27.02.2023 Inneres und Heimat — Antwort — hib 131/2023

„Third-Party-Rule“ und parlamentarische Informationsrechte

Berlin: (hib/STO) Um die „Third-Party-Rule“ und parlamentarische Informationsrechte geht es in der Antwort der Bundesregierung (20/5706) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (20/5403). Wie die Bundesregierung darin darlegt, arbeiten die deutschen Nachrichtendienste zur Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrags sehr eng mit ausländischen Nachrichtendiensten zusammen. Dieser Erkenntnisaustausch sei „essentiell wichtig“, heißt es in der Antwort weiter. Danach konnten zahlreiche Anschlagsvorhaben in Deutschland nur dank der Hinweise ausländischer Nachrichtendienste aufgedeckt und so verhindert werden. Letztlich schütze der vertrauensvolle und auf dem Schutz der übermittelten Hinweise basierende Informationsaustausch also das Leben der Bürger in Deutschland.

Das Bundesverfassungsgericht habe die auf der Einhaltung der Vertraulichkeit basierende Zusammenarbeit ausdrücklich anerkannt, führt die Bundesregierung ferner aus. Die Herausgabe von Informationen entgegen der Vertraulichkeitszusage und ohne Einverständnis der informationsgebenden ausländischen Stelle „würde die Funktions- und Kooperationsfähigkeit der Nachrichtendienste beziehungsweise sonstiger Sicherheitsbehörden und damit auch die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung erheblich beeinträchtigen“. Der herausgebende Staat sei „Herr der Information“ und behalte auch nach deren Übermittlung die Verfügungsbefugnis. Ausgetauschte Informationen dürften nicht ohne Zustimmung des Informationsgebers an Dritte weitergegeben werden („Third Party Rule“).

Bei der „Third-Party-Rule“ handelt es sich der Antwort zufolge um eine allgemein anerkannte Verhaltensregel der internationalen Kooperation im Sicherheits- und Nachrichtendienstbereich. Grundsätzlich verlange das Bundesverfassungsgericht, dass der Informationsanspruch der Abgeordneten mit dem Interesse der Regierung an funktionsgerechter und organadäquater Aufgabenwahrnehmung abzuwägen ist. Würde die Herausgabe der gewünschten Information nicht nur die Funktions- und Kooperationsfähigkeit der Nachrichtendienste, sondern auch die außen- und sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit der Bundesregierung erheblich beeinträchtigen, so könne eine Auskunftsverweigerung gerechtfertigt sein.

Die „Third-Party-Rule“ ist indes laut Bundesregierung nicht als ein absolutes Verbot der Weitergabe von Informationen zu verstehen, sondern als ein Verbot mit Zustimmungsvorbehalt. Im Hinblick auf die vom Bundesverfassungsgericht festgestellte Verpflichtung, sich um ein Einverständnis bemühen zu müssen, sei darzulegen, dass im jeweiligen Einzelfall keine Zustimmung des herausgebenden Staates vorliegt beziehungsweise diese nicht zu erreichen war.

Seit dieser Entscheidung sei eine große Anzahl Parlamentarischer Fragen gestellt worden, die Informationen von befreundeten Diensten betreffen, schreibt die Bundesregierung des Weiteren. Sie könne nicht in allen diesen Fällen nachfragen, ob trotz der Vertraulichkeitszusage dennoch eine Freigabe erfolgen kann, ohne die Glaubwürdigkeit bei den Partnern aufs Spiel zu setzen. Daher werde in jedem Einzelfall geprüft, ob der Partnerdienst einer Weitergabe zustimmen könnte oder ob er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit - auch vor dem Hintergrund vorliegender Erfahrungen - an der Vertraulichkeit festhält. Im Rahmen von Prognoseentscheidungen unterblieben Nachfragen, auch unter Berücksichtigung von Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten, wenn die Datenübermittlung bereits mit einer ausdrücklichen und umfassenden Verwendungsbeschränkung durch die übermittelnde ausländische Behörde versehen wurde.

Etwas anders stellt sich die Lage bei der Arbeit im Rahmen von Untersuchungsausschüssen dar, wie aus der Antwort zudem hervorgeht. In Untersuchungsausschüssen würden aufgrund der vergleichsweise langen Untersuchungsdauer regelmäßig Freigabeersuchen an ausländische Nachrichtendiensten gestellt. Eine Beantwortung dieser Freigabeersuchen nehme, unabhängig vom tatsächlichen Ergebnis, in der Regel mehrere Wochen oder Monate in Anspruch.

Im Übrigen bestehe keine Pflicht der Partnerdienste, überhaupt auf Freigabeersuchen zu antworten, konstatiert die Bundesregierung darüber hinaus. Somit sei es „mit zumutbarem Aufwand nahezu unmöglich, dass ein Freigabeersuchen an einen Partnerdienst innerhalb der knappen Fristen von parlamentarischen Anfragen gestellt, beantwortet und in den Antwortbeitrag auf eine parlamentarische Anfrage von der Bundesregierung eingearbeitet werden kann“.

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