von Kindern in den Kitas gebe es bei der Bundesregierung keinen Zweifel, sagte sie. Daher sei es das Ziel, die Förderung über das Kita-Qualitätsgesetz zu verstetigen. Den Ländern würden dafür in den kommenden zwei Jahren zusätzliche zwei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. „Für die sechsmonatige Übergangszeit, bis diese Mittel auch in Anspruch genommen werden können, versuchen wir eine zusätzliche Finanzierung zu verhandeln“, sagte die Staatssekretärin.

Für eine weitere Bundesförderung des Programms für zwei Jahre, ehe dann die Länder die Zuständigkeit übernehmen, plädiert Wenke Stadach, Leiterin einer Sprach-Kita in Neubrandenburg (Mecklenburg-Vorpommern). Ihre öffentliche Petition wurde von 277.882 Personen mitgezeichnet. Durch das Programm seien in vielen Kitas Strukturen und Kompetenzen geschaffen worden, damit Kinder bei ihrem Spracherwerb unterstützt und praktische Inklusionsarbeit ermöglicht wird. Konkret bedeute dies, „dass wir für Kinder und Familien, die es nicht so einfach haben, ein Angebot schaffen, das nicht nur zur Chancengleichheit beiträgt, sondern gerade denjenigen hilft, die diese Hilfe besonders benötigen“, schreibt die Petentin in der Eingabe.

Vor den Abgeordneten erläuterte sie, als Kita-Leiterin erst Mitte des Jahres vom Auslaufen des Programms informiert worden zu sein. Diese Entscheidung habe für Wut und Frust sowie Verunsicherung bei vielen Kollegen gesorgt. „Einige von ihnen haben sich aufgrund der Unsicherheit neue Jobs gesucht“, sagte Wenke Stadach. Der Schaden sei also jetzt schon entstanden und werde mit jedem weiteren Tag, der ohne klare Zukunft für die Sprach-Kitas vergehe, größer. Für eine weitere Bundesförderung plädiere sie auch im Interesse einer bundesweiten Chancengleichheit, sagte Stadach. Künftig sei zu befürchten, dass einzelne Bundesländer die Sprachförderung unterstützen, andere aber nicht.

Die Projektleiterin der Evaluation des Bundesprogramms „Sprach-Kitas“, Professor Yvonne Anders von der Universität Bamberg, verwies auf Studien, wonach ein großer Anteil der Kinder in den Grundschulen nicht die für eine weitere Bildungskarriere erforderlichen sprachlichen Kompetenzen erwirbt. 50 bis 80 Prozent der in der Grundschule zu beobachtenden sprachlichen Unterschiede seien auf den vorschulischen Bereich zurückzuführen, sagte Anders, die die Petentin begleitete. „Wir konnten in der Evaluation mehrfach zeigen, dass das, was in den Sprach-Kitas seit Jahren tagtäglich passiert, nachweislich die sprachpädagogische Prozessqualität steigert“, betonte sie. Jedes vierte Kind, so die Erziehungswissenschaftlerin, habe derzeit einen Sprachförderbedarf. „Aus wissenschaftlicher Sicht wäre es geboten, eine Lösung zu finden, die die über viele Jahre evidenzbasiert geschaffenen Strukturen nicht zerstört.“

Die Familien-Staatssekretärin sicherte zu, dass es von Seiten des Ministeriums eine ganz große Bereitschaft dazu gebe, die geschaffenen Servicestellen zu erhalten und den nötigen Übergang des Programms gemeinsam mit den Bundesländern zu gestalten. Bereits im April sei das Ministerium dazu mit den Ländern in die Gespräche gegangen und habe mehrere Möglichkeiten aufgezeigt, wie ein solcher Übergang gestaltet werden könne. „Wir machen Druck auf alle Seiten, damit wir zu einem Konsens kommen“, betonte sie. Noch sei dieser aber nicht erreicht.

Die Petentin forderte eine schnelle Lösung. Am besten sei ein zweijähriger Übergang, so dass alles „ohne Wenn und Aber“ geklärt werden könne. Auf keinen Fall dürften die Sprach-Kitas aber bei dem politischen Hin- und Her-Geschiebe am Ende ganz hinten runterfallen, so Stadach. „Bis Ende Oktober sollten wir wissen, wie es weitergeht, um für das kommende Jahr planen zu können“, sagte die Kita-Leiterin.

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