12.12.2022 Petitionen — Ausschuss — hib 736/2022

Petition fordert komplette Isolation des iranischen Regimes

Berlin: (hib/HAU) Die diplomatischen Beziehungen zur Islamischen Republik Iran müssen eingefroren und der iranische Botschafter muss ausgewiesen werden. So lautet ein Teil der Forderungen von Düzen Tekkal, Geschäftsführerin der deutsch-irakischen Nichtregierungsorganisation HAWAR.help, die sie am Montag während einer öffentlichen Sitzung des Petitionsausschusses erhob. Grundlage der Sitzung war eine öffentliche Eingabe Tekkals zur „katastrophalen Lage der Frauen- und Menschenrechte im Iran“ (ID139993), die mehr als 63.000 Menschen mitgezeichnet hatten.

„Im Iran war der Mord an Jina Mahsa Amini durch die iranische Sittenpolizei das Zünglein an der Waage“, schreibt die Petentin in der Eingabe. Aus vereinzelten Protesten sei eine revolutionäre Bewegung geworden, die ein Ende der Islamischen Republik Iran fordere. Die Machthaber versuchten nun, diese Revolution zu brechen. Nachweislich würden Menschen eingesperrt und auf offener Straße vom Regime ermordet. „Die Menschen, die für Freiheit kämpfen, müssen unsere Unterstützung erfahren“, schreibt Düzen Tekkal in ihrer Petition.

Zu Beginn der Sitzung erinnerte die Petentin an die am Morgen erfolgte Hinrichtung eines 23-Jährigen durch das iranische Regime wegen „Kriegsführung gegen Gott“. Aktuell seien aus dem gleichen Grunde im Iran zehn Menschen zum Tode verurteilt. Mehr als 18.000 Menschen habe das Regime in den letzten drei Monaten verhaftet. „Friedlich Demonstrierende, die sich ein freies Iran wünschen, bezahlen das nicht selten mit dem Leben“, sagte sie.

Bei den Protesten gehe es längst nicht mehr um den Kopftuchzwang. Vermeintliche Zugeständnisse der geistigen Führer im Land würden bei den Menschen nur noch ein müdes Lächeln hervorrufen. „Das Spiel mit den Reformen haben sie längst durchschaut“, sagte Tekkal. Das Regime sei inhaltlich und ideologisch gescheitert. „Die Menschen wollen das Mörderregime nicht mehr.“ Die Petentin forderte, die Revolutionsgarde im Iran auf die EU-Terrorliste zu setzen. „Dieses Regime ist eine Bedrohung für uns alle, nicht nur für die Menschen im Iran“, sagte sie.

Auf Nachfrage aus dem Kreis der Abgeordneten machte die die Petentin begleitende Journalistin Shahrzad Eden Osterer deutlich, dass 84 Prozent der Bevölkerung die revolutionäre Bewegung unterstützen würden. „Sie hat das ganze Land erfasst“, sagte sie. In mehr als 160 Städten gingen die Menschen auf die Straße. „Das ist eine ethnienübergreifende, altersübergreifende Bewegung.“

Osterer forderte eine komplette Isolation des iranischen Regimes. Das würden auch die Aktivisten der revolutionären Bewegung vor Ort von Deutschland erwarten. Die Diplomatie, so die im Iran geborene Osterer, funktioniere bei diesem System nicht. Mit den Atomverhandlungen sei Europa andauernd unter Druck gesetzt worden. „Jetzt ist endlich die Zeit, dass wir sie unter Druck setzen“, betonte sie und forderte einen Paradigmenwechsel in der Iranpolitik.

Aus Sicht des Parlamentarischen Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Tobias Lindner (Bündnis 90/Die Grünen), hat die Bundesregierung bereits fundamentale Veränderungen in der Iranpolitik eingeleitet. Es werde kein „Business as usual“ mit Teheran geben, auch wenn die jeweiligen diplomatischen Vertretungen vor Ort blieben.

Am heutigen Tage, so machte der Staatssekretär deutlich, werde der Rat für Außenbeziehungen der Europäischen Union sein drittes Sanktionspaket verabschieden. Weitere 30 Personen - und somit insgesamt 164 Personen - seien damit gelistet. Zusätzliche Maßnahmen behalte man sich auf internationaler Ebene vor. Beim EU-Menschenrechtsrat sei zudem ein Ermittlungsverfahren gegen den Iran bezüglich schwerer Menschenrechtsverletzungen aufgenommen worden. Deutschland, so Lindner weiter, werde schon jetzt von der iranischen Führung beschuldigt, die westlichen Proteste gegen das Regime anzuführen.

Um die Revolutionsgarde auf die EU-Terrorliste setzen zu können, brauche es einen einstimmigen Beschluss, erläuterte der Staatssekretär. Dafür setze sich Außenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) auch ein. „Das ist aber kein Selbstläufer“, fügte Lindner hinzu.

Der Parlamentarische Staatsminister im Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), Mahmut Özdemir (SPD), ging unter anderem auf die in der Petition erhobene Forderung nach Schutz von regimekritischen Exil-Iranern in Deutschland durch Behörden wie den Verfassungsschutz ein. Man nehme jedwede Gefährdung von Schutzsuchenden in Deutschland sehr ernst, sagte er. „Das gilt auch für iranische Oppositionelle, die sich in Deutschland aufhalten.“ Auch wenn es derzeit keine konkreten Gefährdungshinweise gebe, sei sich die Bundesregierung der abstrakten Gefahr sehr bewusst. Zu nennen sei insbesondere die Gefährdung, die vom iranischen Nachrichtendienst ausgehe. „Das Bundesamt für Verfassungsschutz geht im Rahmen seiner gesetzlichen Vorgaben allen Hinweisen auf nachrichtendienstlich motivierte Ausspähungsversuchen durch fremde Staaten nach“, sagte Özdemir.

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