09.02.2023 Menschenrechte — Ausschuss — hib 104/2023

Regierung zur Terrorlistung von Irans Revolutionsgarde

Berlin: (hib/SAS) Die Europäische Union lässt eine Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation überprüfen. Derzeit arbeite der juristische Dienst des Europäischen Rates an einem Gutachten, sagte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes während einer Sitzung des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe am gestrigen Mittwochnachmittag. Die paramilitärische Miliz auf die Terrorliste der EU zu setzen, sei nicht ohne Weiteres möglich, es existierten sanktionsrechtliche Hürden. Wie sich die Vorgaben erfüllen ließen, werde derzeit geklärt, so der Vertreter der Bundesregierung auf Nachfrage von Abgeordneten der Unionsfraktion und der AfD-Fraktion. Doch gehe man davon aus, dass die Anforderungen bislang nicht gänzlich erfüllt seien.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Bündnis 90/Die Grünen) hatte eine Terrorlistung der Revolutionsgarden im Januar zuletzt befürwortet. Doch die EU-Mitgliedstaaten seien sich bei diesem Schritt nicht einig, so der Regierungsvertreter. Die Listung bezeichnete er zudem vor allem als symbolischen Akt. Die Revolutionsgarden (IRGC) seien als Entität bereits gelistet - unter dem EU-Sanktionsregime zu Massenvernichtungswaffen in Iran. Eine Terrorlistung der IRGC habe damit keine zusätzlichen sanktionsrechtlichen Folgen, so der Außenamtsvertreter auf Nachfrage von Abgeordneten der Unionsfraktion.

Dem Vorwurf, die Bundesregierung ordne die Menschenrechte den Verhandlungen mit Iran um eine Wiederbelebung des Atomabkommens unter, entgegnete der Regierungsvertreter, dass die Initiative für alle vier bisher auf EU-Ebene beschlossenen Sanktionspakete auf die gemeinsame Initiative Deutschlands und Frankreich zurückgingen. Auch die Sondersitzung des Menschenrechtsrates der Vereinten Nationen im November sowie die Formulierung der dort gefassten Resolution - verbunden mit der Einsetzung einer unabhängige Untersuchung der Gewalt des Regimes gegen die Protestierenden - sei maßgeblich mit auf Betreiben Deutschland zustande gekommen. Ziel sei es, Verstöße gegen die Menschenrechte durch Experten zu dokumentieren und Beweismaterial zu sammeln. Die Aufklärungsmission habe sich konstituiert, sie werde mit NGOs zusammenarbeiten, im Juni seien erste Ergebnisse zu erwarten, erklärte der Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes, auf die Frage der FDP-Fraktion hin, die sich nach Initiativen zur Dokumentation der Menschenrechtsverstöße erkundigt hatte.

Dass aber das iranische Regime im Fall einer Terrorlistung der IRGC mit dem Abbruch der Verhandlungen über das Atomabkommen drohe, könne man auch nicht einfach ignorieren, betonte der Regierungsvertreter als Antwort auf eine Frage eines Mitglieds der Grünen-Fraktion. Auch einen Abbruch der diplomatischen Beziehungen sei keine Option: Die Bundesregierung sei weiterhin überzeugt, dass man mit diplomatischem Druck etwas bewirken könne. Noch reagiere das Regime empfindlich auf internationalen Druck. Darin liege eine Chance.

Befürchtungen der Linksfraktion, die Sanktionen gegen Iran könnten auch die Zivilbevölkerung treffen, entgegnete der Regierungsvertreter, dass es sich bei den Sanktionspaketen der EU um Sanktionen gegen jene Einzelpersonen oder Entitäten handele, die für Menschenrechtsverletzungen verantwortlich seien. Auswirkungen auf die Bevölkerung seien weitgehend auszuschließen. Inwieweit das Regime dadurch geschwächt werde, sei jedoch nur schwer abzuschätzen, räumte der Außenamtsvertreter ein. Die Proteste hätten das Regime in jedem Fall erschüttert, ein Zurück zum Vorher sei nicht denkbar, antwortete er auf eine Frage der SPD-Fraktion. Die Fronten seien zunehmend verhärtet: Die Demonstrierenden hätten deutlich gemacht, dass sie einen Machtwechsel wollten - das Regime wiederum habe gezeigt, dass es den eigenen Machterhalt sichern werde. Aktuell hätten die Proteste zwar nachgelassen, doch ein Wiederaufflammen sei jederzeit möglich. Das Kräftemessen sei noch nicht beendet.

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