21.11.2022 Finanzen — Anhörung — hib 674/2022

Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung stößt auf Ablehnung

Berlin: (hib/HLE) Gewerkschaften und andere Sachverständige haben die von den Koalitionsfraktionen geplante Errichtung einer Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung abgelehnt. Die neue Zentralstelle sei entbehrlich, erklärte die Gewerkschaft der Polizei in einer öffentlichen Anhörung des Finanzausschusses unter Leitung des Vorsitzenden Alois Rainer (CSU) am Montag. Die Errichtung einer solchen Zentralstelle ist ein zentraler Punkt in dem von den Koalitionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP eingebrachten Entwurf eines zweiten Gesetzes zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (20/4326). In der Anhörung ging es auch um einen Antrag der CDU/CSU-Fraktion (20/4314), in dem diese verlangt, sanktionierte russische Oligarchen schnellstens wirksam zur Verantwortung zu ziehen und eine Zollpolizei zu schaffen.

Bei der Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung auf Bundesebene soll auch eine Hinweisannahmestelle eingerichtet werden. Die Zentralstelle für Sanktionsdurchsetzung soll im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen angesiedelt werden, um Synergieeffekte vor allem zwischen der Sanktionsdurchsetzung und der Geldwäschebekämpfung zu erzielen. Aus Effizienzgründen soll die Zentralstelle zunächst an eine bestehende Behörde angegliedert werden. Im späteren Verlauf soll sie in die neu zu errichtende Bundesoberbehörde zur Bekämpfung von Finanzkriminalität überführt werden. Außerdem sieht der Gesetzentwurf vor, dass bei Immobilientransaktionen nicht mehr mit Bargeld bezahlt werden darf.

Nach Ansicht der Gewerkschaft der Polizei ist es deutlich sinnvoller, schneller realisierbar und in der Wirkung effektiver, bereits bestehende Behördenstrukturen zu ertüchtigen und ihnen diese Aufgabe zu übertragen. In diesem Fall könnte auf bereits erfahrene Ermittlungsbeamte sofort zurückgegriffen werden. Statt einer neuen Direktion in der Generalzolldirektion sollte der Zollfahndungsdienst mit seinem Zollkriminalamt und den nachgeordneten Zollfahndungsämtern mit der Durchsetzung der Sanktionen beauftragt und entsprechend ausgestattet werden. Die neue Behörde sei in der Fläche nicht verankert und somit ohne Unterbau, der zur Bekämpfung der Kriminalität wichtig sei. Die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, berichtete, dass ihre Behörde sich bereits mit Hochdruck auf die Schaffung der neuen Einrichtung vorbereite.

Der Bund Deutscher Kriminalbeamter hält die kurzfristige Einrichtung einer neuen Behörde in Form eines Bundesfinanzkriminalamts in der vorgesehenen Form für „weder erforderlich, praktikabel noch zielführend“. Es sollten vielmehr die bestehenden Strukturen der Generalzolldirektion genutzt werden. Professor Christian Pelz (Partnergesellschaft Noerr) wies auf den erheblichen Zeitbedarf für die Errichtung einer neuen Bundesbehörde hin. Es sollte geprüft werden, ob nicht die stärkere Nutzung bestehender Instrumente vorzuziehen sei.

Das geplante Barzahlungsverbot bei Immobilientransaktionen wurde von der Bundesnotarkammer „ausdrücklich“ unterstützt. Da Bargeld aufgrund seiner Anonymität grundsätzlich zur Geldwäsche geeignet sei, sei das Verbot im Bereich der Immobiliengeschäfte richtig. Auch der mit Durchsetzung des Verbots verbundene Mehraufwand für die Notarbüros wurde von der Kammer unterstützt. Der Bund Deutscher Kriminalbeamter befürwortete das Verbot ebenfalls.

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit begrüßte das Barzahlungsverbot, wies aber auch darauf hin, dass besonders in Bezug auf komplexe Geldwäsche und Oligarchenvermögen Barzahlungen im Immobilienbereich nur eine untergeordnete Rolle spielen würden. Es sollte wie in den meisten anderen europäischen Ländern eine generelle Bargeldobergrenze eingeführt werden. Für eine effektive Bekämpfung von Kriminalität inklusive der Steuerhinterziehung wäre eine möglichst niedrige Bargeldgrenze von zum Beispiel 2.000 Euro wünschenswert.

Das Netzwerk kritisierte darüber hinaus eine seiner Ansicht nach fehlende Finanzmarkttransparenz. So würden es börsennotierte Unternehmen im Streubesitz, Investmentfonds und andere große finanzmarktorientierte Finanzvermögen einzelnen Investoren ermöglichen, Millionenbeträge zu investieren und gleichzeitig einen so kleinen und schnell handelbaren Anteil zu halten, dass eine Nachverfolgung über das Transparenzregister in seiner jetzigen Form nicht sinnvoll und weder für die Behörden noch für die betroffenen Unternehmen möglich sei.

Professor Kilian Wegner (Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder) bescheinigte dem Entwurf, in einigen bedeutsamen Punkten für Verbesserungen zu sorgen. Viele Regelungen könnten und sollten aber noch verbessert werden. Die mit Strafandrohung versehene Selbstauskunftspflicht sei bei natürlichen Personen als verfassungswidrig anzusehen, wenn der Verpflichtete sich durch die Offenlegung einer Straftat bezichtigen würde. Dies verstoße gegen den verfassungsrechtlichen verankerten Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit. Rechtsanwalt Professor Viktor Winkler bestätigte diese Auffassung und sagte, der Entwurf gehe bei Anzeigepflichten und Beweislastumkehr in eine Richtung, die verfassungsrechtlich problematisch sei.

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