01.03.2023 Tourismus — Anhörung — hib 156/2023

Sachverständige: Lokale Wertschöpfung im Tourismus fördern

Berlin: (hib/EMU) Der Tourismusausschuss hat sich am Mittwoch in einer öffentlichen Anhörung mit dem Thema „Tourismus und Entwicklungszusammenarbeit“ befasst. Die sechs geladenen Sachverständigen unterstrichen dabei die Bedeutung der Förderung von touristischen Unternehmen vor Ort und der Entwicklung hin zu nachhaltigeren Reisen.

Antje Monshausen von der Arbeitsstelle Tourism Watch von Brot für die Welt berichtete, dass die Datenerhebung im Tourismus heute zwar deutlich umfangreicher sei als noch vor zehn Jahren. „Aber da die ökologischen und sozialen Kosten immer noch nur selten erfasst werden, kann auch nicht daran gearbeitet werden, die negativen Folgen daraus zu reduzieren“, sagte Monshausen. Entwicklungszusammenarbeit könne deshalb eine gute Rolle dabei spielen, diese Kosten überhaupt erst sichtbar zu machen. Ein positiver Trend des Tourismus in der Vergangenheit sei, dass die Aufenthaltsdauer der Reisenden in den Urlaubsdestinationen zugenommen habe, wodurch die Wertschöpfung der lokalen Unternehmen vor Ort steige, so die Fachfrau.

Axel Klaphake, Abteilungsleiter Wirtschaft, Soziales und Digitalisierung bei der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ), stellte fest, dass der Tourismus großes Potenzial habe, auf die die lokale Wirtschaft einzuwirken. Nach der Corona-Pandemie gebe es jedoch immer noch viele Destinationen, die weit vom Vorkrisenniveau entfernt seien. „Aber wir sehen, dass die Regionen resilienter geworden sind. Das ist auch gut so, denn die Pandemie wird nicht die letzte Krise gewesen sein“, so Klaphake. Als ein Schlüsselelement für einen krisensicheren und nachhaltigen Tourismus nennt der Sachverständige zuallererst die Aus- und Weiterbildung der Menschen in der Branche.

Volker Adams vom Branchendialog „Tourismus für nachhaltige Entwicklung“ konstatierte, dass der Tourismus einen großen Beitrag dazu leiste, Schwellen- und Entwicklungsländer zu stabilisieren. Auf das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz angesprochen sagte der Sachverständige, dass viele kleinere und mittlere Unternehmen von den Auflagen betroffen seien. „Wir haben als Verband die Sorge, dass diesen Unternehmen nicht die Mittel zur Umsetzung zur Verfügung stehen“, so Adams. Diese bräuchten daher „leicht verständliche Leitfäden und Module“, die bei der Umsetzung des Gesetzes in der Tourismusbranche helfen können.

Juan Victor Bejar vom Centro Bartolomé de las Casas in Peru berichtete davon, dass vor der Pandemie rund drei Millionen Reisende jährlich gekommen seien, nach der Pandemie habe man sich noch nicht vom Einbruch der Besucherzahlen erholt. Ein Problem der Metropolregion Cusco, Ausgangspunkt für Reisen zur weltberühmten Inkastadt Machu Picchu, sei die ungleiche Verteilung zu den touristischen Ressourcen, so Bejar. Man müsse deshalb versuchen, andere touristische Ressourcen wie archäologische Zentren zu erschließen, um die Region zu entlasten und die Potenziale besser zu verteilen.

Petra Thomas, Geschäftsführerin des Forum Anders Reisen, forderte längerfristige Maßnahmen für den Aufbau eines nachhaltigen und fairen Tourismus, von dem auch die Menschen in den Destinationen profitieren. „Wir dürfen nicht nur in einer Drei-Jahres-Förderdauer denken“, so Thomas. Zudem sei wichtig, bei Kooperationen auf faire Verträge mit allen Leistungserbringern Wert zu legen: „Wenn man als Reiseanbieter mit einer Kooperation vor Ort seinen eigenen sozialen Ansprüche nicht gerecht werden kann, muss man eben darauf verzichten“, sagte Thomas.

Thomas Ellerbeck, Vorstandsvorsitzender der TUI Care Foundation, betonte, wie wichtig die Förderung von Gründertum sei, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen. „Wir beobachten zum Beispiel, dass Unternehmen, die von Frauen gegründet werden, häufig nachhaltiger und langfristiger angelegt sind“, sagte Ellerbeck. Dies gelte es auszubauen und zu fördern, auch um die Qualifizierung der Menschen vor Ort zu verbessern. Hierin biete die deutsche Entwicklungszusammenarbeit einen enorm hohen Stellenwert.

Die Anhörung im Video und die schriftlichen Stellungnahmen der Sachverständigen auf bundestag.de: [https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw09-pa-tourismus-entwicklungszusammenarbeit-934798

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